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Post und Telegraphie (A. Organisation: III. Beamte)
den Landesherrn selbst oder für ihn durch das
Ministerium. Auch die mittelbaren Reichsbeam-
ten beziehen ihr Gehalt aus der Reichskasse, der
sie für Versehen haften; die Reichsbehörden ent-
scheiden über Entlassung, Pensionierung, Diszipli-
narstrafen.
2. Verschiedene Gattungen. Die Reichs-
Puel B wurden nach der Verschiedenheit ihrer
dienstlichen Stellung früher in Beamte im enge-
ren Sinne und Unterbeamte eingeteilt. Die jetzt
übliche Einteilung ist die in höhere, mittlere und
untere Beamte.
A. Die höheren Beamten beginnen ihre
Laufbahn als Eleven. Für ihre Ausbildung gelten
die Vorschriften v. 18.4. 08 (R3Bl 168; früher das
Regl v. 23. 5. 71). Voraussetzung der Eleven-
laufbahn ist nach wie vor Ablegung der Abitu-
rientenprüfung eines Gymnasiums, Realgymna-
siums oder einer Oberrealschule. Darauf folgte
früher eine dreijährige praktische Vorbereitungs-
zeit, die mit der Sekretärprüfung abschloß (Er-
nennung zum PHPraktikanten) und nach weiteren
3 Jahren erfolgreichen praktischen Dienstes die
Zulassung zur höheren Verw Prüfung für P und Tel
(Ernennung zum Ober P Praktikanten). Jetzt er-
solgt zunächst eine einjährige Ausbildung der
Eleven im technischen Dienst, darauf ein dreijäh-
riges Studium an einer Universität (davon 2 Jahre
wahlweise an einer Technischen Hochschule;
Studium: Rechts= und Staatswissenschaften,
Physik, Chemie, Elektrotechnik), worauf die Zu-
lassung zur PReferendarprüfung bei einer Ober-
PDirektion offen steht. Die Referendarzeit
(praktische Ausbildung) beträgt 3 Jahre. Nach
Bestehen der nun folgenden zweiten Prüfung
(Oberprüfungsrat beim Reichs PAmt) wird der
PReferendar zum Plssessor ernannt.
B. Die mittleren Beamten. Für
diese sog. Gehilfenlaufbahn wurde früher nicht
der Nachweis einer bestimmten Schulreife, nur
der Besitz der allgemeinen Bildungsgrundlagen
verlangt. Nach den Vorschriften v. 1. 1. 00 ist
das Reifezeugnis für die Untersekunda einer
neunstufigen oder für die erste Klasse einer sechs-
stufigen öffentlichen höheren Lehranstalt erfor-
derlich. Die Annahme der P bezw. Telegraphen-
gehilfen erfolgt durch eine Ober Pirektion.
Nach vierjähriger Dienstzeit werden die Gehilfen
zur P= bezw. Telegraphenassistentenprüfung bei
der Ober PDirektion zugelassen. Die Assistenten,
zunächst diätarisch beschäftigt, rücken in etats-
mäßige P- und Telegraphenassistentenstellen, die
Pssistenten auch in PVerwalterstellen ein, kön-
nen nach weiteren 5 Jahren den Titel eines
Ober P- bezw. Obertelegraphenassistenten erhal-
ten und 6—9 Jahre nach Bestehen der Assistenten-
prüfung sich zur Sekretärprüfung melden. Die
P. bezw. Telegraphensekretäre können auch zu
Obersekretären (Bureaubeamte I. Klasse), PMei-
stern usw. ernannt werden. Ein Uebertritt in die
Elevenlaufbahn findet nicht statt.— Auch Militär-
anwärterOffiziere, Deckoffiziere, Unteroffiziere
und Mannschaften mit Zivilversorgungsschein)
werden zur mittleren Laufbahn zugelassen. Sie
können nach einjähriger Probezeit die Assistenten-
prüfung ablegen, werden nach bestandener Prü-
fung übernommen und nach Maßgabe verfüg-
barer Stellen etatmäßig angestellt. Nach weiteren
6—9 (Offiziere schon nach 4) Jahren kann die
Sekretärprüfung abgelegt werden. Das weitere
regelt sich wie bei den Zivilanwärtern. Die Kanz-
leibeamtenstellen sind sämtlich, gewisse andere, auch
Unterbeamtenstellen, zum Teil den Militäran-
wärtern vorbehalten.
C. Die Unterbeamten. Voraussetzung
der Annahme ist das Bestehen einer Aufnahme-
prüfung, welche die Volksschulkenntnisse voraus-
setzt. Darauf erfolgt die Aufnahme der Militär-
anwärter in die Anwärterliste, der Zivilanwärter
in die Bewerberliste. Ein Teil der Stellen ist den
Militäranwärtern und den Inhabern des An-
stellungsscheins für den Unterbeamtendienst vor-
behalten (Grundsätze v. 8. 7. 07). Die Unter-
beamten sind etatsmäßige und nichtetatsmäßige;
erstere werden zunächst kündbar und erst nach 15
Jahren unkündbar angestellt. Sie sind ferner
teils voll, teils nicht voll beschäftigte (PpHilfsboten).
Nach längerer Bewährungsfrist ist Aufrücken in
ehobene Stellen (Ober PSschaffner usw.) zu-
assig. Während die Unterbeamten (PBoten,
Briefträger, Postillone, Leitungsaufseher, Tele-
graphenvorarbeiter) Reichsbeeamte sind, stehen
die sog. PAushelfer, Markenverkäufer, Schreib-
gehilfen und Telegraphenarbeiter im privat-
rechtlichen Dienstverhältnis.
D. Auf alle Pu Tel B finden Anwendung das Be-
amtenhinterbliebenen G v. 17. 5. 1907 (R#Bl
208), das Unfallfürsorge G v. 18. 6. 01 (R#l 211),
die V betr. die Tagegelder, Fuhrkosten und Um-
zugskosten der Reichsbeamten v. 8. 9. 10 (Rl
993), Erl v. 22. 9. 10 (RZBl 492), Erl v. 30. 11.
11 (Roöl 967), AusfBest des RK v. 29. 9. 10
(RGBl 1071), Erl des RK v. 13. 5. 12 (RZBBl
427), v. 10. 10. 12 (RZl 7989).
8z 3. Bahern und Württemberg. Die PuTB
in Bayern und Württemberg sind gemäß a 4
Nr. 10 und a 52 RNV lediglich Landesbeamte,
nicht Reichsbeamte. Sie werden durchweg von
der Landesregierung ernannt und haben nur
deren Anordmungen Lolge zu leisten. Das Nähere
wegen der Vorbildung usw. enthält für Bayern:
Bek v. 22. 11. 85 (GVBl S 736, 787; vgl. ferner
GVBl 1888 Nr. 15; 1890 Nr. 26; 1892 Nr. 54;
1893 Nr. 1; 1894 Nr. 37; 1896 Nr. 46; 1897
Nr. 3); Kgl Vv. 18. 12.06, GV Bl 871; für Würt-
temberg: früher Kal V v. 31. 1. 84 (Regl 17)
und Vfg v. 24. 4. 84 (RegBl 49 und 50); jetzt
Kal V v. 4. 11. 02 (Regl 553), v. 23. 12. 05
(Reg Bl 325), v. 29. 12. 06 (Reg Bl 2); Prüfungs-
vorschriften: Kgl V v. 12. 6. 09, Al f. d. Ver-
kehrsanst. S. 389. Vgl. auch Arch PuTel 1903, 561.
#
DOuellen und Literatur: Im Text; ferner:
Regl v. 23. 5. 71 im ABl d. Reichs P Verwaltung, 1871,
6; Vorschriften v. 18. 4. O0g im RZBl 1908, 168 f und P#!
125; Vorschriften v. 1. 1. 00 im R.Z-Bl 2 und P#l 2.
Wegen der Militäranwärter: Grundsätze v. 8. 7. 07, RBl
309. Ferner: Allg. DAnw f. Pund Tel, Abschn. X, Abt 1
(1900), Abt. 2 (1910). Vgl. auch das Sammelwerk „Der
Reichsbeamte“ (1912, Reichsdruckerei). — Die Staatsver-
träge wegen Anstellung der Beamten sind nicht veröffent-
licht; eine Uebersicht ihres Inhalts gibt Laband 3, 44 f.
S. auch die Quellen bei 1 Post- und Telegraphenbehörden.
Fischer in v. Holtzendorffs Jahrb. 1, S 425, 426:
Laband a. a. O. und 3 (1901), 97f; Schulze, Deut-
sches Staatsrecht, II, S 195, 196; Aschenborn,
Kommentar z. PWesetz, 1908, 15 f. Art. „Post= usw. Be-
amte“ in HWpr Verw 2 (1911), 311; Eger-Gordan,