Post und Telegraphie (B. Besondere Rechte und Pflichten)
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Post usw. Recht, 1909, 26f; Bohn, Art. 60 der RB,
1904t; Wagner, Haftpflicht der PBeamten, Dissert.
1008; Reichert, im Arch Lefs 25, 200; Neuge-
bauer, im Arch f. Pund Tel 1911, 963; Köhler,
Erwerb der Reichs- und Staatsangehörigkeit durch Anstellung
im Reichs P. und Telegraphendienst (Annalen 1912, 788 fj;
Hanke, Haftung der nichtrichterlichen Reichsbeamten (P. u.
Tel Beamten) gegenüber dem Reiche, 1913:; Oskar Wag-
ner, Die Frau im Dienste der Reichs P. u. Tel Verw, 1913.
Svdow (in der ersten Auflage:;
für die zweite Auflage bearbeitet von) Scholz.
B. Besondere nRechte und pflichten
I. Ueberblich
4 1. Allgemeines. # 2. Vorrechte der Post. § 3. Vor-
rechte der Telegraphie. # 4. Besondere Pflichten der Post
und Telegraphie.
& 1. Allgemeines. Der Betrieb der P und Tel
bewegt sich in privatwirtschaftlichen Formen und
ist, da zugleich ein fiskalischer Erwerbszweck damit
verbunden ist, ein gewerblicher. Darum erwachsen
dem P und Telegraphenfiskus (Reich, Bayern,
Württemberg) aus den P= und Telegrammbe-
förderungs-, Fernsprechvermittlungs= und Fern-
sprechanschlußverträgen privatrechtliche Ansprüche
[IA1B1V Post= und Telegraphengebühren, §§5 2, 51.
Dennoch dienen diese Betriebe in erster Linie Staats-
wohlfahrtszwecken. Die Gewerbeordnung (* 5)
findet daher auf sie keine Anwendung (RG3
73, 271), und das H#B bestimmt in § 452 mit
Recht, daß die P nicht als Kaufmann gilt. Die vor
rein gewerblichen Betrieben die P und Tel als
Staatsverkehrsanstalten (RV. a 48) auszeichnen-
den Vorrechte lassen sich in drei Gruppen teilen:
a) uneigentliche, d. h. die daraus sich er-
geben, daß der Träger des Unternehmens der
Reichsfiskus (Bayern und Württemberg der Lan-
desfiskus) ist. Hierher gehört Gebühren-, Kosten-,
Stempel= und Steuerfreiheit. Vgl. jedoch Rö#
v. 25. 5. 73 (Rl 113) und Reichsbesteuerungs G
v. 15. 4. 11 (Roel 187); b) solche, die in Einzel-
fällen daraus herzuleiten sind, daß die Betriebe
dem Gemeinwohl dienen (z. B. ist eine
Unterlassungsklage aus § 906 BG#B gegen stören-
den Rohrpostbetrieb unzulässig, RG .Z 73, 271; die
zu öffentlichen Zwecken dienenden Telegraphen-
anlagen genießen polizeilichen Schutz: preuß.
O## 20, 403; 54, 270), oder daß die PVerwal-
tung, wenn auch in engen Grenzen, z. B. bei der
Verfolgung von Portodefraudationen, Staats-
hoheitsrechte wahrnimmt (z. B. ist eine
negative Feststellungsklage gegen den Fiskus, daß
keine Defraudation vorliege, unzulässig, RcZ
70, 398); c) Vorrechte kraft positiven Sonder-
rechts. Sie bezwecken, den P= und Telegra-
phenbetrieb als solchen zu fördern und sicherzu-
stellen (unten §§ 2, 3).
5 2. Vorrechte der Post. 1. Postregal
und Postzwang /BlII. 2. Gebühren-
schutz: Das Recht der Zwangsbeitreibung der Ge-
bühren (/B IV Post= u. Telegraphengebühren, ##21;
das Pu Portodefr Verfahren (X B V| und damit
im Zusammenhang das Recht der Beschlagnahme
(PG#5# 32) sowie das Recht auf Mitwirkung der
Polizei= und Steuerbeamten und deren Organe
zur Verhütung und Entdeckung von Püeber-
tretungen (PG 5 24; EcG# z. St PO 5 5). Vgl.
auch St GB §FP 275, 276, 360 Nr. 4, 5; 364 Abs 2.
3. Rechte an unbestellbaren Pendungen
und zurückgelassenen Passagiereffekten (Gegensatz:
Fundsachen IVh. Der Verkaufserlös fließt zur Post-
unterstützungskasse (PG# 5 26). 4. Strafschutz
des PBetriebs: StGB 55P 243 Nr. 4, 318 a Abf 1,
354, 367 Nr. 5 a. 5. Ein formell noch zu Recht
bestehendes prozessuales Vorrecht: er-
höhte Beweiskraft der Aussagen der Briefträger
usw. über die von ihnen ausgeführten Bestellungen
von PSendungen (PG # 47; Ec z. Z8PO 13).
6. Ein Postwegerecht (P 16—23):
Freiheit der ordentlichen Posten (Gegensatz: Extra-
posten), Briefträger usw. von Kommunikations-
abgaben; Recht zum Befahren und Betreten von
Privatwegen, ungehegten Wiesen und Aeckern
(gilt auch für Extraposten), doch unbeschadet der
Ersatzpflicht der Pz strafrechtlich geschützte Freiheit
der ordentlichen P und Extra von Privatpfän-
dung; die Pflicht anderer Fuhrwerke, den ordent-
lichen P und Extra P auf das übliche Signal aus-
zuweichen (Uebertretung); Pfändungsfreiheit des
Inventars der Ppaltereien (gilt nicht im Kon-
kurse); Pflicht der Straßenanwohner zur Hilfe-
leistung gegen Entschädigung bei Unfällen und
Verkehrshindernissen (StGB # 360 Nr. 10);
Spanndienstfreiheit der PPPferde und Postillone;
strafrechtlich geschütztes Recht auf Oeffnen der Tore
und Schlagbäume sowie auf Fährüberfahrt, doch
nur auf das übliche Postillonssignal. — Für die
Rohr P gilt ein Wegerecht nicht; s. aber StGB
5 318 a Abf 1.
Die Rechte zu 1—6 gelten auch in Bayern
und Württemberg.
Vgl. ferner II. Haager Friedenskonf., Land-
kriegs O a 16, 29; Abkommen über Beschränkung
des Seebenterechts, a 1, 2.
7. Rechte gegenüber den Eisen-
bahnen (I/I. In den Anfängen des Eisenbahn-
baus waren die Pflichten der Eisenbahnen gegen-
über der Post teils gesetzlich (z. B. preuß. Eisenbahn G
v. 3. 11. 38, 5 36), teils im Konzessionswege ge-
regelt. § 5 Nordd. P v. 2. 11. 67 und §# 4 Reichs-
P beließen es gesetzlich bei dem bisherigen Zu-
stand und trafen nur für den Fall neuer oder er-
weiterter Konzessionen von Eisenbahngesellschaf-
ten Bestimmung. Die Leistungen der Staats-
bahnen zugunsten der P waren durch den BR-
Beschl v. 4. 12. 67 bis zum Ablauf des Jahres
1875 geregelt. Seit dem 1. 1. 76 entscheiden über
die Pflichten der Reichs-, Staats= und Privat-
bahnen gegenüber der Reichs P das sog. Eisenbahn-
P v. 20. 12. 75 (RGl 318) und die auf Grund
seines a 10 vom R#k unter Zustimmung des B
erlassenen Vollzugsbestimmungen v. 9. 2. 76
(RZl 87), revidiert gemäß deren a 8 am 9.5.78
(R3l 261) und 24. 12. 81 (R3Bl 1882, 4).
Hiernach gilt folgendes: a) Alle Staats= und Pri-
vatbahnen, auch untergeordneter Bedeutung,
haben ihren Betrieb den Bedürfnissen des P-
Dienstes tunlichst anzupassen (Fahrpläne, PAn-
schlüsse). b) Bei Errichtung neuer Bahnhöfe oder
Stationsgebäude oder deren Umbau sind die für
den Bahn PDienst nötigen Diensträume von der
Bahnverwaltung gegen Mietsentschädigung zu be-
schaffen; beim Mangel geeigneter Privatwoh-
nungen ist auf Beschaffung von Dienstwohnungen
für die Bahn PBeamten Rücksicht zu nehmen.