Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Post und Telegraphie (B. Besondere Rechte und Pflichten) 
  
schen Bundes, noch in der des Reiches vor.) Doch 
ist der Begriff neu belebt worden durch a 3 der 
sog. PGNovelle v. 20. 12. 99, Röl 715 (unten 
& 2, Nr. 4). 
§# 2. Geltendes Recht. 
1. Gegenstände des Postzwanges sind: 
a) alle versiegelten, zugenähten oder sonst ver- 
schlossenen Briefe (PG #1). . 
Brief ist jede schriftliche (gedruckte usw.) Mitteilung 
an eine bestimmte Person oder einen bestimmten Personen- 
kreis (7 Briefgeheimnis, & 3, oben Bd 1, S 6301. Für den 
verschlossenen Brief im postalischen Sinne ist jedoch 
nicht jener materielle, sondern der formelle Briefbegriff 
maßgebend: jede nach der äußeren Form und nach Meist- 
gewicht, soweit postalisch ein solches festgesetzt ist (250 g 
in Deutschland und im VBerkehr mit Oesterreich-Ungarn) sich 
als „Brief“ darstellende verschlossene Sendung, auch wenn 
sie keine Mitteilung (oder Adressenausschrift) enthält (Reichs- 
gericht). Berschluß ist jede Borkehrung, welche das 
Hinzugelangen zum Inhalt nur unter Ueberwindung eines 
gewissen Hemmnisses und nur unter Entwicklung einer beson- 
deren, unter den Begriff der Eröffnung des Berschlusses 
fallenden Tätigkeit möglich macht (u. U. auch eine Um- 
schnürung; s. 1 Briefgeheimnis, 3 3, oben Bd 1, S529). Den 
verschlossenen Briefen gelten unverschlossene gleich (Briefe 
im materiellen Einne), welche in verschlossenen Pakete#n 
befördert werden. 
b) Alle Zeitungen politischen Inhalts, die 
öfter als einmal wöchentlich erscheinen (PG 81). 
Voraussetzung ist, daß die Zeitungen in der Regel poli- 
tische Nachrichten bringen. „Zeitschriften“, d. h. Druckschrif- 
ten, die nicht in einzelnen Blättern sondern in größeren 
Heften ausgegeben werden und nicht Mitteilungen von 
Tagesereignissen allgemeiner Art zum Hauptzweck haben, 
sind nicht zwangspflichtig. 
. Die der Post 
Tätigkeit ist 
a) die Beförderung jener Gegenstände gegen 
Bezahlung von Orten mit einer Pnstalt nach 
anderen Orten mit einer Pnstalt des In= oder 
Auslandes. 
Bezahlung ist jede Art der Bergütung; die unentgelt- 
liche Beförderung ist frei. Pünstalten sind diejenigen 
PEinrichtungen, zu deren Aufgabe mindestens die Einsamm- 
lung und Verteilung von Briefen gehört (PAemter und 
Plgenturen, nicht auch Pilfsstellen und Briefkasten). 
Vorbehalten ist hier nur die Beförderung von Briesen usw., 
die an Orten mit solchen Pünstalten aufgeliefert und nach 
Orten mit solchen Pünstalten bestimmt sind. Die Grenzen 
des „Ortes“ sind zu bestimmen nach den Grenzen des kom- 
munalen Bezirks, in dem die Pnstalt liegt. 
Briefe usw., die im Auslande aufgegeben sind 
und entweder nach einem inländischen Orte mit 
Pünstalt bestimmt sind oder durch das Reich tran- 
sitieren, sind im Inlande stets zwangspflichtig, 
einerlei ob ihr im Auslande belegener Absendungs- 
oder Bestimmungsort eine PAnstalt besitzt; sie 
müssen bei den nächsten inländischen Pünstalten 
zur Weiterbeförderung aufgeliefert werden. 
b) Der P vorbehalten ist bei verschlossenen und 
ihnen gleichzustellenden Briefen (oben 1 a) die Be- 
förderung auch dann, wenn es sich um sog. Orts- 
brief ehandelt, d. h. solche, die innerhalb dessel- 
ben (politischen) Orts, in dem sie zur P gegeben 
werden, behändigt werden sollen. Vorausgesetzt 
ist, daß dieser Ort eine PAnstalt (oben 2 a) hat. 
Durch Fall b) soll jedoch nur dem organisierten 
Privat PBetrieb entgegengetreten werden (unten 
3 d). — Unter den zu a) und b) bezeichneten Vor- 
vorbehaltene 
  
aussetzungen kommt der Pdie gesamte Beförde- 
rungstätigkeit, vom Beginne des Einsammelns 
bis zur bewirkten Aushändigung, zu. 
Inl sie in der Beförderungsstrecke zwischen dem Einsam- 
meln und der Aushändigung durch eine nichtpostalische Be- 
förderung unterbrochen, so ist der P.Zwang verletzt. Ber- 
boten ist daher z. B., nach Aufgabe von Sammelsen- 
dungen in P- oder anderen Paketen, die Sendungen am 
Bestimmungsort des Pakets durch einen nur mechanisch 
tätigen Zwischenträger zum billigeren Ortsporto zur P zu 
çgeben. Andererselts kann die Gesamtbeförderung nicht nur 
gegen die Brief. bezw. Drucksachentaxe, sondern auch mit- 
tels Pakets der P ausgetragen werden, insbesondere ist auch 
bei Zeitungen nicht der Debit (einschließlich der Bestellung, 
der Einziehung und Ablieferung der Bezugsgelder), sondern 
nur die Beförderung vorbehalten. 
3. Ausnahmen. Von dem PZwang aus- 
genommen sind: a) solche in verschlossene Pakete 
hineingelegte, unverschlossene Briefe, Rechnungen. 
Fakturen und ähnliche Schriftstücke, die den Inhalt 
des Pakets betreffen. — b) Bezüglich politischer 
Zeitungen erstreckt sich der PZwang nicht 
auf den zweimeiligen Umkreis ihres 
Ursprungsortes (Orts des Erscheinens der Zei- 
tung). Die Entfernung vom äußersten Ende 
des Ortes an welchem die Zeitung erscheint, 
bis zum Anfangspunkt des Bestimmungsortes 
darf 2 Meilen (— 15 km) in der Luftlinie nicht 
Übersteigen. Innerhalb dieses Zweimeilenkreises 
kann die Zeitung durch jede beliebige Person, 
nicht nur durch expresse Boten (unten c) be- 
fördert werden, auch wenn der Bestimmungs- 
ort außerhalb jenes Kreises liegt; ferner dürfen 
postzwangspflichtige Zeitungen, falls sie unver- 
schlossen sind, innerhalb der Gemeindeprenzen 
eines jeden Ortes (Ursprungs-, Durchgangs-, 
Bestimmungsortes) von jedermann befördert wer- 
den (PGNov v. 20. 12. 99, Röl 715). Wegen 
der Ausnahme für Privat PAnstalten vgl. un- 
ten 4. — c) Die Beförderung postzwangspflich- 
tiger Gegenstände durch expresse Boten 
oder Fuhren, solche, die nur für den 
Dienst einer bestimmten Person angenommen 
sind (im Gegensatz zu allgemein benutzbaren Be- 
förderungsgelegenheiten) ist gestattet. Doch darf 
der Expresse nuur von einem Absender ab- 
geschickt sein. Absender ist derjenige, für welchen, 
d. h. in dessen wirtschaftlichem Interesse der Bote 
die Beförderung ausführt. Die Absendung eines 
Expressen an mehrere Empfänger ist nicht unter- 
sagt, ebensowenig die Einsammlung von Sen- 
dungen bei mehreren Personen für den einen 
Absender des Expressen. Dem Expressen eines 
Absenders dürfen postzwangspflichtige Gegen- 
stände von anderen Absendern nicht mitgegeben 
werden, auch nicht unentgeltlich, auch darf er 
solche nicht für mehrere Personen zurückbringen, 
wohl aber von mehreren an den Absender. — 
d) Verschlossene Ortsbriefe (oben 2b) dürfen 
auch durch nicht-expresse Boten entgeltlich beför- 
dert werden, wenn diese weder die Einsammlung 
von Briefen, Korrespondenzkarten, Drucksachen, 
Zeitungen, Zeitschriften oder Warenproben ge- 
werbsmäßig betreiben, noch im Dienste einer „Pri- 
vatbeförderungsanstalt“" stehen. Letztere kann auch 
ein Paketfahrt= oder Personenbeförderungsunter- 
nehmen sein; der Begriff umfaßt jede organisierte 
Einrichtung, die Beförderung irgendwelcher Sa- 
chen oder Personen bezweckt. Die Beförderung
	        
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