148
Post und Telegraphie (B. Besondere Rechte und Pflichten)
schen Bundes, noch in der des Reiches vor.) Doch
ist der Begriff neu belebt worden durch a 3 der
sog. PGNovelle v. 20. 12. 99, Röl 715 (unten
& 2, Nr. 4).
§# 2. Geltendes Recht.
1. Gegenstände des Postzwanges sind:
a) alle versiegelten, zugenähten oder sonst ver-
schlossenen Briefe (PG #1). .
Brief ist jede schriftliche (gedruckte usw.) Mitteilung
an eine bestimmte Person oder einen bestimmten Personen-
kreis (7 Briefgeheimnis, & 3, oben Bd 1, S 6301. Für den
verschlossenen Brief im postalischen Sinne ist jedoch
nicht jener materielle, sondern der formelle Briefbegriff
maßgebend: jede nach der äußeren Form und nach Meist-
gewicht, soweit postalisch ein solches festgesetzt ist (250 g
in Deutschland und im VBerkehr mit Oesterreich-Ungarn) sich
als „Brief“ darstellende verschlossene Sendung, auch wenn
sie keine Mitteilung (oder Adressenausschrift) enthält (Reichs-
gericht). Berschluß ist jede Borkehrung, welche das
Hinzugelangen zum Inhalt nur unter Ueberwindung eines
gewissen Hemmnisses und nur unter Entwicklung einer beson-
deren, unter den Begriff der Eröffnung des Berschlusses
fallenden Tätigkeit möglich macht (u. U. auch eine Um-
schnürung; s. 1 Briefgeheimnis, 3 3, oben Bd 1, S529). Den
verschlossenen Briefen gelten unverschlossene gleich (Briefe
im materiellen Einne), welche in verschlossenen Pakete#n
befördert werden.
b) Alle Zeitungen politischen Inhalts, die
öfter als einmal wöchentlich erscheinen (PG 81).
Voraussetzung ist, daß die Zeitungen in der Regel poli-
tische Nachrichten bringen. „Zeitschriften“, d. h. Druckschrif-
ten, die nicht in einzelnen Blättern sondern in größeren
Heften ausgegeben werden und nicht Mitteilungen von
Tagesereignissen allgemeiner Art zum Hauptzweck haben,
sind nicht zwangspflichtig.
. Die der Post
Tätigkeit ist
a) die Beförderung jener Gegenstände gegen
Bezahlung von Orten mit einer Pnstalt nach
anderen Orten mit einer Pnstalt des In= oder
Auslandes.
Bezahlung ist jede Art der Bergütung; die unentgelt-
liche Beförderung ist frei. Pünstalten sind diejenigen
PEinrichtungen, zu deren Aufgabe mindestens die Einsamm-
lung und Verteilung von Briefen gehört (PAemter und
Plgenturen, nicht auch Pilfsstellen und Briefkasten).
Vorbehalten ist hier nur die Beförderung von Briesen usw.,
die an Orten mit solchen Pünstalten aufgeliefert und nach
Orten mit solchen Pünstalten bestimmt sind. Die Grenzen
des „Ortes“ sind zu bestimmen nach den Grenzen des kom-
munalen Bezirks, in dem die Pnstalt liegt.
Briefe usw., die im Auslande aufgegeben sind
und entweder nach einem inländischen Orte mit
Pünstalt bestimmt sind oder durch das Reich tran-
sitieren, sind im Inlande stets zwangspflichtig,
einerlei ob ihr im Auslande belegener Absendungs-
oder Bestimmungsort eine PAnstalt besitzt; sie
müssen bei den nächsten inländischen Pünstalten
zur Weiterbeförderung aufgeliefert werden.
b) Der P vorbehalten ist bei verschlossenen und
ihnen gleichzustellenden Briefen (oben 1 a) die Be-
förderung auch dann, wenn es sich um sog. Orts-
brief ehandelt, d. h. solche, die innerhalb dessel-
ben (politischen) Orts, in dem sie zur P gegeben
werden, behändigt werden sollen. Vorausgesetzt
ist, daß dieser Ort eine PAnstalt (oben 2 a) hat.
Durch Fall b) soll jedoch nur dem organisierten
Privat PBetrieb entgegengetreten werden (unten
3 d). — Unter den zu a) und b) bezeichneten Vor-
vorbehaltene
aussetzungen kommt der Pdie gesamte Beförde-
rungstätigkeit, vom Beginne des Einsammelns
bis zur bewirkten Aushändigung, zu.
Inl sie in der Beförderungsstrecke zwischen dem Einsam-
meln und der Aushändigung durch eine nichtpostalische Be-
förderung unterbrochen, so ist der P.Zwang verletzt. Ber-
boten ist daher z. B., nach Aufgabe von Sammelsen-
dungen in P- oder anderen Paketen, die Sendungen am
Bestimmungsort des Pakets durch einen nur mechanisch
tätigen Zwischenträger zum billigeren Ortsporto zur P zu
çgeben. Andererselts kann die Gesamtbeförderung nicht nur
gegen die Brief. bezw. Drucksachentaxe, sondern auch mit-
tels Pakets der P ausgetragen werden, insbesondere ist auch
bei Zeitungen nicht der Debit (einschließlich der Bestellung,
der Einziehung und Ablieferung der Bezugsgelder), sondern
nur die Beförderung vorbehalten.
3. Ausnahmen. Von dem PZwang aus-
genommen sind: a) solche in verschlossene Pakete
hineingelegte, unverschlossene Briefe, Rechnungen.
Fakturen und ähnliche Schriftstücke, die den Inhalt
des Pakets betreffen. — b) Bezüglich politischer
Zeitungen erstreckt sich der PZwang nicht
auf den zweimeiligen Umkreis ihres
Ursprungsortes (Orts des Erscheinens der Zei-
tung). Die Entfernung vom äußersten Ende
des Ortes an welchem die Zeitung erscheint,
bis zum Anfangspunkt des Bestimmungsortes
darf 2 Meilen (— 15 km) in der Luftlinie nicht
Übersteigen. Innerhalb dieses Zweimeilenkreises
kann die Zeitung durch jede beliebige Person,
nicht nur durch expresse Boten (unten c) be-
fördert werden, auch wenn der Bestimmungs-
ort außerhalb jenes Kreises liegt; ferner dürfen
postzwangspflichtige Zeitungen, falls sie unver-
schlossen sind, innerhalb der Gemeindeprenzen
eines jeden Ortes (Ursprungs-, Durchgangs-,
Bestimmungsortes) von jedermann befördert wer-
den (PGNov v. 20. 12. 99, Röl 715). Wegen
der Ausnahme für Privat PAnstalten vgl. un-
ten 4. — c) Die Beförderung postzwangspflich-
tiger Gegenstände durch expresse Boten
oder Fuhren, solche, die nur für den
Dienst einer bestimmten Person angenommen
sind (im Gegensatz zu allgemein benutzbaren Be-
förderungsgelegenheiten) ist gestattet. Doch darf
der Expresse nuur von einem Absender ab-
geschickt sein. Absender ist derjenige, für welchen,
d. h. in dessen wirtschaftlichem Interesse der Bote
die Beförderung ausführt. Die Absendung eines
Expressen an mehrere Empfänger ist nicht unter-
sagt, ebensowenig die Einsammlung von Sen-
dungen bei mehreren Personen für den einen
Absender des Expressen. Dem Expressen eines
Absenders dürfen postzwangspflichtige Gegen-
stände von anderen Absendern nicht mitgegeben
werden, auch nicht unentgeltlich, auch darf er
solche nicht für mehrere Personen zurückbringen,
wohl aber von mehreren an den Absender. —
d) Verschlossene Ortsbriefe (oben 2b) dürfen
auch durch nicht-expresse Boten entgeltlich beför-
dert werden, wenn diese weder die Einsammlung
von Briefen, Korrespondenzkarten, Drucksachen,
Zeitungen, Zeitschriften oder Warenproben ge-
werbsmäßig betreiben, noch im Dienste einer „Pri-
vatbeförderungsanstalt“" stehen. Letztere kann auch
ein Paketfahrt= oder Personenbeförderungsunter-
nehmen sein; der Begriff umfaßt jede organisierte
Einrichtung, die Beförderung irgendwelcher Sa-
chen oder Personen bezweckt. Die Beförderung