Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Post und Telegraphie (B. VI: Postgeheimnis) 
159 
  
kein Beschuldigter vorhanden ist, hat es die P abzulehnen. 
Die Sendung muß in der Beschlagnahmeverfügung soweit 
bezeichnet sein, daß die P nach objektiven Merkmalen er- 
kennen kann, welche in ihren Händen befindliche Sendung 
unter die Beschlagnahme fällt; die Auswahl darf nicht auf 
das Ermessen der hierzu nicht berusenen PBehörde abge- 
wälzt werden. Ob die P die Sendung nur anzuhalten oder 
der beschlagnehmenden Behörde auszuhändigen hat, richtet 
sich nach dem Inhalt des Ersuchens. 
Die Staatsanwaltschaft hat die ihr ausgehän- 
digten Sendungen uneröffnet dem Richter vor- 
zulegen. Wird eine staatsanwaltschaftliche Be- 
schlagnahme nicht binnen 3 Tagen vom Richter be- 
stätigt, so verliert sie von selbst ihre Kraft, d. h. 
die P hat ihr fortan nicht zu entsprechen und noch 
lagernde Sendungen frei zu geben (so jetzt auch 
Löwe). 
Die Erteilung von Auskunft über die 
Korrespondenz, sowie die Vorlegung von Ur- 
kunden und Büchern, die sich auf die 
Korrespondenz beziehen, hat die PVerwaltung 
mit Rücksicht auf das PGeh abzulehnen, da die 
StPO Ausnahmen in dieser Richtung nicht zu- 
läßt; die §5 96, 159 St P sind keine Ausnahme- 
vorschriften, wie sie § 5 Reichs PG voraus- 
setzt. Da indes die Auskunftserteilung sowie die 
Vorlegung von Urkunden und Büchern über Tat- 
sachen, welche die Korrespondenz betreffen, gegen- 
über der Beschlagnahme der Korrespondenz das 
Mindere darstellt, so ist es für die PVerwaltung 
unbedenklich, dem Ersuchen um Auskunft usw. zu 
entsprechen, wenn die Voraussetzungen für die 
Beschlagnahme der Sendung vorliegen, d. h. 
wenn es sich um die Korrespondenz des Beschuldig- 
ten handelt und das Ersuchen vom Richter oder 
— bei Verbrechen und Vergehen — der Staats- 
anwaltschaft ausgeht. Ersuchen anderer Behör- 
den sind abzulehnen. 
Die gerichtliche Vernehmung von PBeamten 
als Zeugen über Tatsachen, die sich auf die 
Korrespondenz des Beschuldigten beziehen, ist aus 
demselben Grunde zulässig; über die Korrespondenz 
Dritter darf sie nicht erfolgen. 
b) Zivilprozeß. Die ZPO enthält keine 
Bestimmungen, welche Ausnahmen vom PWGeh 
zuließen: es dürfen daher auch keine Ausnahmen 
gemacht werden. Nur auf Antrag oder mit Zu- 
stimmung des Absenders oder Empfängers 
(Adressat, nicht Ersatzempfänger) der Sendung 
darf also von der PVerw dem Gericht Auskunft 
über eine die Korrespondenz betreffende Tatsache 
erteilt, ein darauf bezügliches Schriftstück vor- 
gelegt, ein PBeamter als Zeuge vernommen 
werden (vgl. § 383 Nr. 5 8PO; 4 376 3#80 
gilt außerdem.) — Die Pfändung von 
Pendungen ist zulässig, sofern sie ohne Ver- 
letzung des PGeh erfolgen kann, also nur dann, 
wenn der Gläubiger von einer konkreten Sendung 
ersichtlich bereits Kenntnis hat. Doch ist zu 
beachten, daß nach § 33 der PO v. 20. 3. 00 
die Sendung bis zur Aushändigung an den 
Adressaten nur zur Verfügung des Absenders 
steht, daher, so lange sie auf der Post ist, 
nur von Gläubigern des Absenders, nicht des 
Adressaten, gepfändet werden darf. Die auf 
PNachnahmen und Püufträge eingezogenen 
Beträge können für die Gläubiger des Absenders 
der mit Nachnahme belasteten Sendung bezw. 
des Puftrags gepfändet werden, da der letztere 
  
der PVerw gegenüber ein Recht auf deren Aus- 
händigung hat. Bezüglich der durch die P. debi- 
tierten Zeitungen hat ein pfändbares Aushändi- 
gungsrecht an die P nur der Verleger als Absen- 
der und Vertragsgenosse der P [B IV Post 
und Tel Geb, § 2 a. E.] — Die Pfändung hat — 
sofern es sich nicht um eine unterscheidbar vor- 
andene Sache handelt und die Post zu deren 
Herausgabe bereit ist (S 809 8PO) — in den 
Formen der Pfändung des Anspruchs zu#erfolgen, 
welcher dem Absender gegen die Pzusteht (55 829 
846 3P0O). 
c) Konkurs. Nach 5 121 KonkO kann das 
Konkursgericht anordnen, daß die für den Ge- 
meinschuldner eingehenden PSendungen dem 
Verwalter ausgehändigt werden. Dieser tritt 
dann in jeder Beziehung an die Stelle des Adres- 
saten, ist insbesondere auch zur Eröffnung der 
Sendungen berechtigt. 
d) Weitere Ausnahmen: die Aushändigung an 
ErsatzempfängerPO #39; Aushändigung an 
andere, z. B. Ehemann, gesetzlichen Vertreter, so- 
weit sie nicht Ersatzempfänger, ist unzulässig); die 
Eröffnung unbestellbarer Sen- 
dungen durch die P behufs Ermittelung 
des Absenders nach näherer Bestimmung des 
8 46 III der PO v. 20. 3. 00; die Eröffnung 
zollpflichtig eingehender Sendun- 
gen durch die Zollbehörde nach & 91 Vereins- 
zollG v. 1. 7. 69 und des Pgollregulativs, so- 
wie des 8 39 XV PO. Endlich die Beschlag- 
nahme von Druckschriften durch die 
Polizeibehörde auf Grund des & 23 PreßG- 
v. 7. 5. 74; die letztere kann auch gegenüber 
den auf der Post befindlichen Druckschriften aus- 
geübt werden: die P kann aber der Polizei nur 
solche Sendungen aushändigen, bei denen ohne 
Eröffnung des Verschlusses unzweifelhaft er- 
kennbar ist, daß sie die beschlagnahmten Druck- 
schriften enthalten und daß sie der P „zum Zwecke 
der Verbreitung" übergeben sind. Hierher rechnet 
die Praxis auch § 41 SteBe: Es muß auch hier 
ohne Eröffnung des Verschlusses der Sendung 
erkennbar sein, daß es sich um eine Druckschrift 
der in § 41 Abs 1 StGB bezeichneten Art handelt, 
und daß die Sendung von einer der in § 41 Abs 2 
bezeichneten Personen zur Beförderung einge- 
liefert worden ist. Als Ausnahmen werden von 
der Praxis auch die 88 139, 367 Nr. 5, 5 a St GB 
angesehen. Diese Ansicht findet in § 5, I. II PO 
v. 20. 3. 00 eine Stütze, wonach Sendungen, deren. 
Außenseite oder Inhalt, soweit er offensichtlich 
ist, gegen die Gesetze verstößt, oder aus Rücksich- 
ten des öffentlichen Wohles oder der Sittlichkeit 
für unzulässig erachtet wird, von der PBeförde- 
rung ausgeschlossen sind, wonach ferner Sendungen 
nicht ausgegeben werden dürfen, mit deren Be- 
förderung Gefahr verbunden ist, z. B. wegen des 
entzündlichen oder ätzenden Inhalts. 
e) Die in a 33 preuß. Vl vorbehaltene Aus- 
nahme für Kriegsfälle hat zwar im §5 5 
Reichs PW keine besondere Erwähnung gefunden. 
Aus a 68 RV in Verbindung mit 4 preuß. G 
v. 4. 6. 51 ergibt sich aber, daß nach Erklärung 
des Belagerungszustandes s die 
PBehörden auch den auf Aushändigung von 
Sendungen oder Auskunft über solche gerichteten. 
Ersuchen der Militärbefehlshaber unweigerlich zu 
entsprechen haben. (Aehnlich in Elsaß-Lothringen. 
  
  
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.