Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Post und Telegraphie (B. VI: Postgeheimnis) 
  
jetzt gemäß R v. 30. 5. 92, Röhl 667; die 
früheren außerordentl. Gewalten des Statthal- 
ters (V(§810 VerwG v. 30. 12. 71) sind aufgehoben 
(Rv. 18. 6. 02, RGBl 231, Verf v. 31. 5. 11, 
RGBl 232). 
4. Telegraphengeheimnis. 
a) Geschichtliche Entwicklung. Bereits das 
erste in Preußen über die Benutzung der Staatstelegraphen 
erlassene Regl v. 6. 8. 40 (Mli B 203) erklärte in # 11 unter 
der Uebesschrift „Sicherung des Depeschengeheimnisses 
sämtliche Telegraphenbeamte zur strengsten Geheimhaltung 
der telegraphischen Depeschen verpflichtet. In allen folgen- 
den Reglements wiederholte sich diese Bestimmung: das- 
jenige v. 17. 2. 52 (Mli B 32) lautete in 1 30 dahin, daß 
die Mitteilung von Depeschen an Unbefugte nicht stattfinden 
dürse und das Telegraphengeheimnis in jeder Beziehung auf 
das strengste gewahrt bleibe. Damit war die Mitteilung 
der Depeschen an Unbefugte als Verstoß gegen das Tele- 
graphengeheimnis bezeichnet. In dem Reglement für den 
deutsch-österreichischen Telegraphenverein von 1858 (MliB 
17) war zuerst die Form einer Zusage an das Publikum 
gewählt: 3 3. „Bewahrung des Telegraphengeheimnisses. 
Die Vereins-Regierungen werden Sorge tragen, daß die 
Mitteilung von Depeschen an Unbesugte verhindert und daß 
das Telegraphengeheimnis in jeder Beziehung auf das 
strengste gewahrt werde.“ Diese Fassung ist jedoch aus der 
Telegraphenordnung (sjetzt 16. 6. 1904) nunmehr ausge- 
schaltet. Aehnlich aber noch in a 2 Internat Tel Bt v. 10./22. 
7. 76 [/X/ D II Tel Berträge 2, 11. 
In dem St## v. 30. 5. 70 finden sich zum 
erstenmal strafrechtliche Schutzbestimmungen, in- 
dem § 355 die Telegraphenbeamten und sonstigen 
Angestellten öffentlicher Telegraphenanstalten mit 
Strafe bedroht, nicht nur wenn sie Depeschen 
verfälschen oder in gesetzlich nicht vorgesehenen 
Fällen eröffnen oder unterdrücken, sondern auch 
dann, wenn sie vom Inhalt der Depeschen dritte 
rechtswidrig benachrichtigen oder einem anderen 
wissentlich eine solche Handlung gestatten oder ihm. 
dabei wissentlich Hilfe leisten. 
Die Praxis der preußischen, der norddeutschen 
und der Reichs-Telegraphenverwaltung hat von 
jeher Mitteilungen über den telegraphischen 
Korrespondenzverkehr nur in demselben Maße 
zugelassen, wie Ausnahmen vom PGeh, d. h. 
mangels Ermächtigung des Absenders oder Emp- 
fängers nur auf Antrag gerichtlicher oder staats- 
anwaltschaftlicher Behörden. Die St PObehan- 
delt in I# 99—101 die Beschlagnahme der Tele- 
gramme auf den Telegraphenanstalten ganz 
ebenso wie die der Sendungen auf der Post: das- 
selbe gilt nach § 121 Konk O von der Aushändigung 
der für den Gemeinschuldner bestimmten Depe- 
schen an den Konkursverwalter. Nunmehr ent- 
scheidet § 8 TelG# v. 6. 4. 92 (unten b). 
b) Begriff und rechtliche Bedeu- 
tung. Die Vorschriften über das Telegraphen- 
geheimnis haben sich zu einer Zeit entwickelt, 
als die preußische Telegraphenverwaltung einen 
Geschäftszweig der preußischen P Verwaltung bil- 
dete: sie sind durch die bei der letzteren bestehende 
Auffassung über die Bedeutung des PGeh be- 
einflußt. Das Telegraphengeheimnis kann daher 
nicht enger bestimmt werden, als das PGeh, da 
sein strafrechtlicher Schutz noch weiter reicht, in- 
dem sogar die rechtswidrige Benachrichtigung 
dritter vom Inhalte der Telegramme mit Kri- 
minalstrafe bedroht ist. Dazu kommt, daß jetzt 
das Reichstelegraphen G v. 6. 4. 92, das in 88 das 
  
  
Tel Geh als „unverletzlich“ bezeichnet, dort zu- 
gleich die unbefugte Mitteilung von einer stattge- 
habten telegraphischen Korrespondenz ausdrücklich 
als Verletzung des Telegraphengeheimnisses kenn- 
zeichnet. Hiernach umfaßt das Tel Geh zunächst 
das Verbot an die Angestellten der Tel Verw, 
durch Eröffnung verschlossener Telegrammaus- 
fertigungen oder durch Unterdrückung ange- 
nommener Telegramme in deren ordnungs- 
mäßige Beförderung einzugreifen; es bedeutet 
ferner, daß die Telegraphenbeamten Tatsachen, 
welche sie durch eine stattgehabte telegraphische 
Korrespondenz amtlich in Erfahrung gebracht 
haben, ohne Zustimmung des Absenders oder des 
Empfängers keinem anderen (auch keiner Be- 
hörde) mitteilen dürfen. 
c) Ausnahmen sind in Strafprozessen 
und Konkursen nur in demselben Maße zulässig, 
wie solche gegenüber dem PGeh gestattet sind. 
Die Beschlagnahme eines Telegrammes kann sich 
darauf beschränken, daß seine Aushändigung an 
den Empfänger unterbleiben soll; es kann aber 
auch beansprucht werden, daß die Urschrift des 
Telegramms oder seine Ausfertigung am Be- 
stimmungsort oder der mit den telegraphischen 
Zeichen versehene Streifen aus dem Apparat 
dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft aus- 
gehändigt werde. Die gleichen Ausnahmen wie 
vom PWGeh müssen auch in Fällen des Kriegs= und 
des Belagerungszustandes [X] zugelassen werden 
(& 8 TeldG v. 6. 4. 92; a 68 RV). 
§. Fernsprechgeheimnis. Das Fernsprech- 
wesen ist von den deutschen Telegraphenverwal- 
tungen von vornherein als Unterart der Tel be- 
handelt worden. Daß es begrifflich unter die 
„Telegraphie“ fällt, ist seit Scheffler (Gerichtssaal, 
1884 S. 36 f.5 allgemeine Lehre geworden. (RStr 
19, 55.) Das Telegraphen Gv. 6.4. 92 bestimmt da- 
herin §1 Satz 2: „Unter Telegraphenanlagen sind 
die Fernsprechanlagen mitbegriffen.“ (Ebenso Tele- 
graphenwege G v. 18. 12. 99 + 1 Abs 2 (RKöl 
705.) Wenn daher das Telegraphen G in b 8 
sagt: „Das Telegraphengeheimnis ist unverletz- 
lich“, so kann dies im Zusammenhang mit 5 I1 nicht 
anders verstanden werden, als daß auch das Fern- 
sprechgeheimnis ebenfalls, und zwar in gleichem 
Umfange, unverletzlich sein soll wie das Telegra- 
phengeheimnis im engeren Sinne. — Geschützt 
sind hiernach nur Nachrichtenübermittelungen, 
nicht Musikübertragungen. Auch Grenzen und 
Ausnahmen des Fernsprechgeheimnisses sind de- 
nen des Telegraphengeheimnisses entsprechend. 
Verboten ist hiernach nicht nur die unbefugte 
Mitteilung des Inhalts eines telephonischen Ge- 
sprächs, sondern auch aller darauf bezüglicher 
Umstände, z. B. daß zwischen zwei Personen ein 
Gespräch stattgefunden hat. Zulässig ist dagegen, 
einer von zwei telephonisch verbundenen Personen 
die Person zu nennen, die am Gegenapparat das 
Gespräch geführt hat, da die Gesprächführenden 
den Korrespondenten im P= und Tel Verkehr gleich- 
stehen. Unter den Ausnahmen vom Geheimnis 
kann & 121 KonkO auf das Fernsprechgeheim- 
nis nicht Anwendung finden. — Der Schutz 
des Fernsprechgeheimnisses ist wie der des P- 
und Telegraphengeheimnisses disziplinarrecht- 
licher, auch zivilrechtlicher Art (## 823 Abs 2, 
826, 839 Bo0B); 5J 355 StGB war früher auf das 
Fernsprechgeheimnis nicht anwendbar (Rtr
	        
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