Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Preßrecht 
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politische Plakat verboten, in Sachsen, Baden, 
Württemberg nur nach Anzeige bei der Polizei 
estattet. In Bayern bedarf jedes Plakat der 
iunzeige (AG z. St PO a 12). 
III. Die gewerbsmäßige Verbrei- 
tung. 
1. Zum gewerbsmäßigen Vertrieb von Druck- 
schriften an öffentlichen Orten (sog. fliegen- 
der Buchhandel), einschließlich des ge- 
werbsmäßigen Anschlages (Plakates), bedarf es 
einer Erlaubnis der Ortspolizeibehörde, die per- 
sönlicher Art ist und für deren Erteilung und Ver- 
sagung im wesentlichen dieselben Grundsätze gelten 
wie für den Wandergewerbeschein. Befreit sind 
Stimmzettel und Schriften für Wahlzwecke wäh- 
rend der Wahlzeit, GewO # 43 Abs 1—. Aus- 
geschlossen vom fliegenden Buchhandel, vom An- 
bieten von Haus zu Haus und vom Aufsuchen von 
Bestellungen durch Handlungsreisende sind diejeni- 
gen Druckschriften, die vom Feilbieten im Umher- 
ziehen ausgeschlossen sind (unten Nr. 2), GewO #s## 
42 a, 44 Abs 4. Aber eine vorgängige Prüfung der 
einzelnen Druckschriften findet hier nicht statt; erst 
das Gericht (GewO # 148) entscheidet über die 
Zulässigkeit. Dagegen darf das Erfordernis der 
gemeinderechtlichen Erlaubnis zum Anbieten von 
Haus zu Haus auf Druckschriften nicht ausgedehnt 
werden, GewO # 42 b Ablf 3. 
2. Der Gewerbebetrieb im Um- 
herziehen außerhalb des Wohnortes durch 
Feilbieten oder Aufsuchen von Bestellungen be- 
darf außer dem der Person zu erteilenden Wander- 
gewerbeschein, GewO z 55, einer Genehmigung 
hinsichtlich der einzelnen zu verbreitenden Druck- 
schriften, die zu versagen ist, wenn die Druck- 
schrift in sittlicher oder religiöser Beziehung Aer- 
gernis zu geben geeignet ist, wenn sie gegen Prä- 
mien vertrieben wird oder wenn bei Lieferungs- 
werken die deutliche Angabe des Gesamtpreises 
fehlt. In Elsaß-Lothringen treten dazu Druck- 
schriften, die in einer den öffentlichen Frieden 
gefährdenden Weise die Grundlagen der bestehen- 
den Staatsordnung angreifen, 3 3 des G v. 8. 8. 88. 
Das Verzeichnis der genehmigten Druckschriften 
ist mitzuführen und vorzuweisen. GewO #56 Abs 3 
Nr. 12, Abs 4. Die Zurücknahme des Wanderge- 
werbescheins [J1 4 58 Gewp, bedeutet für den 
Druckschriftenvertrieb eine Einschränkung des 5+ 4 
Preß G. 
III. Prepßpolizei. 
54. Die Personenangaben. Bei der Herstellung 
der Druckschrift sind auf ihr Angaben über die 
daran beteiligten Personen zu machen. 
1. Auf jeder Druckschrift ist nach &6 der Drucker 
mit Namen oder Firma und Wohnort zu benennen, 
d. h. diejenige Person oder Gesellschaft, die die 
Herstellung als Unternehmer besorgt hat, und wenn 
die Druckschrift zur öffentlichen, wenn auch nicht 
gewerbsmäßigen Verbreitung bestimmt ist, in 
gleicher Weise auch der Verleger, d. h. die 
Person oder Gesellschaft, die die Druckschrift er- 
scheinen läßt (Verlags G v. 19. 6. 01 5 1). Wesent- 
lich ist die Besorgung der Vervielfältigung (Druck- 
legung) und der Ausgabe (s. o. §5 2 III), unwesent- 
lich ob der Verleger für eigene Rechnung handelt 
(Kommissionsverlag) und ob er das (private) 
Verlagsrecht erworben hat. Bei mehreren un- 
selbständigen Teilen (Lieferungen, Beilagen) ist 
nur eine Angabe erforderlich. 
  
Befreit von diesen Angaben sind — außer 
den amtlichen Drucksachen, § 12 — die Druck- 
schriften, die nur den Zwecken des Gewerbes und 
Verkehres, des häuslichen oder geselligen Lebens 
dienen, z. B. Formulare, Besuchskarten, Familien- 
anzeigen, Einladungen, Bestellzettel, Konzertpro- 
gramme, Preiszettel (ohne Rücksicht auf den Um- 
fang, auch Kataloge) u. dgl. m., sowie Stimm- 
zettel für öffentliche Wahlen, die außer der Be- 
zeichnung der zu wählenden Person (oben 8 2 11) 
nur Zweck, Zeit und Ort der Wahl enthalten, 
nicht dagegen die Ansichtspostkarten. 
2. Die „periodischen Druckschriften“, mit Aus- 
nahme der amtlichen, 5 12, und der Korresponden- 
zen, 5J13, müssen außerdem auf jedem selbständigen 
Stücke (Nr., Heft) einmal den Namen und Wohn- 
ort des verant wortlichen Redakteurs 
angeben, 87. 
Redakteur ist, wer bei periodischen Druck- 
schriften und Sammelwerken über die Aufnahme 
der Beiträge entscheidet. Dies geschieht auf Grund 
der Prüfung, ob der Beitrag nach Inhalt und 
Form (vgl. VerlagsG # 44) zu dem Ganzen in 
wissenschaftlicher, literarischer, politischer Bezie- 
hung paßt. Auch die Anzeigen pflegen nicht wahl- 
los aufsgenommen zu werden. Diese Tätigkeit, 
die den Charakter des Blattes bestimmt, übt bei 
allen größeren Blättern eine Personenmehrheit, 
die Redaktion, sei es kollegialisch, sei es mit Tei- 
lung der Arbeit, oft unter der Oberleitung eines 
Chefredakteurs. Dabei findet auch eine Prüfung 
der rechtlichen Seite insofern statt, als strafbare 
Veröffentlichungen meistens vermieden, zuweilen 
aber auch gewagt oder geradezu beabsichtigt wer- 
den. Diese juristische Prüfung übertrug bei der 
Aufhebung der Zensur das französische G v. 
18. 7. 1828 dem gerant responsable, einem Ver- 
treter des Verlegers (Unternehmers), der als in- 
terner Zensor neben der Redaktion stand, sie über- 
wachte und durch die Zeichnung (Unterschrift des 
fertigen Exemplars) bezeugte, daß er die Prüfung 
vorgenommen habe. In Deutschland wurden 
Aufgabe und Haftung einem Mitgliede der Re- 
daktion übertragen, dem verantwortli- 
chen Redakteur, der vom Verleger der 
Behörde gegenüber bestellt und von dieser als 
geeignet angenommen war (so z. B. Bundes Beschl 
v. 6. 7. 54). Dieses Eingreifen der Polizei wollte 
das Preßgesetz vermeiden; aber es wollte anderer- 
seits eine stets verantwortliche Person haben, ohne 
doch den Schein= oder Sitzzredakteur zuzulassen, 
der „die Verantwortung übernimmt“, ohne Re- 
dakteur zu sein. Der verantwortliche Redakteur 
ist sonach eine verlangte Person, die ohne die ge- 
setzliche Forderung nicht existieren würde, da ohne 
sie jeder Redakteur zu seinem Teile die juristische 
Verantwortung ebenso wie die politische oder 
literarische tragen würde. Er wird vom Verleger 
bestellt; aber dieser innere Akt wird nach außen 
wirksam nur durch die Benennung, die freilich für 
jede Nummer unabhängig von der nächsten erfolgt 
und keineswegs verlangt, daß der Chefredakteur 
auch verantwortlicher Redakteur (v. R.) sein müsse. 
Daraus folgt, daß v. R. nur derjenige ist, der als 
solcher benannt ist; der nicht benannte kann Redal- 
teur sein und als solcher haften, aber nicht als 
v. R. nach § 20 oder § 21. Der Verleger kann aber 
nicht eine beliebige Person, die nicht Redakteur 
ist, benennen; das wäre eine fälschliche Benennung
	        
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