Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

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Preßrecht 
  
im Sinne des 8 18 Abs 2. Verantwortlicher Redal- 
teur ist sonach, wer als solcher benannt ist und ent- 
weder die Tätigkeit der rechtlichen Prüfung an der 
einzelnen Nummer ausgeübt hat oder dazu ver- 
möge der internen Bestellung verpflichtet war. 
Der Widerspruch des Gesetzes mit den tatsächlichen 
Verhältnissen und die Halbheit seiner Vorschriften 
haben es verschuldet, daß die Meinungen stark aus- 
einandergehen. Das Reichsgericht (bes. R27, 
245 f; 36, 215) läßt in neuerer Zeit den bestellten 
Redakteur, auch wenn er nicht benannt ist, als 
v. R. haften. 
Zum v. R. bestellt und als solcher benannt wer- 
den kann nur eine natürliche Person, die ver- 
fügungsfähig, im Besitze der bürgerlichen Ehren- 
rechte ist und im Deutschen Reiche ihren Wohnsitz 
oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, 4 8. Pseudo- 
nyme sind unzulässig, der Benannte muß als v. R. 
(nicht als Redakteur schlechthin oder als Chef- 
redakteur) bezeichnet sein. 
Die Benennung mehrerer Personen ist nur zu- 
lässig, wenn daraus klar erhellt, für welchen Teil 
der Druckschrift jede als v. R. benannt wird, à 77. 
3. Die Haftung für unterlassene oder falsche An- 
gaben trifft den Drucker und den Verleger, nicht 
den Verbreiter und den v. R., soweit nicht der letz- 
tere falsche Angaben über seine Person veranlaßt 
hat. Strafe § 18, polizeiliche Beschlagnahme 5 231. 
*. Pflicht= und Freieremplare. Im polizei- 
lichen Interesse muß der Verleger von jeder Num- 
mer einer periodischen Druckschrift beim Beginne 
der Austeilung oder Versendung („Ausgabe“, oben 
82 III) ein Exemplar der PolBehörde des Aus- 
gabeorts gegen eine sofort (auch außerhalb der 
Amtsstunden) zu erteilende Bescheinigung unent- 
geltlich abliefern, § 9. Ausgenommen sind die 
amtlichen Druckschriften, 8 12, die Korresponden- 
zen, § 13, und diejenigen Druckschriften, die aus- 
schließlich den Zwecken der Wissenschaft, der Kunst, 
des Gewerbes oder der Industrie dienen, so daß 
praktisch die politischen und die Unterhaltungs- 
blätter unter §& 9 fallen. 
Verschieden von diesen Pflichtexemplaren sind 
die Freiexemplare, die nach Landesrecht von 
allen Drucksschriften im fiskalischen Interesse 
für Bibliotheken und öffentliche Sammlungen 
gefordert werden können, § 30 Abs 2, und die eine 
Sondersteuer für die Presse darstellen. Näheres 
unter „Bibliotheken“ 5 2 Z. 3 (Band I S467, 468). 
6. Aufnahme= und Berichtigungszwang. 
Dem tatsächlichen Nachrichten= und Anzeigen- 
Monopol der periodischen Presse wirkt der freilich 
sehr beschränkte Aufnahmezwang entgegen, der — 
wenig praktisch — dem verantwortlichen Redak- 
teur statt dem Verleger gegenüber besteht. Die 
amtlichen Druckschriften und die Korrespondenzen 
sind ausgenommen, 88 12, 13. 
1. Nimmt eine periodische Druckschrift gegen 
Entgelt Anzeigen auf, d. h. Mitteilungen, 
die ihrem Inhalte nach nicht von der Redaktion 
ausgehen, so ist der v. R. verpflichtet, die ihm 
von öffentlichen Behörden zugehen- 
den Bekanntmachungen auf deren Verlangen 
gegen die üblichen Gebühren in eine der beiden 
nächsten Nummern aufzunehmen, 5 10. Die Ver- 
öffentlichung eines Strafurteils bei Beleidigungen, 
StB #5.200, oder eines Urteils nach dem Nah- 
rungsmittel G v. 14. 5. 79 K16, dem Wein G v. 7.4. 
09 532 oder dem Wettbew G v. 7. C. 09 §P23 kann. 
  
  
nach § 10 nur erzwungen werden, wenn sie von 
der Strafvollstreckungsbehörde verlangt wird. 
2. Auf Verlangen einer beteiligten Behörde oder 
Privatperson ist nach § 11 der v. R. verpflichtet, 
eine Berichtigung der in seinem Blatte 
(auch im Anzeigenteile) mitgeteilten Tat- 
sachen ohne Einschaltungen und Weglassungen 
in der nächsten Nummer nach der Einsendung und 
an derselben Stelle abzudrucken, sofern die Be- 
richtigung unterzeichnet ist, keinen strafbaren In- 
halt hat und sich auf tatsächliche Angaben be- 
schränkt. Die Aufnahme erfolgt unentgeltlich, 
soweit die Berichtigung den Umfang der ersten 
Mitteilung nicht überschreitet, darüber hinaus 
gegen die üblichen Einrückungsgebühren. — Es 
handelt sich dabei nicht um ein Preßfehderecht, ein 
Entgegnungsrecht des „Angegriffenen“, denn das 
Recht besteht auch bei günstigen Mitteilungen 
und solchen, die aus anderen Blättern übernom- 
men sind, es versagt gegenüber dem ungünstigen 
Urteil und gibt keine Befugnis zur Rechtfertigung 
oder Erwiderung. Vor allem aber ist die Wahr- 
heit sowohl der ersten Mitteilung als der Berich- 
tigung unerheblich; die richterliche Vorprüfung 
der Wahrheit als Voraussetzung der Aufnahme- 
pflicht (sog. badisches System) ist vom Preßgesetz 
abgelehnt. Es sind deshalb auch Zusätze zur Be- 
richtigung, die die erste Angabe aufrechterhalten, 
unverboten. Danach besteht Zweck und Wert des 
Berichtigungszwanges darin, daß der durch un- 
widersprochene Zeitungsnachrichten entstehenden 
Offenkundigkeit des Mitgeteilten durch Bekundung 
des Widerspruchs entgegengetreten werden kann. 
3. Der Anspruch auf die Aufnahme ist ein 
öffentlich-rechtlicher, weil das Preßgesetz sich mit 
privatrechtlichen Beziehungen überhaupt nicht be- 
faßt loben § 1). Eine Zivilklage findet nicht statt 
(bestritten). Nur im Strafverfahren wegen der 
Verweigerung der Aufnahme kann das Gericht 
die Aufnahme anordnen, sofern ihre Voraus- 
setzungen vorliegen, auch bei Freisprechung des 
Redakteurs, § 19 Nr. 3 Abs 2. Aber Machtmittel, 
die Anordnung durchzusetzen, fehlen. 
#+# 7. Verbot der Berbreitung. Ein Verbot des 
Erscheinens oder der Verbreitung einer im In- 
lande erscheinenden Druckschrift durch die Verw- 
Behörden ist unzulässig, § 1. Dagegen kann nach 
#s 14 der R die fernere Verbreitung einer im 
Auslande erscheinenden periodischen Druckschrift 
auf die Dauer von höchstens zwei Jahren verbieten, 
wenn zweimal innerhalb eines Jahres gegen 
Nummern dieser Druckschrift auf Verurteilung 
gemäß # 41 f StGn, sei es in Verbindung mit 
der Aburteilung einer Person, sei es im objektiven 
Verfahren nach I#§ 477 ff St PO erkannt ist, auch 
bei verschiedenartigen Delikten und ohne Rückfall. 
Das Verbot muß binnen zwei Monaten nach der 
Rechtskraft der letzten Verurteilung ergehen und 
trifft nur die nach dem Verbote erscheinenden 
Nummern, denn es ist geschichtlich der Ueberrest 
des früher zulässigen Verbotes des weiteren Er- 
scheinens (AM freilich RGS 36, 408 f). In Elsaß- 
Lothringen gilt § 14 nicht. Hier kann nach §# 2 
Gv. 8. 8. 98 das Ministerium die Verbreitung jeder 
außerhalb des Reichsgebietes herausgegebenen 
Druckschrift, auch der nichtperiodischen, schlechthin 
ohne Voraussetzung und ohne Zeitgrenze verbieten. 
8 8. Beschlagnahme (JI. Von den strafpro- 
zessualen Sondervorschriften über die Verfolgung
	        
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