Privatunterricht
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8 4. Sachliche Erfordernisse.
I. Preußen. Ueber die Einrichtung des
Pu der HausL und freien Privat L sind natur-
gemäß keine Vorschriften gegeben. An eine
Privatschule wird in sachlicher Beziehung in Preu-
ßen vor allem die Anforderung gestellt, daß sie
„einem wirklichen Bedürfnis entspricht“, und ein
solches verneint das Gesetz selbst für die „Orte,
wo für den Unterricht der schulpflichtigen Jugend
durch die öffentlichen Sch ausreichend gesorgt ist".
(Staats Min Instr 8 1.) Wegen mangelnden Be-
dürfnisses (vgl. UBl 1864, 590; 1868, 634;
1869, 179; 1872, 37) kann also die Genehmigung
zur Errichtung einer Privat Sch nur versagt wer-
den, wenn die Sch ausschließlich nach dem Lehr-
plan einer Volks Sch arbeiten will. Der Satz
enthält aber nicht neues Recht, sondern ist ein
Ausdruck des dem &6 II 12 ALsR zugrunde liegen-
den Gedankens, der einen die örtliche Volks Sch
beeinträchtigenden Wettbewerb der „Winkel-
schulen“ verhindern wollte (vgl. Verwaltungs-
archiv 17, 411). Aus diesem Grunde ist a 22 VU
nicht geltendes Recht (aM Rintelen 284). Dem
Gesuch um Erlaubnis zur Anlegung oder Fort-
setzung einer Privatschule ist auch der Einrichtungs-
plan beizufügen (5 4 Staats Min Instr, § 3 I1 12
ALR). Der Lehrplan muß, wenn es sich um den
Ersatz der öffentlichen Volks Sch handelt, voll-
kommen dem der letzteren entsprechen (U#Bl
1870, 436).
II. Bayern, Sachsen, Baden.
In Sachsen darf die Genehmigung zur
Errichtung solcher Privat Sch, deren Benutzung
vom Besuch der Volks Sch befreien soll, nicht ver-
sagt werden, „wenn kein gegründetes Bedenken
erhoben werden kann“ gegen den Einrichtungs-
plan oder den Nachweis über die zur Erhaltung
der Anstalt verfügbaren Mittel. In Bayern
sind alle „Unterrichts-Unternehmungen“ geneh-
migungspflichtig, in denen „zur Erreichung eines
bestimmten Lehrziels der Unterricht in einem
schulmäßigen Betriebe erteilt wird, gleichviel ob
zum Ersatz für den Besuch von öffentlichen An-
stalten oder nicht". Die Begründer und Ueber-
nehmer müssen den Besitz der erforderlichen Mittel
nachweisen. Der Name der Anstalt darf nicht irre
führen. Versagung der Genehmigung ist zulässig,
wenn vorhandene Anstalten dem Bedürfnis ge-
nügen und „eine Mehrung im allgemeinen In-
teresse nicht wünschenswert ist". In Baden
darf Privatpersonen wie Vereinigungen die Er-
richtung von Lehranstalten (für Nicht-Erwachsene),
wenn sie a) dem Unterricht von Volks= und Fort-
bildungsschulpflichtigen dienen oder die Ziele von
b) Hochschulen, c) höheren Lehranstalten sowie
öffentlichen Fach Sch (ausg. die zur Ausbildung
in einzelnen Zweigen der Kunst oder in beson-
deren Fertigkeiten) verfolgen oder weiter ausge-
stalten oder d) die Ausbildung von Lund Lehrerin-
nen zum Zweck haben, dann versagt werden, wenn
der Lehrplan etwas den guten Sitten zuwider-
laufendes oder den Staat gefährdendes enthält,
oder die Einrichtungen Nachteile für Gesundheit
oder Sittlichkeit der Schüler befürchten lassen,
oder zu c) nicht die Erreichung des Ziels der
öffentlichen Bildungsanstalt sichergestellt ist, oder
zu b) die finanzielle Sicherstellung nicht genügt,
oder zu b und d) das Bedürfnis zur Errichtung
nicht als nachgewiesen gelten kann. Für alle an-
deren ständigen, schulähnlichen Veranstaltungen
ist nur eine Anzeige von der Errichtung vorge-
schrieben.
5. Staatsanssicht.
I. Preußen. Die Ausübung der staatlichen
Aufsicht ist Sache der Bezirksregierung (5 18
Reg Instr), die sich ihrer Organe (Orts= und Kreis-
Sch Inspektoren, Landräte) bedienen kann (U #l
1871, 624), aber ohne Uebertragung gesetzlich ge-
ordneter Befugnisse (OVGG 11, S 401 und 402).
Auch die Ortspolizeibehörde darf herangezogen
werden (OVG 49, 211 VSchrch 11, 3), die im
übrigen selbständig nur einzuschreiten hat, wenn
die allgemeinen sicherheitspolizeilichen Voraus-
setzungen (§ 10 II 17 ALR) erfüllt sind oder das
Eingreifen der Sch Aufsichtsbehörde zu spät kom-
men würde (OG 52, 221).
Die Aufgabe und die sachliche Zuständigkeit der
Sch Aufsichtsbehörden auf dem Gebiet des Pu
weicht inhaltlich von ihrer allgemeinen nicht ab
(OV 23, 96); sie ist also mit der Erteilung
des Erlaubnisscheins nicht erschöpft und dadurch
erschwert, daß die zu beaufsichtigenden Lehrkräfte
nicht öffentliche Beamte sind. Wegen Handhabung
der Sch-zucht oder des Inhalts eines Sch Zeugnisses
kann der Leiter einer Privat Sch nicht zur Verant-
wortung vor dem Ziovilrichter gezogen werden
(KG. in Ug#Bl 1907, 792). Soweit der PuUl den
Unterricht in der öffentlichen Volks Sch ersetzen
soll, hat die staatliche Aufsicht eine gewisse Ge-
währleistungs-Pflicht zu erfüllen. Dies geschieht
gegenüber Haus L und freien Privat L dadurch,
daß der Orts SchInspektor von Zeit zu Zeit die
Kinder prüft (uU.Bl 1859, 241). Bedenken sitt-
licher, religiöser und politischer Natur, welche sich
gegen die Wirksamkeit freier Privat L erheben, soll
die Orts Sch Behörde durch die Ortspolizeibehörde
prüfen lassen (5+ 17 Staats Min Instr). Hinsichtlich
der Privat Sch muß das Augenmerk darauf ge-
richtet werden, daß der Sch Besuch ein regelmäßi-
ger ist (Führung von Versäumnislisten: UgBl
1884, 834), die Unterbringung der Schüler (Klas-
senzimmer, bei Erziehungsanstalten Wohn= und
Schlafräume) ihre Gesundheit und Sittlichkeit
nicht gefährdet, die Sch Zucht angemessen gehand-
habt wird und die Auswahl der Lehrkräfte und
der Lehrmittel, die Lehrmethode, der Gang des
Unterrichts die Erreichung des in dem genehmig-
ten Lehrplan vorgesehenen Lehrziels verbürgen.
Die Privat Sch Vorsteher müssen der OrtsSch-
Behörde Anzeige erstatten, wenn sie Lehrkräfte
entlassen oder neue annehmen, wenn ihre Lehr-
kräfte sich sittlicher Verfehlungen schuldig gemacht
haben (U Bl 1896, 739), wenn sie öffentliche
Prüfungen veranstalten, endlich auch von der
Absicht die Privat Sch aufzugeben, und zwar
Phntonate vorher unter Rückgabe des Erlaubnis-
eins.
Eine Verpflichtung der privaten Lehrpersonen
zur Teilnahme an den amtlichen Kreis LKonferen-
zen besteht nicht (U.3Bl 1901, 793).
Die Mittel der Sch Aufsichtsbehörde ihre Ent-
schlüsse durchzusetzen sind aus dem Grunde be-
schränkte, weil eine gesetzliche Strafandrohung für
den Fall der Verletzung der Vorschriften des
AdLn und der KabO von 1834 fehlt (OBG 49,
211). Erklärt sie aber den Pü, den volksschul-
pflichtige Kinder erhalten, für ungenügend (& 43
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