Privilegium — Provinz (I. Preußen)
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eine Zustimmung derjenigen, zugunsten derer die
Verpflichtungen bestehen, erforderlich. Der Un-
tergang der gewährten Berechtigung durch non
usus findet insoweit statt, als der Nichtgebrauch
für Rechte des gleichen Charakters ein Erlöschungs-
rund ist, keinesfalls aber bei solchen, welche der
rivilegierte aus Gründen des öffentlichen Rechts
auszuüben verpflichtet ist. Und dasselbe gilt auch
von der usucapio libertatis und der Acquisitiv-
verjährung mit der Modifikation, daß beides (so
z. B. nach kanonischem Rechte) selbst in betreff
gewisser öffentlich-rechtlicher Befugnisse statthaft
sein kann.
Für das staatliche Recht s. zur Beendigung der
P. überhaupt u. a. Gierke 306 ff, für das kirch-
liche Recht Hergenröther-Hollweck 143 f und
Hinschius 817 ff.
Duellen: 1. Aus dem römischen Recht: 1.
1—3 D. de const. princ. I, 4; I. 2—5 C. fl contra jus I,
22; viele Einzelstellen in den Lehrbüchern des Pandekten-
rechts, so J. A. Seufsert, 1 20 f; Arndts, 1 23, und in Heu-
mann---Seckel, Handlex. 3. d. Quellen d. röm. Rechts", 1907,
s. v. priv. 2. Aus dem kanonischen Recht: tit. de
privilegils etc. X 5, 33, VIo 5, 7, in Clement. 5, 7,
in Extrav. Joann. XXII. tit. 11, in Extrav. Ccomm., V,
7. Einzelanwendungen in den Lehrbüchern des katholischen
Kirchenrechts, s. u. Lit. 3. Aus dem Staatsrecht:
Wahlkapitulationen, schon der Entw v. 1711, dann 1790/92
a 744,5# 8 # 1, 2, a9 # c#; einzelne deutsche V1Ü, so Würt-
temberg 1819 K 31, Hessen 1820 a 104, Oldenburg 1852
à 58, Braunschweig 1832 8 10, Altenburg 1831 51 59, Koburg-
Gotha 1852 1K 57, Reuß 1. L. 1852 1 25; Reichsverfassung:
vacat; dagegen einzelne landes- und reichsrechtliche Verw-
Gesetze: Steuergesetze, Gewerbeordnung. 4. Aus dem
neueren bürgerlichen Recht: Preuß. ALK Einl.
54 54—72; BGBrkeine allgemeine Bestimmung, aber Rege-
lung von einzelnen P., worüber Quellenangaben bei Wind-
scheid-Kipp 1 1 136 a a. E.
Kiteratur: 1. Im allgemeinen und zum
bürgerlichen Recht: Schlayer, Darst. und Lehre
v. d. P. in 8 f. Ziv. R. und Proz., N. F. XII (1855), 58 ff;
Eccius, Art. P. in Holtzendorff RL 3, 185 ff Förster-
Eccius, Preuß. Priv. R. 15 (1867), 76 Dernburg,
Preuß. Priv. R. 14 (1884), 548 23 ff; Pand., I, 1 85; Bürg.
R. I2 (1906), 1 27; v. Gierke, Deutsch. Priv. R. 1
(1885), 5 34; Windscheid-Kipyp, Pand. I## (1906),
# 135—136 a und die dort Gen.; Stammler, Priv.=
und Borrechte (Rekt.-R.), 1903. 2. Zum Staats- und
Verwaltungsrecht: v. Gerber, P. Hoheit (1871),
Ges. Abhdl. 1 Nr. 13 (1872); Derselbe, Grundzüge
d. Staats R. (1880), S 73, 148, Anm. 5, 174, Anm. 5, 205 fj;
Zöpfl, Gem. deutsch. Staatsr. II5 (1863) 1 481 vb. 1
5 273 Z. 4.; G. Schulze, Preuß. Staatsr. III 1 169;
G. Meyer--Anschütz 68 178, 2; v. Martitz, Der
staatl. verl. Ehrentitel in Festgabe f. O. Gierke 1 (1910),
pas., insbes. 187 f und die dort Gen.; Kormann, Sost.
d. rechtsgeschäftlichen Staatsakte (1910), 120 ff Fleiner,
Instit. d. deutsch. BerwR. (1912), 122 ff. 3. Zum Kir-
chenrecht: Hinschius, K8.. III, 1 193; Fried-
berg, Lb. d. KMN.“ (1909) ## 97, II; Kath. Verf.: Phil-
lips, K. V # 206—209; Schulte, 1. Tl. Quellen,
4 32, 33: Scherer, H# I. ## 37: Hergenröther-
Hollweck#= (1905), S 141—1446; Sägmüller, Lb.
(l9o0), 1 31. Hinschius-Kahl.
rostitution
1 Sittenpochrer Korrigendenwesen
Provinz
1 Behörden (Band 1 S 394)
I. Preußen
#si 1. Geschichtliche Entwicklung. # 2. Provinzialbezirke.
#m3. Oberpräsident. # 4. Provinzialrat. # 5. Provinzial-=
verband. a) Grundlagen der Provinzialverfassung. d) Aus-
gaben der Provinzialverwaltung. c) Provinzialhaushalt und
Provinzialabgaben. 1 6. Crgane des Provinzialverbandes.
* 7. Aufsicht über die Provinzialverwaltung
§# 1. Geschichtliche Entwicklung. Die P. sind
Bezirke (52) und bilden, wie die Kreise (VI, gleich-
zeitig Bezirke der staatlichen Verwaltung mit den
Organen der Oberpräsidenten (5 3) und Pro-
vinzialräte (§ 4), und Verbände für die Verwal-
tung der eigenen Angelegenheiten (§ 5). Auch sie
waren zuerst Verw Bezirke und sind erst später zu
Verbänden (Verbänden höherer Ordnung oder
erweiterten Kommunalverbänden) gemacht wor-
den. Sie entstanden erst zu Anfang des vorigen
Jahrhunderts, indem durch V v. 30. 4. 1815
## 1, 2 als VerwBezirke des Oberpräsidenten
(§ 3) zehn P. gebildet wurden. Zu Verbänden
sind die P. durch das G wegen Anordnung von
P. Ständen v. 5. 6. 1823 geworden, die diesen die
Beschlußnahme über Kommunalangelegenheiten
unter Königlicher Genehmigung und Aussicht
überließ. Außerdem sollten die P. Stände Bitten
und Beschwerden in Beziehung auf das Wohl
und Interesse der P. vorbringen dürfen, Gesetze,
die nur die P. angingen und, solange keine allge-
meinen ständischen Versammlungen stattfänden,
die Entwürfe solcher allgemeinen Gesetze, die
Veränderungen in Personen= und Eigentums-
rechten und in den Steuern zum Gegenstande
hätten, soweit sie die P. betrafen, beraten. Diese
Mitwirkung bei der Gesetzgebung ist im konstitu-
tionellen Staate fortgefallen, nur die Begutach-
tung provinzieller Gesetze kommt für die P. Land-
tage noch in Betracht, deren Einholung in der
Regel erfolgt, im Einzelfalle jedoch von der Staats-
regierung bestimmt wird.
Die Zusammensetzung der P. Landtage wurde
dann in den Jahren 1823/25 durch Provin-
zialordnungen für die einzelnen P. ge-
regelt. Sie beruhte auf der Gliederung in die
drei Stände des Grundadels (der Besitzer land-
tagsfähiger Rittergüter), der Bürger in den
Städten und der Bauern in den Landgemein-
den. Die Standesherrn (in Brandenburg und
Sachsen auch die Domkapitel) bildeten in
den P., in denen sie vorhanden waren, einen
besonderen (ersten) Stand mit Virilstimmberech=
tigung. Der Vorsitzende (Landtagsmarschall) wurde
vom König ernannt. Der Wirkungskreis
umfaßte im allgemeinen das Landarmenwesen,
die Blinden= und Taubstummenanstalten, P.Feuer-
sozietäten, P. Straßen und Landesmeliorationen.
Ein Recht zur Erhebung von Abgaben, wie es den
Kreistagen gewährt war, besaßen die P. Stände