Provinz (I. Preußen — II. Hessen)
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Posen & 1 Abs 6). Außerdem ist, abgesehen von
Hannover, der Landeshauptmann von Amts
wegen Mitglied des P. Ausschusses. Die Mit-
glieder können aus Gründen, welche die Entfer-
nung eines Beamten aus dem Amte rechtfertigen
(Disziplinar G v. 21. 7. 52 §5 2), im Wege des Dis-
ziplinarverfahrens ihrer Stellen enthoben wer-
den (ProrO ### 45—57).
Der P. Ausschuß hat die Beschlüsse des Landtags
vorzubereiten und auszuführen, die Angelegen-
heiten des P. Verbandes, insbesondere dessen
Vermögen und Anstalten zu verwalten, die un-
teren P. Beamten zu ernennen und zu beauf-
sichtigen und erforderte Gutachten abzugeben
(ProvO ## 58—61).
Neben dem Ausschusse können für die unmittel-
bare Verwaltung und Beaussichtigung einzelner
Anstalten, sowie für die Wahrnehmung einzelner
Angelegenheiten besondere Kommissionen
oder Kommissare vom Landtag bestellt wer-
den (Prov O 5 99).
IIII Zur Wahrnehmung der laufenden Ge-
schäfte der kommunalen P. Verwaltung werden
vom P. Landtage Landesdirektoren auf
sechs bis zwölf Jahre gewählt. Sie führen, ab-
gesehen von Hannover, den Titel Landeshaupt-
mann und haben den Rang der Räte dritter
Klasse. Ihre Wahl bedarf der Bestätigung des
Königs. Ein Stellvertreter des Landesdirektors
wird gzom P. Ausschusse bestellt (ProvO ##f 87
is 89).
Der Landesdirektor vertritt den P. Verband
nach außen, auch wo die Gesetze eine Spezialvoll=
macht verlangen (ProvO F## 90—92). — In
Hannover werden die laufenden Geschäfte
der P.Verwaltung von einem Kollegium wahr-
genommen, das aus dem Landesdirektor und
zwei Schatzräten besteht (Hann. ProvO d## 87—92.
Zur Mitwirkung in der kommunalen Verwal-
tung können dem Landesdirektor obere Be-
amte (Landesräte, Landesbauräte, Landes-
syndiken) zugeordnet werden. In Hannover füh-
ren sie den Titel „Schatzräte“. Abgesehen von
Hannover (Abs 2) haben sie nur beratende Stim-
me. Diese sowie die für die einzelnen Anstalten
berufenen Beamten und die Bureau= und Kassen-
beamten sind mittelbare Staatsbeamte. Ihre
Verhältnisse werden durch Reglements geordnet
(ProvO §§ 93—98).
# 7. Aufsicht über die Provinzialverwaltung.
Die Aufsicht über die P. Verwaltung wird vom Ober-
präsidenten, in höherer Instanz von dem Min Inn
geübt. Die Aufsicht bezweckt, daß die Verwaltung
den Gesetzen gemäß geführt und in geordnetem
Gange erhalten wird. Die Aufsichtsbehörde kann
dem gemäß über alle Gegenstände der Verwaltung
Auskunft verlangen und Geschäfts= und Kassenre-
visionen an Ort und Stelle veranlassen. Der Ober-
präsident kann an den Beratungen des P.Ausschus-
ses und der P. Kommissionen selbst oder durch einen
Vertreter teilnehmen. Einzelne Beschlüsse des
Landtags wie die über den Erlaß von Staaten und
Reglements, die Mehr- oder Minderbelastung ein-
zelner Teile der P., die Aufnahme von Anleihen,
die Belastung durch Beiträge über 25 v. H. der
direkten Staatssteuern, die Neubelastung ohne
gesetzliche Verpflichtung über fünf Jahre hinaus
bedürfen der ministeriellen, teils auch der landes-
herrlichen Bestätigung. Beschlüsse des Landtags,
des Ausschusses oder einer Kommission, die deren
Befugnisse überschreiten, oder die Gesetze ver-
letzen, kann der Ob #r beanstanden; hiergegen
ist die Klage beim O zulässig.
Gesetzliche Leistungen, die der P. Verband un-
terläßt oder verweigert, werden auf Verfügung
des Ob Pr in den Haushaltsetat eingetragen. Die
äußerste Aufsichtsmaßregel bildet die Auflösung
des P. Landtags, die aus Antrag des Staats Min
durch Jal Verordnung erfolgt (ProvO t88z 114
i
Literatur: 7 Bezirk, Preußen; besonders Schön,
Recht der Kommunalverbände 1897, 1#85l 120—140, 141.
Graf Hue de Grais.
II. Bessen
# 1. Entstehung und Einrichtung der Provinzen im all-
gemeinen. 1 2. Der Provinzialtag. 1 3. Der Provinzial-
ausschuß. 1 4. Die Provinzialkommissionen. 3 6. Der
Provinzialdirektor. 1 6. Die Staatsaussicht.
s# 1. Entstehnug und SEimrichtung der Provin-
en im allgemeinen. Das Großherzogtum ist
eit den umfangreichen territorialen Veränderun-
en, welche der hessische Staat in den beiden ersten
Fobrpehnten des 19. Jahrhunderts erfuhr (1816
Erwerb von Rheinhessen), in 3 P. (Starkenburg,
Oberhessen, Rheinhessen) eingeteilt. Diese waren
ursrünglich, ebenso wie die Kreise INI, lediglich
staatliche Verw Bezirke, bis sie durch das Gesetz,
betreffend die innere Verwaltung und die Ver-
tretung der Kreise und der P., v. 12. 6. 74,
— nunmehr ersetzt durch G. v. 8. 7. 1911, Reg Bl
307 — zugleich die Eigenschaft von kommunalen
Selbstverwaltungskörpern mit der
Befugnis zur selbständigen Verwaltung bestimm-
ter, ihnen vom Staate als „eigen“ zugewiesener
Angelegenheiten erhielten. Ihre Organe sind
der P.Tag, der P. Ausschuß und, als Vorsitzender
dieser beiden Kollegien, der P. Direktor. Die
Zuständigkeiten dieser Organe auf dem Gebiete
der kommunalen P. Verwaltung korrespondieren
in allen wesentlichen Punkten mit denjenigen des
Kreistags, des Kreisausschusses und des Kreisrats
auf dem Gebiete der kommunalen Kreisverwal-
tung. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der
Feststellung und des Vollzuges des Provin-
zialhaushaltsetats (a 79).
# 2. Der Provinzialtag.
I. Zusammensetzung. Der P.Tag be-
steht aus einer nach der Bevölkerungsziffer sich
richtenden Zahl von P.Tagsabgeordneten. Diese
werden von dem Kreistage eines jeden zur P.
gehörigen Kreises aus den zum Kreistagsabgeord-
neten wählbaren Kreisangehörigen — und zwar
je einer auf 10 000 Kreiseinwohner und auf den
etwaigen Ueberschuß von 5000 Seelen — gewählt.
Die Wahlen erfolgen auf 6 Jahre; alle 3 Jahre
scheidet vorbehaltlich bestimmter Ausnahmen die
Hälfte der P.Tagsabgeordneten aus und wird
durch Ergänzungswahlen ersetzt. Die Abgeord-
neten versehen ihr Amt als Ehrenamt ohne An-