Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Rechtshilfe (Inland) 
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dium des Verfahrens in bürgerlichen Rechts- 
streitigkeiten und Strafsachen R. zu leisten (§5 157 
G0,) ), einerlei, ob das Ersuchen von einem Ge- 
richte oder einem einzelnen Richter (dem Unter- 
suchungsrichter, dem beauftragten Richter des 
8 350 B8 PO) ausgeht. 
Die Leistung der R. gehört ausschließlich zur 
Zuständigkeit der Amtsgerichte. 
Das schließt aber natürlich nicht aus, daß seitens 
der höheren Gerichte durch Abgabe von Urkunden, 
Akten und Ueberführungsstücken auch eine Art 
von Hilfe geleistet wird. Das Ersuchen eines im 
Instanzenzug vorgesetzten Gerichtes (auch dessen 
beauftragten Richters, nicht aber des Unter- 
suchungsrichters), auch wenn es als Erstinstanzge- 
richt fungiert, darf nie abgelehnt werden. Die Er- 
suchen aller nicht vorgesetzten Gerichte sind ab- 
zulehnen, wenn dem ersuchten Gerichte die 
örtliche Zuständigkeit mangelt oder die vorzu- 
nehmende Handlung nach dem Rechte des ersuch- 
ten Gerichtes verboten ist (SI 159 GV0). 
Die örtliche Zuständigkeit mangelt, wenn 
der Ort, dessen Zugehörigkeit zum Bezirke des ersuchten 
Gerichtes vom ersuchenden Gerichte vorausgesetzt wurde, 
zu einem anderen Bezirke gehört. Bei Bernehmung einer 
Person (JI8 1912, 305, Nr. 25, DJ.Z 1912, 505) ist ihr 
Aufenthalt außerhalb des Gerichtsbezirkes kein Grund zur 
Ablehnung, wenn ein Anlaß besteht die Einvernahme gerade 
an diesem Gerichtssitze zu machen (3. B. bei Gegenüberstellung 
mit einer im Gerichtsbezirke wohnenden Person). Ein Sach- 
verständiger muß vernommen werden, sofern sich nur der zu 
begutachtende Gegenstand im Bezirke befindet (8 7, 517). 
Das Berbot der vorzunehmenden Handlung versteht sich 
nur für das abstrakte Berbotensein (z. B. Bernehmung des 
gesetzlichen Bertreters als Zeuge, Mugdan 2, 393) oder 
wenn das Gericht, z. B. in Elsaß-Lothringen, wo die Aufnah- 
me vollstreckbarer Urkunden den Notaren I7| vorbehalten ist, 
die Handlung nicht vornehmen darf (R GZ# 71, 303; DJ8 
10, 190; 83 11, 301). Gegen ein Ersuchen das mit Einn 
und Zweck prozeßrechtlicher Bestimmungen nicht harmoniert, 
kann nur im Wege der Dienstaufsicht Abhilfe verlangt wer- 
den (8 7, S 271, 347), wenn man nicht so argumentieren 
will, es liege dann gar kein Fall von R. vor, wenn das er- 
suchende Gericht die Handlung ebensogut vornehmen kann 
(3 7, 458; RG Z 25, 364; 67, 419; REGt 26, 338; Mugdan 
OB#. s, 2; 5, 261; 6, 497; 8, 1, anders Gruchot 50, 1046 
für das Ersuchen des Patentamtes I71 in Berlin Zeugen 
zu vernehmen). 
Das örtlich zuständige Amtsgericht darf, wenn 
die Vornahme einer Handlung verlangt wird, für 
welche die ordentlichen Gerichte überhaupt zu- 
ständig sind, weder wegen eigener sachlicher Un- 
zuständigkeit, noch wegen sachlicher Unzuständig- 
keit des ersuchenden Gerichtes die Vornahme der 
Handlung ablehnen (Begründung S 191, 192; 
RG3 67, 419; JW. 1908, 683 1"; Mugdan OLG 
6, 496; anders 4, 219; 6, S 495, 498). Ob wieder- 
holte Einvernahme eines Zeugen erforderlich ist 
hat das ersuchte Gericht nicht zu prüfen (3 7, 134). 
Das Ersuchen muß allen gesetzlichen Erfordernissen 
(z. B. beim Beweisbeschluß) entsprechen (JW. 
99, 826; Gruchot 44, 1187; Mugdan OL 1, 175). 
Wenn ein Zeuge vor dem um R. ersuchten Rich- 
ter das Zeugnis, wenn auch ohne gesetzlichen 
Grund, verweigert, so hat das ersuchte Gericht 
nicht über die Weigerung zu entscheiden (83 9, 144). 
Wird ein Ersuchen von Gericht zu Gericht ab- 
gelehnt oder wird dem Ersuchen dem & 159 GVG 
zuwider stattgegeben, so haben das ersuchende 
  
Gericht und die Beteiligten die Beschwerde 
an das dem ersuchten Gerichte vorgesetzte Ober- 
landesgericht, das ohne vorgängige mündliche 
Verhandlung entscheidet. Eine Anfechtung durch 
weitere Beschwerde findet nur statt, wenn sie 
die R. für unzulässig (nicht für unbegründet, JW. 
97, 5282) erklärt und das ersuchende sowie das 
ersuchte Gericht den Bezirken verschiedener Ober- 
landesgerichte angehören (5+160 GVG). Auf die R., 
die einem Gerichtsschreiber obliegt (J162 GV), 
bezieht sich diese Beschwerde nicht (Z 2, 598). 
III. Ladungen, Zustellungen und Voll- 
streckungen, auch wegen Geldstrafen, er- 
folgen ohne R. direkt (R #25, 364; Röst 
26, 338; JW. 90, 297), ebenso Vollstreckung der 
Haftbefehle, Vorführungen, Beschlagnahmen und 
Durchsuchungen, worum die PolBehörden un- 
mittelbar angegangen werden (JIW 95, 981). Beie 
Ablehnung des Ersuchens geht die Beschwerde 
an die vorgesetzte Dienstaufsichtsbehörde. Bei 
Erteilung eines Auftrages an einen Gerichtsvoll- 
zieher kann die Mitwirkung des Gerichtschreibers 
in Anspruch genommen werden (5.162 GB#). 
Bei Freiheitsstrafen, zu denen auch 
Ordnungsstrafen gehören, nicht aber Freiheits- 
strafen als Zwangsmittel, kann die Strafvoll- 
zugsbehörde die R. des Bundesstaates in Anspruch 
nehmen, in dem der Verurteilte sich gerade auf- 
hält. Die R. kann durch Vollstreckung der Strafe 
oder durch Ablieferung (im Gegensatz zu „Aus- 
lieferung“ s# aus dem Auslande) geleistet werden. 
Auf die Vollstreckung im Staate des Aufenthaltes 
hat aber der Verurteilte ein Recht, wenn die 
Freiheitsstrafe die Dauer von sechs Wochen nicht 
übersteigt (5+ 163 GVG). Hat der Verurteilte 
aus dem gleichen Urteil mehrere Freiheitsstrafen 
verschiedener Art zu verbüßen, so kommt die Ge- 
samtdauer bei Berechnung der sechs Wochen nicht 
in Betracht. Sind aber mehrere Strafen gleicher 
Art aus verschiedenen Urteilen zu vollstrecken, so 
sind sie zusammenzurechnen. Wenn nur noch ein 
Rest zu vollstrecken ist, weil etwa Strafunter- 
brechung oder vorläufige Entlassung gewährt war, 
so kommt die gesamte Dauer der Strafe bei der 
Berechnung in Betracht. Da es als unbillig und 
ungerecht anzusehen wäre, wenn bei Gesamt- 
strafen (5+79 RöStEn, 492 St PO), deren Teile 
von Gerichten verschiedener Staaten erkannt sind, 
die Vollstreckung auseinandergerissen würde, so 
hat der BR am 11. 6. 85 (R.3Bl 270, Pr M Bl 
309) „Grundsätze“ hierüber bestimmt, die aber 
das Begnadigungsrecht [nicht berühren. Danach 
hat die Vollstreckung der Strafe von demjenigen 
Staate auszugehen, dessen Gericht dieselbe als 
Gesamt= oder als Zusatzstrafe festgesetzt hat. Auf 
Ersuchen dieser Behörde hat der Staat die Voll- 
streckung zu übernehmen, der nach dem Gesamt- 
betrage der für verwirkt erachteten Einzelstrafen 
— ungleiche Strafarten nach dem Verhältnis des 
21 Sten reduziert — an der Gesamtstrafe am 
höchsten beteiligt ist. Der Vollzug einer neben einer 
Gesamtstrafe verhängten stellvertretenden Frei- 
heitsstrafe soll regelmäßig von dem die Gesamt- 
strafe vollstreckenden Staate erfolgen (Pr JMBl 
1900, 431; 1901, 99; auch wegen der Kosten). 
Um die Herbeiführung der Strafvoll- 
streckung soll nach § 164 GV die Staats- 
anwaltschaft des Aufenthaltsbezirkes ersucht wer- 
den. Es wird aber in der Praxis sowohl von den
	        
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