Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Rechtshilfe (Bürgerliche Rechtssachen) 221 
  
Deutsche sind. Die Befreiung von der Kautions- 
pflicht tritt dann nicht ein, wenn nach den Ge- 
setzen des Staates, dem der Kläger angehört, in 
bezug auf die Verpflichtung Sicherheit zu leisten 
ein Unterschied zwischen Einheimischen und Frem- 
den nicht gemacht wird, gleichwohl aber ein 
Deutscher, wenn er den Ausländer in dessen 
Heimatsstaat in einem gleichen Prozesse belangen 
würde, nach dem ausländischen Gesetze zu einer 
Sicherheitsleistung verpflichtet sein würde (Rc# 
51, 1). Nach a 17 Haager Prozeßabkommen sind 
die Angehörigen der Vertragsstaaten, sofern sie in 
einem von diesen ihren Wohnsitz haben, nicht bloß 
von der Prozeßkostensicherheit sondern auch von 
dem Gebührenvorschuß befreit. Der § 85 GKG 
ist deshalb unanwendbar (8Z 11, 97; 12, S 458, 
615). Für Rußland, Frankreich, Italien, Däne- 
mark galt schon früher Befreiung. Engländer sind 
zur Sicherheit verpflichtet (REZ 38, 403; Z 8, 
493; 10, 143), ebenso Türken (JW. 1901, 141; 
Z 16, 288) und die nicht dem Rumänischen Staats- 
verbande angehörigen Juden (Heß, Rspr. 5, 441). 
Auch die Angehörigen der Nordamerikanischen 
Union sind kautionspflichtig (Z 19, 262). Da die 
meisten Kantone der Schweiz an der auf dem 
sog. Domizilprinzip beruhenden Prozeßkaution 
festhalten, hat das Haager Abkommen eine Be- 
vorzugung der Ausländer vor den Schweizer 
Bürgern herbeigeführt (3 12, 146). 
II. Die Bestimmungen (5§5 114 ff 8P, 5+ 14 
FG) über das Armenrecht stehen im Zu- 
sammenhange mit der Prozeßkostenkaution (1), 
insofern die Bewilligung des Armenrechts die Be- 
freiung von der Sicherheitsleistung für die Pro- 
zeßkosten in sich schließt. Das Haager Prozeßab- 
kommen bestimmt in a 20, daß die Angehörigen 
jedes Vertragsstaates zum Armenrecht in allen 
anderen Vertragsstaaten wie eigene Staatsange- 
hörige zuzulassen sind. Sie müssen eine Be- 
scheinigung des Unvermögens ausgestellt von der 
Behörde ihres gewöhnlichen Aufenthaltsortes oder 
in Ermangelung eines solchen von der Behörde 
des derzeitigen Aufenthaltsortes vorlegen. Ge- 
hören die Behörden einem Vertragsstaate nicht 
an und stellen sie eine solche Bescheinigung nicht 
aus, so genügt die Bescheinigung durch den diplo- 
matischen oder konsularischen Vertreter des Landes, 
dem der Ausländer angehört. Hält sich der An- 
tragsteller nicht in dem Lande auf, in dem das 
Armenrecht nachgesucht wird, so ist die Be- 
scheinigung von dem diplomatischen oder kon- 
sularischen Vertreter des Landes, in dem die Ur- 
kunde vorgezeigt werden soll, zu beglaubigen. 
Die Behörde, die das Armenrecht bewilligt, darf 
die Bescheinigung nachprüfen. Die Bestimmungen 
des Haager Prozeßabkommens über die Armen- 
rechtsbewilligung sind für einen in Nordamerika 
wohnenden Deutschen, obwohl die Union nicht 
zu den Vertragsstaaten gehört, der Verallge- 
meinerung fähig (OL#Dresden in Z 19, 277). 
III. Zustellungen im Auslande sollen 
nach & 199 ZPO mittels Ersuchens der zustän- 
digen Behörde des fremden Staates oder des 
in diesem Staate residierenden Konsuls oder Ge- 
sandten des Reichs erfolgen. Zustellungen an 
Deutsche, die das Recht der Exterritorialität (7) 
genießen, erfolgen, wenn sie zur Mission des 
Reichs gehören, mittels Ersuchens des RK, wenn 
sie zur Mission eines Bundesstaates gehören, 
  
  
mittels Ersuchens des Min der auswärtigen An- 
gelegenheiten dieses Bundesstaates. Zustellungen 
an die Vorsteher der Reichskonsulate erfolgen 
mittels Ersuchens des RK (5 200 8 PO). Die für 
Zustellungen erforderlichen Ersuchungs- 
schreiben werden von dem Vorsitzenden des 
Prozeßgerichts erlassen. Die Zustellung wird durch 
das schriftliche Zeugnis der ersuchten Behörden 
oder Beamten, daß die Zustellung erfolgt sei, nach- 
gewiesen (5 202 8PO). a l bes Haager Prozeß. 
abkommens schreibt vor, daß das Ersuchsschreiben 
von dem Konsul des ersuchenden Staates an die 
von dem ersuchten Staate allgemein zu bezeich- 
nende Behörde weiterzugeben sei. Für das 
Deutsche Reich ist durch § 1 des A zum Haager 
Prozeßabkommen der Landgerichtspräsident als 
die zuständige Behörde bestimmt, die solche Zu- 
stellungen durch den Gerichtsschreiber des Amts- 
gerichts, in dessen Bezirk die Zustellung erfolgen soll, 
zu vermitteln hat. Dänemark, Frankreich, Schwe- 
den, Spanien, Italien und Rußland haben inzwi- 
schen ihre Empfangsbehörden für Zustel- 
lungen bezeichnet. Der Konsul [NIl kann auch stets 
nach a des Abkommens Zustellungen an Reichsan- 
gebörige ohne Zwang selbst vornehmen lassen. Der 
achweis der Zustellung erfolgt entweder durch 
ein mit Datum versehenes und beglaubigtes Emp- 
fangsbekenntnis oder durch ein Zeugnis der Be- 
hörde des ersuchten Staates, aus dem sich die Tat- 
sache, die Form und die Zeit der Zustellung ergibt. 
Jeder Vertragsstaat kann in einer an den anderen 
Vertragsstaat gerichteten Mitteilung verlangen, daß 
der Zustellungsantrag auf diplomatischem 
Wege an ihn gelange. Davon hat bis jetzt aber 
nur Rumänien und Portugal Gebrauch gemacht. 
Zwei Vertragsstaaten können auch einen 
unmittelbaren Verkehr ihrer beider- 
seitigen Behörden vereinbaren. Dies ist geschehen 
für das Deutsche Reich mit der Schweiz (Röl 
1879, 6; 1910, 674), mit Dänemark (Rol 1910, 
831), Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Nor- 
wegen, Schweden und mit Oesterreich-Ungarn 
(Böhm-Delius“ 142). Für Ungarn hat der direkte 
Verkehr jedoch Schwierigkeiten durch die Sprach- 
verschiedenheit. Außerdem haben die preußischen 
Grenzbehörden direkten Verkehr mit den russischen 
Behörden (Pr. GS 1879, 138; 1884, 72; 1893, 
83; Pr. JMl 1879, 474). 
Für die Zustellungen dürfen Gebühren von 
den Vertragsstaaten nicht erhoben werden 
(a 7 Abk.). Nur die Auslagen, die durch 
Mitwirkung eines Vollziehungsbeamten oder 
durch die Anwendung einer besonderen Form 
bei sprachlicher Verschiedenheit entstanden sind 
(a 3 Abk.), können verlangt werden. Ist das 
Armenrecht bewilligt, so dürfen nur die zuletzt 
erwähnten Zustellungen in besonderer Form mit 
ihren baren Auslagen berechnet werden. Die für 
Mitwirkung der deutschen Konsuln bei der Er- 
ledigung deutscher Zustellungsanträge zu erheben- 
den Gebühren sind durch & 2 des A## geregelt. 
Zustellungen in England 3 21, 574. 
IV. Soll die Beweisaufnahme in einem 
Zivilprozeß im Ausland erfolgen, so hat der Vor- 
sitzende des Gerichts die zuständige Behörde um 
Aufnahme des Beweises zu ersuchen. Kann die 
Beweisaufnahme durch einen Reichskonsul er- 
folgen, so ist das Ersuchen an diesen zu richten 
(5 363 ZPO). Wird eine ausländische Behörde 
 
	        
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