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um die Beweisaufnahme ersucht, so kann das
Gericht anordnen, daß der Beweisführer das Er-
suchungsschreiben zu besorgen und die Erledigung
des Ersuchens zu betreiben habe. Das Gericht
kann sich auf die Anordnung beschränken, daß der
Beweisführer eine den Gesetzen des fremden
Staates entsprechende öffentliche Urkunde über
die Beweisaufnahme beizubringen habe. In bei-
den Fällen ist in dem Beweisbeschluß eine Frist
zu bestimmen, binnen deren von dem Beweis-
führer die Urkunde auf der Gerichtsschreiberei
niederzulegen ist. Nach fruchtlosem Ablaufe der
Frist kann die Urkunde nur benützt werden, wenn
dadurch das Verfahren nicht verzögert wird. Der
Beweisführer hat den Gegner, wenn möglich,
von dem Ort und der Zeit der Beweisaufnahme
so zeitig in Kenntnis zu setzen, daß er seine Rechte
in geeigneter Weise wahrzunehmen vermag. Ist
die Benachrichtigung unterblieben, so hat das
Gericht zu ermessen, ob und inwieweit der Beweis-
führer zur Benutzung der Beweisverhandlung
berechtigt ist (§ 364 8PO). Das Haager Prozeß-
abkommen ergänzt die Vorschriften für die Ver-
tragsstaaten dahin, daß das Ersuchen um Vor-
nahme einer Prozeßhandlung (Beweisaufnah=
men, Parteienvernehmung [Z 10, 1611], Eides-
abnahmen) an die zuständigen Behörden, mei-
stens aber nicht notwendig an ein Gericht, adres-
siert dem Konsul des ersuchenden Staates zu
übermitteln ist, der es an die oben erwähnte
Empfangsbehörde weitergibt. Diese Behörde hat
dem Konsul die Urkunde zu übersenden, aus der
sich die Erledigung des Ersuchens oder der die
Erledigung hindernde Umstand ergibt. Schwierig-
keiten werden auf diplomatischem Wege geregelt.
Ausnahmsweise kann für solche Ersuchen auch der
diplomatische Weg allgemein gewünscht wer-
den. Dies ist von Belgien, Italien, Rumänien
und Portugal geschehen. Auch hier ist natürlich
die Vereinbarung unmittelbaren Geschäftsver-
kehrs (s. oben) unbenommen (a 8, 9 Abk.).
Wenn nichts anderes abgemacht ist, müssen die
Ersuchen in der vereinbarten Sprache abgefaßt
oder von einer beglaubigten Uebersetzung begleitet
sein. Die Behörde, an die das Ersuchen gerichtet
ist, muß die Requisition an die wirklich zuständige
Behörde weitergeben oder ihr unter Anwendung
der in eigener Sache erlaubten Zwangsmittel
und nach der Form ihres Landes entsprechen.
Die Erledigung kann nur abgelehnt werden, wenn
die Echtheit der Urkunde nicht feststeht, wenn die
gewünschte Handlung nicht in den Bereich der
Gerichtsgewalt fällt oder wenn der ersuchte Staat
seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit dadurch
für gefährdet hält. War eine besondere Form der
Erledigung gewünscht, so kann diese angewendet
werden, wenn sie nicht der Gesetzgebung des ersuch-
ten Staates zuwiderläuft. Von der etwaigen Ableh-
nung des Ersuchens ist die ersuchende Behörde un-
verzüglich zu benachrichtigen (a 10—15 des Abk.)
Für die Erledigung dürfen Gebühren
oder Auslagen nicht erhoben werden. Nur die
Zeugen= und Sachverständigenentschädigungen,
die Gebühren eines Vollziehungsbeamten, der die
nicht erschienenen Zeugen zur Gestellung brachte,
und die durch Beobachtung einer besonderen Form
entstandenen Kosten können ersetzt verlangt werden
[Ortlieb in Z. 3P 38, S378—418 (41, 445)).
Für den Verkehr mit den Vereinigten
Rechtshilfe (Ausland)
Staaten von Amerika und England sind die
Beweiserhebungen im Wege eines besonderen Ver-
fahrens zu erledigen (Böhm-Delius"“ S 296, 231).
V. Für Sachen der freiwilligen Ge-
richtsbarkeit sind noch die nur uneigent-
liche R. gewährenden Verträge über Erbschafts-
regulierung zu erwähnen. Hierher gehört die
Russisch-Deutsche Nachlaßkonvention v. 12. 11./
31. 10. 74 (Rel 1875, 136) mit erläuterndem
Notenwechsel v. 24./11. 5. 09 (RZBl 1476). Da-
durch wird ein unmittelbares Einschreiten der Be-
örden des Sterbeortes in bezug auf den Nach-
aß von Angehörigen des anderen Vertragsteiles
vereinbart (3 10, 60; 19, 516). Es schlägt auch
ein die Vereinbarung mit Brasilien über die Mit-
wirkung der beiderseitigen konsularischen Vertreter
bei der Regelung von Nachlässen ihrer Staats-
angehörigen v. 30. 11. 97 (Röl 1899, 547).
Weiter sind hierher zu rechnen die Konsularver-
träge, insbesondere mit Italien (BGBl 1869, 133;
RBl 1872, 134; 1891, 113), mit Spanien
(BEl 1870, 1; RoBl 1872, 211), Griechenland
(RGBl 1882, 101), Serbien (Rl 1883, 62),
Vereinigte Staaten von Nordamerika (RöBl
1872, 96; vgl. Z 21, 201), Konsularvertrag mit Bul-
garien v. 29. 9. 11 (RGBl 1913, 435) a 19 u. a. m.
Bleyer, Samml. v. Staatsverträgen, 1910; Böhm.
Delius 30 S 195 und 3 11.
Ueber diejenigen obersten Verw Behörden und
höheren VerwBehörden des Deutschen Reiches
und der Oesterreichisch-Ungarischen Monarchie,
deren Urkunden nach dem Vt v. 15. 2. 80
(Röl 1881, 4) und 13. 6. 81 (Rl 253) einer
Beglaupigung nicht bedürfen, vgl. die Bek
v. 18. 7. 01 (Rö#Bl 323); ferner den Vt mit der
Schweiz über die Beglaubigung öffentlicher Ur-
kunden v. 14. 2. 07 (RGl 1907, S 411, 415;
1911, 907; 1912, 535).
VI. Vereinbarungen über die gegenseitige
Anerkennung der Rechtsfähigkeit von
Aktiengesellschaften und ähnlichen kommer-
ziellen Gesellschaften bestehen mit der
Schweiz vom Jahre 1869 (Bad. GVBl 1871,
189), mit Belgien vom Jahre 1873 (8ZBl 380),
mit Italien vom Jahre 1873 (Z31. 1873, 288),
mit Großbritannien vom Jahre 1874 (Z31 143)
und mit den Niederlanden v. 11. 2. 07 (Rl
1908, 65), vgl. unten # 8.
56. Urteil 1) und Vollstreckung (Konkurs).
I. Ausländische Urteile (d. f. nicht
Urteile der Konsulargerichte [A) und der Gerichte
in den Schutzgebieten ([) werden im deutschen
Zivilprozeß grundsätzlich anerkannt. Dagegen ist
ihre Anerkennung ausgeschlossen und insoweit
kann auch die Einrede der Rechtshängigkeit nicht
gehört werden (Re 13, 1):
1. wenn die Gerichte des Staates, dem das
ausländische Gericht angehört, nach den deutschen
Gesetzen nicht zuständig sind;
2. wenn der unterlegene Beklagte ein Deut-
scher ist und sich auf den Prozeß nicht eingelassen
hat, sofern die den Prozeß einleitende Ladung
oder Verfügung ihm weder im Staate des Pro-
1) Vgl. Haeger, Vollstreckung von Urteilen und Schieds-
sprüchen im intern. Rechtsverkehr, 1910. Dazu Wadlinger,
Zwangsvollstreckung ausländischer Schiedssprüche, Diss. Tü-
bingen 1906; Westheimer, Der ausländische Schiedsspruch,
Z. f. Zivilprozeß 30 (1909) S 241—331. (D. H.]