Rechtsweg und Kompetenzkonflikt (Sachsen)
stellen. Das Gericht teilt den Antrag der Gegen-
partei und der VerwBehörde mit. Das weitere
Verfahren ist dem Verfahren beim affirmativen
KK gleich. Der Gerichtshof für KK spricht nach
öffentlicher mündlicher Verhandlung aus, ob die
Gerichte oder die Verw Behörden (Verw Gerichte,
Versicherungsbehörden) zuständig sind. Die die-
sem Urteil entgegenstehenden Entscheidungen sind
als nicht erlassen anzusehen. Die Stellen, von denen
diese Entscheidungen ausgegangen sind, haben
also nochmals anderweitig zu entscheiden und da-
bei die Rechtsanschauung des Gerichtshofs für
KK zugrunde zu legen.
Gebühren und Kosten werden für das durch die
Erhebung des (affirmativen oder negativen) Kon-
flikts veranlaßte Verfahren nicht erhoben, eine
Kostenerstattung unter den Parteien greift nicht
Platz.
Literatur: Laband 3, 357f; Drucksachen des
RT 1900 /0 3 Nr. 895; Stein, Grenzen und Bezichungen
zwischen Justiz und Verwaltung, 1912; Seydel, St-
1, 645 f; Fischer, Lexikon des bayer. Berwäechts;
Matthäus, Die Grenzen der zivilrechtlichen und admini-
strativen Zuständigkeit in Bayern, 1878; Derselbe-,
Das bayer. Ges. über die KK, 1970: Reger-Dyrof,
Das bayver. Berw Gerichtsges.", 1908; Hiller, Die Bor-
entscheidung des bayer. Berw erichtshofs bei Amtspflicht-
verletzungen, Diss. 1910; Sammlung der Entscheidungen des
bayer. Gerichtshofs für KK, seit 1880. Schmitt.
— — —— — —
C. Jachsen
A. Rechtsweg. 1# 1. Gelchichtliche Entwicklung.
#32. Beschränkung, des Landesrechts durch das Reichsrecht.
z 3. Allgemeine Grundsätze des Landesrechts. # 4. Be-
sondere Bestimmungen: a) Abgaben, sonstige Leistungen,
Gebühren #5. b) Enteignung, Bau-, Wege-, Berg-, Wasser-
recht. # 6. c) Weitere Berwaltungszweige. 1 7. d) Verhält-
nisse der öffentl. Beamten. B. Kompetenzkonflikt.
5 8. Geschichtliche Entwicklung. # 9. Das geltende Recht.
A. Rechtsweg
5 1. Geschichtliche Eutwicklung.
Eine völlige Trennung zwischen Rechtspflege
und Verwaltung hat für Sachsen zwar erst die
Gesetzgebung des Jahres 1873 gebracht, aber
schon die Einführung der Verfassung machte eine
Begrenzung dieser beiden Gebiete der Staats-
gewalt erforderlich. Die Vl bestimmte, daß
zwei getrennte Ministerialdepartements für Ju-
stiz und Verwaltung zu errichten seien. In ihrem
von der Rechtspflege handelnden Abschnitte
(8F 45—55) stellte sie ferner die beiden Grundsätze
auf, daß kein Untertan seinem ordentlichen Richter
entzogen werden darf (§ 48) und daß jedem, der
sich durch einen Akt der Staatsverwaltung in
seinen Rechten verletzt glaubt, der RW, d. h. die
Anrufung des ordentlichen Gerichts, offen steht
(* 49 Abs 1). Sie sagt aber ausdrücklich, daß beide
Regeln nicht ausnahmslos gelten sollen. Hin-
sichtlich der ersten müssen die Ausnahmen gesetz-
lich bestimmt sein (§ 48). Bezüglich des zweiten
Grundsatzes sollte ein besonderes Gesetz „die not-
wendigen Ausnahmen und Bestimmungen treffen,
— —
237
damit durch die Ausübung dieses Befugnisses
der freie Fortgang der Verwaltung nicht ge-
hemmt werde“ (8 49 Abs 2). Das AG „über
Kompetenzverhältnisse zwischen Justiz= und Ver-
waltungsbehörden“, das infolgedessen unter dem
28. 1. 35 „zur Vollendung der Trennung der Justiz
von der Verwaltung bei den höheren Behörden
sowie zu genauer Bezeichnung der Grenzlinien
zwischen beiden und zur Vollziehung der Bestim-
mung im zweiten Abschnitt des & 49 der Ver-
fassungsurkunde“ erlassen wurde, bildet im we-
sentlichen noch jetzt die Grundlage für die Schei-
dung von Rechtspflege und Verwaltung. Seine
Vorschriften sind jedoch im einzelnen vielfach
abgeändert worden, insbesondere durch die im
Jahre 1874 erfolgte neue Einrichtung der Verw-
Behörden und die damit verbundene völlige
Trennung von Rechtspflege und Verwaltung
I Sachsen, Behörden], durch die sog. Reichs-
justizgesetze und die durch sie veranlaßten Landes-
gesetze, durch die Errichtung besonderer VerwGe-
richte [KI, endlich durch verschiedene reichs-- und
landesgesetzliche Sonderbestimmungen. Wichtige
Vorschriften des AmG entsprechen aber auch den
inzwischen gewonnenen rechtswissenschaftlichen
Ergebnissen und den veränderten Einrichtungen
(unabhängige Verw Gerichte) nicht mehr. Schon
bei den Beratungen des VR Pfl G wurde deshalb
seine völlige Umgestaltung oder doch eine Aende-
rung einzelner Vorschriften in Anregung gebracht.
Um das Zustandekommen des VRPflG nicht zu
verzögern, ließ man aber schließlich das AE im
wesentlichen bestehen. Inzwischen ist zwar eine
völlige Neuregelung des Gegenstandes in Angriff
genommen, die Regierung hat aber den Ständen
einen Gesetzentwurf noch nicht vorgelegt.
§. Beschränkung des Landesrechts durch das
Reichsrecht.
1. Hinsichtlich der Sachen, in denen es sich nicht
um die Verhängung einer Vergeltungsstrafe
handelt, hat die Reichsgesetz gebung zwar einer-
seits in einer Reihe von Fällen ausdrücklich oder
stillschweigend den RW, teils ohne weiteres,
teils nach Anrufung einer Verw Behörde, für zu-
lässig erklärt, andererseits gewisse Entscheidungen
VerwBehörden oder VerwGerichten zugewiesen
(vgl. Stein, 8PO Vorbemerkung vor §& 1 unter
II und zu & 148 unter III, 1, — 10. Aufl. von
Gaupp---Stein — S 3f, 416 f, sowie die dort
angezogenen Gesetze), aber sie hat dem Landesrechte
für die Abgrenzung der Gebiete von Rechtspflege
und Verwaltung grundsätzlich freie Hand gelassen.
Allgemeine Beschränkungen enthalten insbeson-
dere weder § 13 GW0, noch 5 11 Ec z. GB
und a 6 Ec# z. Bn, noch 8 4 EG z. ZPO.
a) Soweit nicht andere Reichsgesetze entgegen-
stehen, kann die Landesgesetzgebung den Be-
griff „bürgerliche Rechtsstreitigkeiten“ bestimmen
(vgl. Wach, HB des Zivilprozesses Bd. 1 98b Nr. 2,
Note 3, Note 579 f, 81 a. E. f). Wenn man aber
auch annehmen wollte, daß die zur Zeit des Er-
lasses des GV in den einzelnen Bundesstaaten
geltenden Begriffsbestimmungen durch & 13
reichsgesetzlich festgelegt seien (Otto Mayer 1 & 16
S 213 f) oder daß der Paragraph den Begriff
selbständig bestimmt habe, so ist doch nach seinem
übrigen Wortlaute in Verbindung mit §# 3 und
4 EG z. GBG die Landesgesetzgebung zweifellos
befugt, bürgerliche Rechtsstreitigkeiten den Verw-