Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Rechtsweg und Kompetenzkonflikt (Württemberg) 
  
los anerkannt und jede Konkurrenz zwischen den 
Zivilgerichten und Verw Gerichten ausgeschlossen; 
soweit daher, wie namentlich prinzipiell durch 
a 10 G über die VR.fl v. 16. 12. 76 und im 
einzelnen durch eine Reihe von Spezialgesetzen 
für einzelne Streitigkeiten die Zuständigkeit der 
Verw Gerichte begründet ist, sind diese ohne wei- 
teres den bürgerlichen Gerichten entzogen. 
II. Anläßlich der Einführung besonderer Verw- 
Gerichte hat a 2 G v. 16. 12. 76 einzelne Arten 
von Streitigkeiten ausdrücklich demn Zivilge- 
richten vorbehalten, und zwar: 
1. über Rechtsansprüche auf Besoldungen, 
Wartegelder (N1l, Ruhegehalte oder sonstige st än- 
dige Bezüge öffentlicher Diener, 
bezw. ihrer Hinterbliebenen; über die durch Dienst- 
kautionen begründeten Rechte und Verbindlich- 
keiten, über die Pflicht der Beitragsleistung zu 
öffentlichen Pensions= oder Unterstützungskassen, 
über die Verteilung der Dienstbezüge zwischen 
einem von seinem Amt abtretenden öffentlichen 
Diener oder dessen Erben und seinem Amtsnach- 
folger. Dabei sind die Entscheidungen der Dis- 
ziplinar= und Verw Behörden darüber, ob und 
von welchem Zeitpunkt ab ein öffentlicher Diener 
aus seinem Amt zu entfernen, zeitweilig oder 
bleibend in den Ruhestand zu versetzen oder vor- 
läufig seines Dienstes zu entheben sei, und über 
die Verhängung von Ordnungsstrafen für die Be- 
urteilung der vor dem Gerichte geltend gemach- 
ten vermögensrechtlichen Ansprüche maßgebend. 
2. Ueber vermögensrechtliche Ansprüche des 
Staats, der Gemeinden oder sonstiger öffentlicher 
Korporationen gegen öffentliche Rechner und 
Kassenbeamte auf Grund der von diesen geführten 
Verwaltung, wofern diese Beamten bei dem von 
der Dienstaussichtsbehörde vorläufig zu erteilenden 
und nach der Eröffnung vollstreckbaren Ausspruch 
sich nicht beruhigen. 
3. Ueber das Recht auf die Verwaltung und die 
Verleihung sowie auf den Genuß oder Mitgenuß 
von Familienstiftungen, sovweit nicht 
die Stiftungsurkunde etwas anderes verordnet. 
4. Ueber die Ansprüche gegen die öffentliche 
Gebäudebrandversicherungsanstalt auf Entschä- 
digung wegen Brandschadens (N#. 
5. Streitigkeiten über die auf a 6 Abs 3, a 7 
Abs 4 und a 8 der allgemeinen Bau v. 6. 10. 72 
gestützten Entschädigungsansprüche, d. h. Fälle 
der Entziehung von in einer Straße oder in einen 
öffentlichen Platz fallenden Privatgrundstücke oder 
der Schädigung von Gebäuden an Ortsstraßen 
durch Aenderung der Straßenvisiere. 
6. Auch in der Landesgesetzgebung kommt viel- 
fach der Grundsatz zum Ausdruck, daß in den Fällen 
der Zwangsenteignung und bei ähn- 
lich beschaffenen Eingriffen der 
öffentlichen Gewalt in Privat- 
rechte für die sich daraus ergebenden Entschä- 
digungsforderungen die bürgerlichen Gerichte zu- 
ständig sind (Zusammenstellung der einzelnen 
Fälle bei Göz, Württ. Staatsrecht, S 234—238; 
Enteignung Bd. I S 720, 728, 729). 
7. Die Streitigkeiten über Wildschadens- 
ersatzansprüche sind durch AG z. BGB 
a 194 den Zivilgerichten (Amtsgerichten) zuge- 
wiesen. Jedoch ist die gerichtliche Geltendmachung 
dieser Ansprüche vor der Verw Behörde, welches 
  
  
  
  
  
  
der Gemeinde, zu deren Markung das beschädigte 
Grundstück gehört, die vom Oberamt anzuord- 
nende Schätzung des Schadens durch beeidigte 
Sachverständige und die Festsetzung des Schadens- 
ersatzes durch das Oberamt umfaßt. 
8. Im Gebiete des Wasserrechts ist für 
die einzelnen Streitpunkte durch das Wasser Gv. 
16. 12. 00 die Zuständigkeit der Verw Behörden, 
Verwerichte und Zivilgerichte genau geregelt. 
Die Frage, ob einem Wasser die Eigenschaft eines 
öffentlichen Wassers zukommt, ist im Streitfalle 
der Entscheidung der Verwöerichte vorbehalten 
E *“* des Reichsgerichts im Württ. Jahrb. 
„ 
III. Bei den in a 10 Ziff. 5, 17, 22, 24 des 
VRflGesetzes aufgeführten Streitigkeiten wird 
davon ausgegangen, daß ihnen sowohl eine 
privatrechtliche als eine öffentlich-recht- 
liche Natur zukommen kann;z sie werden den Ver- 
waltungsgerichten zugewiesen, insoweit 
als sie nicht privatrechtlicher Art sind oder soweit 
sie im öffentlichen Recht ihren Grund haben. 
Zugleich werden für diese Unterscheidung An- 
haltspunkte gegeben. 
Im einzelnen ergibt sich hiernach folgendes: 
1. Ansprüche auf Teilnahme an den 
Gemeindenutzungen gehören regelmäßig 
vor die VerwGerichte. — Für Streitigkeiten über 
das Bestehen, den Umfang und die rechtliche Natur 
von Realgemeinderechten oder ähnlichen Rechts- 
verhältnissen aber sowie der mit denselben ver- 
bundenen Leistungen und Verbindlichkeiten für 
öffentliche Zwecke sowie für Streitigkeiten über 
die Entrichtung der gesetzlich vorgesehenen Ab- 
lösungsentschädigung sind die bürgerlichen Ge- 
richte zuständig. 
2. Wenn es sich um die Verbindlichkeit einzelner 
oder der Gemeinden oder Stiftungen zu Lei- 
stungen für Kirchen= und Schul- 
zwecke handelt, soll das Rechtsverhältnis stets 
ein öffentlich-rechtliches sein, wenn die Leistung 
vermöge des Genossenschaftsverbandes oder auf 
Grund der einer Gemeinde oder Stiftung zu- 
kommenden öffentlich-rechtlichen Aufgabe gefor- 
dert wird. — Nach einer feststehenden, auch von der 
Ablösungsgesetzgebung anerkannten, Rechtspre- 
chung gehören Streitigkeiten über Leistungen für 
die bauliche Unterhaltung und Herstellung der 
Kirchen, Kirchhöfe, Pfarr= und Schulgebäude; 
und für Besoldungen der Geistlichen und Lehrer, 
desgleichen Streitigkeiten über Patronatrechte 
regelmäßig vor die bürgerlichen Gerichte. 
3. Streitigkeiten über den Bestand und die Aus-- 
übung von Weggerechten IIXI, desgleichen 
Streitigkeiten über den Bestand und die Ausübung 
von Ueberfahrten, die ein Acker= oder Wiesenbe- 
sitzer wegen des Mangels an ständigen Fahrwegen 
seinen Nachbarn behufs der üblichen Feldbe- 
stellungs= und Erntegeschäfte vorübergehend zu 
gestatten hat, sind von den Verw Gerichten zu er- 
ledigen, sofern diese Rechte auf dem örtlichen Her- 
kommen, auf einem die Markung beherrschenden 
örtlichen Gewohnheitsrecht beruhen. — Die Zustän- 
digkeit des Zivilrichters greift nur Platz, wenn 
für das Recht ein besonderer privatrechtlicher Titel 
geltend gemacht wird. 
4. Die Unterscheidung der privatrechtlichen und 
öffentlich-rechtlichen Ansprüche im Bereiche des 
die Anmeldung des Anspruches beim Ortsvorstcher Wasserrechts ist wesentlich erleichtert durch
	        
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