244
Rechtsweg und Kompetenzkonflikt (Württemberg)
los anerkannt und jede Konkurrenz zwischen den
Zivilgerichten und Verw Gerichten ausgeschlossen;
soweit daher, wie namentlich prinzipiell durch
a 10 G über die VR.fl v. 16. 12. 76 und im
einzelnen durch eine Reihe von Spezialgesetzen
für einzelne Streitigkeiten die Zuständigkeit der
Verw Gerichte begründet ist, sind diese ohne wei-
teres den bürgerlichen Gerichten entzogen.
II. Anläßlich der Einführung besonderer Verw-
Gerichte hat a 2 G v. 16. 12. 76 einzelne Arten
von Streitigkeiten ausdrücklich demn Zivilge-
richten vorbehalten, und zwar:
1. über Rechtsansprüche auf Besoldungen,
Wartegelder (N1l, Ruhegehalte oder sonstige st än-
dige Bezüge öffentlicher Diener,
bezw. ihrer Hinterbliebenen; über die durch Dienst-
kautionen begründeten Rechte und Verbindlich-
keiten, über die Pflicht der Beitragsleistung zu
öffentlichen Pensions= oder Unterstützungskassen,
über die Verteilung der Dienstbezüge zwischen
einem von seinem Amt abtretenden öffentlichen
Diener oder dessen Erben und seinem Amtsnach-
folger. Dabei sind die Entscheidungen der Dis-
ziplinar= und Verw Behörden darüber, ob und
von welchem Zeitpunkt ab ein öffentlicher Diener
aus seinem Amt zu entfernen, zeitweilig oder
bleibend in den Ruhestand zu versetzen oder vor-
läufig seines Dienstes zu entheben sei, und über
die Verhängung von Ordnungsstrafen für die Be-
urteilung der vor dem Gerichte geltend gemach-
ten vermögensrechtlichen Ansprüche maßgebend.
2. Ueber vermögensrechtliche Ansprüche des
Staats, der Gemeinden oder sonstiger öffentlicher
Korporationen gegen öffentliche Rechner und
Kassenbeamte auf Grund der von diesen geführten
Verwaltung, wofern diese Beamten bei dem von
der Dienstaussichtsbehörde vorläufig zu erteilenden
und nach der Eröffnung vollstreckbaren Ausspruch
sich nicht beruhigen.
3. Ueber das Recht auf die Verwaltung und die
Verleihung sowie auf den Genuß oder Mitgenuß
von Familienstiftungen, sovweit nicht
die Stiftungsurkunde etwas anderes verordnet.
4. Ueber die Ansprüche gegen die öffentliche
Gebäudebrandversicherungsanstalt auf Entschä-
digung wegen Brandschadens (N#.
5. Streitigkeiten über die auf a 6 Abs 3, a 7
Abs 4 und a 8 der allgemeinen Bau v. 6. 10. 72
gestützten Entschädigungsansprüche, d. h. Fälle
der Entziehung von in einer Straße oder in einen
öffentlichen Platz fallenden Privatgrundstücke oder
der Schädigung von Gebäuden an Ortsstraßen
durch Aenderung der Straßenvisiere.
6. Auch in der Landesgesetzgebung kommt viel-
fach der Grundsatz zum Ausdruck, daß in den Fällen
der Zwangsenteignung und bei ähn-
lich beschaffenen Eingriffen der
öffentlichen Gewalt in Privat-
rechte für die sich daraus ergebenden Entschä-
digungsforderungen die bürgerlichen Gerichte zu-
ständig sind (Zusammenstellung der einzelnen
Fälle bei Göz, Württ. Staatsrecht, S 234—238;
Enteignung Bd. I S 720, 728, 729).
7. Die Streitigkeiten über Wildschadens-
ersatzansprüche sind durch AG z. BGB
a 194 den Zivilgerichten (Amtsgerichten) zuge-
wiesen. Jedoch ist die gerichtliche Geltendmachung
dieser Ansprüche vor der Verw Behörde, welches
der Gemeinde, zu deren Markung das beschädigte
Grundstück gehört, die vom Oberamt anzuord-
nende Schätzung des Schadens durch beeidigte
Sachverständige und die Festsetzung des Schadens-
ersatzes durch das Oberamt umfaßt.
8. Im Gebiete des Wasserrechts ist für
die einzelnen Streitpunkte durch das Wasser Gv.
16. 12. 00 die Zuständigkeit der Verw Behörden,
Verwerichte und Zivilgerichte genau geregelt.
Die Frage, ob einem Wasser die Eigenschaft eines
öffentlichen Wassers zukommt, ist im Streitfalle
der Entscheidung der Verwöerichte vorbehalten
E *“* des Reichsgerichts im Württ. Jahrb.
„
III. Bei den in a 10 Ziff. 5, 17, 22, 24 des
VRflGesetzes aufgeführten Streitigkeiten wird
davon ausgegangen, daß ihnen sowohl eine
privatrechtliche als eine öffentlich-recht-
liche Natur zukommen kann;z sie werden den Ver-
waltungsgerichten zugewiesen, insoweit
als sie nicht privatrechtlicher Art sind oder soweit
sie im öffentlichen Recht ihren Grund haben.
Zugleich werden für diese Unterscheidung An-
haltspunkte gegeben.
Im einzelnen ergibt sich hiernach folgendes:
1. Ansprüche auf Teilnahme an den
Gemeindenutzungen gehören regelmäßig
vor die VerwGerichte. — Für Streitigkeiten über
das Bestehen, den Umfang und die rechtliche Natur
von Realgemeinderechten oder ähnlichen Rechts-
verhältnissen aber sowie der mit denselben ver-
bundenen Leistungen und Verbindlichkeiten für
öffentliche Zwecke sowie für Streitigkeiten über
die Entrichtung der gesetzlich vorgesehenen Ab-
lösungsentschädigung sind die bürgerlichen Ge-
richte zuständig.
2. Wenn es sich um die Verbindlichkeit einzelner
oder der Gemeinden oder Stiftungen zu Lei-
stungen für Kirchen= und Schul-
zwecke handelt, soll das Rechtsverhältnis stets
ein öffentlich-rechtliches sein, wenn die Leistung
vermöge des Genossenschaftsverbandes oder auf
Grund der einer Gemeinde oder Stiftung zu-
kommenden öffentlich-rechtlichen Aufgabe gefor-
dert wird. — Nach einer feststehenden, auch von der
Ablösungsgesetzgebung anerkannten, Rechtspre-
chung gehören Streitigkeiten über Leistungen für
die bauliche Unterhaltung und Herstellung der
Kirchen, Kirchhöfe, Pfarr= und Schulgebäude;
und für Besoldungen der Geistlichen und Lehrer,
desgleichen Streitigkeiten über Patronatrechte
regelmäßig vor die bürgerlichen Gerichte.
3. Streitigkeiten über den Bestand und die Aus--
übung von Weggerechten IIXI, desgleichen
Streitigkeiten über den Bestand und die Ausübung
von Ueberfahrten, die ein Acker= oder Wiesenbe-
sitzer wegen des Mangels an ständigen Fahrwegen
seinen Nachbarn behufs der üblichen Feldbe-
stellungs= und Erntegeschäfte vorübergehend zu
gestatten hat, sind von den Verw Gerichten zu er-
ledigen, sofern diese Rechte auf dem örtlichen Her-
kommen, auf einem die Markung beherrschenden
örtlichen Gewohnheitsrecht beruhen. — Die Zustän-
digkeit des Zivilrichters greift nur Platz, wenn
für das Recht ein besonderer privatrechtlicher Titel
geltend gemacht wird.
4. Die Unterscheidung der privatrechtlichen und
öffentlich-rechtlichen Ansprüche im Bereiche des
die Anmeldung des Anspruches beim Ortsvorstcher Wasserrechts ist wesentlich erleichtert durch