Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Rechtsweg und Kompetenzkonflikt (Hessen) 
  
streitigkeiten (1865) S 228—294; Betzinger, Badi- 
scher Anhang zu Gaupp-Stein 8PCs (1902) S 256—293. 
Heinsheimer. 
F. hessen 
5 1. Rechtsweg. 1 2. Kompetenzkonflikt. 
Die aus die Zulässigkeit des Rechts- 
wegs und die Regelung des Kompetenz- 
konflikts bezüglichen Bestimmungen des 
hessischen Landesrechts sind in einer großen An- 
zahl von Einzelgesetzen zerstreut. Hieraus ist fol- 
gendes als besonders wichtig hervorzuheben. 
8 1. Rechtsweg. 
I. In Ansehung des Landesherrn und 
der landesherrlichen Familie be- 
stehen Sondervorschriften in a 4 VUl und G, den 
Gerichtsstand in Ansehung des Landesherrn usw. 
betr., in der Fassung v. 31. 12.00 Landesherr 
&,, landesherrl. Haus & 31. Die Mitglieder des 
Großh. Hauses haben ihren persönlichen Gerichts- 
stand in Zivil- und Strafsachen bei dem OL#- 
Darmstadt. In Ehe- und Entmündigungssachen, 
welche ein Mitglied des Großh. Hauses betreffen, 
bedarf es zur Einleitung eines gerichtlichen Ver- 
fahrens der Genehmigung des Großherzogs; das 
gleiche gilt bezüglich der Einleitung eines straf- 
gerichtlichen Verfahrens gegen ein Mitglied des 
Großh. Hauses (a 3, 6 G v. 31. 12. 00). 
II. Ein Beamter kann wegen einer Hand- 
lung, die er in Ausübung oder in Veranlassung 
der Ausübung seines Amtes vorgenommen hat, 
zivilrechtlich oder strafrechtlich überhaupt erst ver- 
folgt werden (anders als in Preußen, Konflikt 
& 1z. A., Bd. II, 607), nachdem entweder von dem 
VGsß# Vorentscheidung dahin getroffen worden ist, 
daß der Beamte sich einer Ueberschreitung seiner 
Amtsbefugnisse oder der Unterlassung einer ihm 
obliegenden Amtshandlung schuldig gemacht hat, 
oder das dem Beamten vorgesetzte Min erklärt 
hat, daß eine solche Vorentscheidung nicht verlangt 
werde. Es gilt als Verzicht auf eine Vorentschei- 
dung, wenn das Min nicht innerhalb eines Monats, 
nachdem ihm ein darauf gerichteter Antrag des 
Beschädigten zugegangen ist, die Vorentscheidung 
beantragt (AG z. BG B a 77. Bezüglich der Haf- 
tung des Staates und der Kommunalverbände 
für Schäden der vorgenannten Art s. a. a. O. 
a 78—80). Das Verfahren richtet sich nach dem 
VRPflG v. 8. 6. I1, a 110—112. Hiernach hat die 
mit einer zivil= oder strafrechtlichen „Verfolgung“ 
befaßte Behörde zunächst das dem Beamten vor- 
gesetzte Min unter Aktenvorlage von der Klage- 
erhebung bezw. Anzeigeerstattung zu benachrich- 
tigen und vorerst, abgesehen von unaufschiebbaren 
Anordnungen, jede Amtshandlung zu unterlassen. 
Das zuständige Min kann die zur Aktenvorlage 
verpflichtete Behörde generell oder im einzelnen 
Fall mit den für seine Entschließung erforderlichen 
Erhebungen beauftragen. Verlangt das Min die 
Vorentscheidung, so übersendet es die Akten mit 
dem hierauf gerichteten Antrag an den VGH; 
sieht es dagegen von der Vorentscheidung ab oder 
läßt es die genannte Frist ohne Antragsstellung 
verstreichen, so setzt es hiervon die vorgenannte 
  
  
Behörde bezw. den Antragsteller in Kenntnis. — 
In dem Verfahren vor dem V#5H wird das zu- 
ständige Min durch einen von ihm zu bestellenden 
Beamten (den sog. „Vertreter des Staatsin- 
teresses“) vertreten; dieser sowie der Beamte, 
gegen welchen die Vorentscheidung beantragt wird, 
und der angeblich Geschädigte oder Verletzte 
werden als „Beteiligte“ angesehen. 
IIII. Ersatzan sprüche des Staates 
gegen Beamte sind in der Regel im Zivil- 
rechtswege geltend zu machen; bezüglich des Er- 
satzes sog. Defekte oder Rezesse ist je- 
doch zunächst von der vorgesetzten Behörde ein mit 
Gründen versehener, sofort vollstreckkarer „Be- 
schluß" zu fassen, welcher — abgesehen von 
einigen Sicherungsmaßnahmen — unmittelbar 
auf die Verpftichtung zum Ersatz des Defektes 
gerichtet ist. Gegen diesen Beschluß steht außer 
der Beschwerde bei den höheren Verw Behörden 
der RW offen (0, betr. die Disziplinarverhältnisse 
der nichtrichterlichen Staatsbeamten, v. 21. 4. 80, 
a 41—510 (J Defektenverfahren)]. 
IV. Der Besoldungsanspruch des 
Beamten gegen den Staat ist zwar, ebenso wie 
das Beamtendienstverhältnis überhaupt, öffent- 
lich-rechtlicher Natur, er kann aber vorbehaltlich 
einer bestimmten, die Regel bestätigenden, Aus- 
nahme im ZivilRW geltend gemacht werden 
(G, die Besoldungen der Staatsbeamten betr., 
v. 9. 6. 98, a 5). 
V. Die Beitreibung der öffent- 
lich-rechtlichen Geldforderungen 
des Reichs, des Staats und sonstiger Körperschaf- 
ten des öffentlichen Rechts erfolgt nach Maßgabe 
des G, das Verfahren der Zwangsvollstreckung im 
Verw Wege betr., v. 30. 9. 93 im Verw Zwangs- 
verfahren (I. Bei Gemeindeforderungen, welche 
sich nicht auf Umlagen oder sonstige von der Verw- 
Behörde genehmigte oder gesetzlich den Gemeinde- 
abgaben gleichgestellte Ausschläge gründen, ist je- 
doch dieses Verfahren einzustellen, sobald der 
Schuldner hiergegen in vorschriftsmäßiger Weise 
Einwand erhebt; es ist also dann der RW einzu- 
schlagen. 
VI. Die Streitigkeiten aus dem Gebiete des 
Enteignungsrechts I/I sind teils öffent- 
lich-rechtlicher, teils zivilrechtlicher Natur und sind 
daher durch das Enteignungsgesetz v. 30. 9. 99, 
teils vor die Verw Behörden und VerwGerichte, 
teils vor die Zivilgerichte verwiesen; in letzterer 
Beziehung s. namentlich a 3, 28, 33, 35, 37, 59 
bezüglich der Feststellung der Entschädigung, des 
Umfangs der Enteignung u. a. — — 
Aehnlich wie im Enteignungsgesetze sind auch in 
zahlreichen anderen Verwaltungs- 
gesetzen (Fz. B. Bachgesetz, Berggesetz, Im- 
mobiliarbrandversicherungsgesetz usw.) einzelne 
Fragen dem RW vorbehalten, andere dagegen 
den VerwBehörden oder Verwerichten zuge- 
teilt. Diee Befolgung eines einheit- 
lichen Prinzipes läßt sich hinsicht- 
lich der Zuständigkeitsabgrenzung 
nicht feststellen. 
5#2. Kompetenzkonflikt. 
I. Die ersten Regeln zur Vermeidung von Kolli- 
sionen zwischen den Gerichten und sonstigen 
Staatsbehörden werden in Hessen in einem Or- 
ganisationsedikt v. 12. 10. 1803 und dann in 
 
	        
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