Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Regentschaft und Regierungsstellvertretung 
  
allerdings überträgt a 57 in Ermangelung eines 
regierungsfähigen Agnaten dem Staats Min die 
Initiative. Dagegen hat in Sachsen (Vu s 11) 
und Hessen (G §5 1) das Staats Min, in Württem- 
berg (Vu # 13) der Geheimerat das erforderliche 
Verfahren einzuleiten. In Bayern fehlt eine 
ausdrückliche Bestimmung; jedoch wird im An- 
schluß an Tit. II § 10, 11 Initiativrecht des näch- 
sten Agnaten anzunehmen sein (so auch Seydel). 
b) Ueber die Notwendigkeit einer R hat natur- 
gemäß und nach Bestimmung der meisten Landes- 
verfassungen der Landtag zu beschließen 
(Preußen Vl #a 56, 57 — die beiden Häuser in 
vereinigter Sitzung —, Bayern Tit. II & 11, 
Sachsen §& 11, Württemberg § 13, Hessen G a## 
Oldenburg St G a#23, 24 usw.). Manche Ver- 
fassungen aber verlangen einen übereinstimmenden 
Beschluß des Landtags und der Agnaten (insbe- 
sondere in Sachsen, Württemberg, Oldenburg). 
Jc) Im Fall der Minderjährigkeit des Landes- 
herrn tritt die verfassungsmäßige R ohne jedes 
besondere Verfahren („von selbst“) ein. Ausdrück- 
lich sagt dies das oldenb. StöG a 23 5 1, aber 
auch die übrigen Verfassungen, außer der preußi- 
schen, haben die unter a) und b) erwähnten Be- 
stimmungen nur für die sonstigen Fälle der Not- 
wendigkeit einer K gegeben. Die Vorschriften 
der preuß. Vl a 56, 57 dagegen beziehen sich 
auch auf den Fall der Minderjährigkeit. Es ist 
jedoch, im Hinblick auf die absolute Norm des 
a 54 der Vu# („der König wird mit Vollendung 
des 18. Lebensjahres volljährig"“) in Verbindung 
mit a 56 z. A. („wenn der König minderzjährig 
oder sonst dauernd verhindert ist, selbst zu regie- 
ren") nicht anzunehmen, daß den Kammern ein 
Recht, im Fall der Minderjährigkeit des Königs 
die Notwendigkeit einer R zu verneinen, einge- 
räumt werden sollte (AM v. Roenne, Meyer- 
Anschütz, J. Freund). 
d) Mit dem Initiativrecht des nächsten regie- 
rungsfähigen Agnaten bezw. des Staat= Min ist 
die Führung der Regierung bis zur Einrichtung 
der (definitiven) R verbunden, in Preußen nach 
Vu a 56, 57 (ähnlich das hess. G a 3). 
2. Beendet wird die R durch Wegfall des 
Grundes, der ihren Eintritt veranlaßt hat, also 
durch Tod oder durch Aufhören der Reg Unfähig- 
keit des Monarchen. Das letztere wird in derselben 
Weise festzustellen sein wie vorher die Notwendig- 
keit der R (ausdrücklich nur in Hessen, Oldenburg 
und Sachsen-Koburg-Gotha vorgeschrieben) ?). 
  
1) In Bayern hat durch „Gesetz über die Regentschaft“ 
vom 4. 11. 13 die Vu Tit. II 1 21 folgenden Abs. 2 er- 
halten (G##l Nr 56, S. 757). 
Ist die Reichsverwesung wegen eines körperlichen oder 
geistigen Gebrechens des Königs, das ihn an der Ausübung 
der Regierung hindert, eingetreten und besteht nach Ablauf 
von 10 Jahren keine Aussicht, daß der König regierungsfähig 
wird, so kann der Regent die Regentschaft für beendigt und 
den Thron als erledigt erklären. Der Landtag ist unver- 
züglich einzuberufen; es sind ihm die Gründe, aus denen 
sich die dauernde Regierungsunsähigkeit ergibt, zur Zu- 
stimmung anzuzcigen. 
Gutachten des Justizministers in der baver. Staatszei- 
tung Nr. 239 v. 13. 10. 13. Für die frühere Literatur val. 
Menner,. Annalen 1913 Heft 9 u. Jur. Wochenschriit 1913 
Nr. 10, 18: Bloch, Jur. Wochenschr. Nr. 5, 17, 18; Anschütz, 
Juristenzeitung 1913 Nr. 21. (D. H.) 
  
Verschieden von der Beendigung der R ist die 
Beendigung der Stellung des einzelnen 
Regenten. Diese erlischt durch dessen Tod, 
Verzicht oder eintretende Reg Unfähigkeit. Die 
sehr bestrittene Frage, ob Wegfall der Behinde- 
rung eines der Krone näher stehenden Agnaten 
einen Wechsel in der Person des Regenten be- 
wirke, ist im Zweifel zu verneinen (eine Ausnahme 
macht das hess. Ga 2 zugunsten des Thronerben); 
dagegen wird anzunehmen sein, daß ein ge- 
wählter Regent einem regierungsfähig wer- 
denden Agnaten zu weichen hat, weil die Wahl 
des Regenten nur als ein Notbehelf erscheint. 
6&7. Rechtliche Stellung des Regenten. In der 
Begriffsbestimmung (oben 8 2) sind die maßge- 
benden Grundsätze enthalten. 
1. Während der Dauer der R übt allein 
der Regent die dem Monarchen 
zustehende Gewalt aus (preuß. Vu 
à 56; bayer. Tit. II §9 17, vgl. auch nach §. 16 
den Wortlaut des Eides; sächs. § 12; württ. & 15; 
hess. Ga 6; oldenburg. Sto#G a 25 usw.). Selbst- 
verständlich unterliegt er in dieser Ausübung allen 
für den Monarchen bestehenden staatsrechtlichen 
Beschränkungen (sächs., württ., oldenburg. Vle 
„verfassungsmäßig“); er hat demgemäß auch einen 
dem VerfEide des Monarchen entsprechenden Eid 
zu schwören. Nach einigen Verfassungen aber be- 
stehen besondere Ausnahmen von dem Grundsatze 
der staatlichen Vollberechtigung des Regenten oder 
unterliegt er in der Ausübung gewisser Hoheits- 
rechte besonderen formellen Beschränkungen. 
a) Besondere Ausnahmen enthalten 
insbesondere die bayer. VU Tit. II 5 18 (durch 
Gv. 26. 10. 87 fast alle praktische Bedeutung 
entzogen) und die württ. § 15. In Preußen be- 
steht nur die zeitweilige Ausnahme, daß der Re- 
gent bis zu seiner Eidesleistung keine Aenderung 
in der bestehenden Zusammensetzung des Staats- 
Ministeriums vornehmen kann (Vl a 58 Abf 2). 
b) Besondere formelle Beschrän- 
kungen des Regenten bestehen zuweilen durch 
das Erfordernis der Zustimmung der Agnaten 
für die Vornahme von Verf Aenderungen (Sachsen 
§ 12, Oldenburg a 25) und durch die Vorschrift, 
daß der Regent in allen wichtigen Angelegenheiten 
das Gutachten des Staats Min als RRates einzu- 
holen hat (Bayern Vu. II 19, Sachsen & 14). 
In Preußen bleibt bis zur Eidesleistung des Re- 
genten das gesamte Staats Min für alle Reg- 
Handlungen verantwortlich (VU a 58 Abs 2, vgl. 
oben a; J Minister § 10 III, 1 a). 
2. In der Ausübung der Regechte ist der 
Regent keinem anderen Willen un- 
tergeordnet. Er ist auch für seine Reg Akte 
weder während noch nach Beendigung seiner R 
irgend jemand verantwortlich (ausdrücklich aner- 
kannt ist die Unverantwortlichkeit in 
dem hess. Ga6 und sachs.-kob.-goth. St G#G KP21). 
3. Der Regent hat die Herrscherrechte im Na- 
men des Monarchen auszuüben (preuß. 
Vu a 58, bayer. Tit. II 9, sächs. & 12, württ. 
* 15, hesfs. G a 6, oldenburg. StGG a 25 usw.). 
Diese Vorschrift hat zunächst eine formelle Be- 
deutung für die RegAkte des Regenten; sie bringt 
aber zugleich das materiellrechtliche Verhältnis. 
zwischen Regent und Herrscher zum prägnanten 
Ausdruck. Insbesondere darf man nicht (mit 
Jellinek und Anschütz) annehmen, daß der Regent
	        
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