Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Reich (B. Behörden) 
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behörden usw. Landesbehörden. 
Behörden, welche zugleich RB und Landesbehör- 
den sind; freilich nicht hinsichtlich desselben Ge- 
schäftes, wohl aber in der Art, daß einer Behörde 
eines Einzelstaates neben dem ihr übertragenen 
Kreise von Staatsgeschäften auch noch ein Kreis 
von RGeschäften delegiert wird. So bearbeitet 
z. B. das preußische Kriegs Min [NI die allen Kon- 
tingenten gemeinsamen Militärangelegenheiten; 
der Rechnungshof des R ist der preußischen Ober- 
rechnungskammer, das RAmt für die Verwaltung 
der REisenbahnen dem preußischen Min der öffent- 
lichen Arbeiten angegliedert die preußische Haupt- 
verwaltung der Staatsschulden fungiert als R- 
Schuldenverwaltung; die preußische Münze in 
Perü verwaltet das Münzmetall-Depot des 
eichs. 
Da der Kaiser die Reg Geschäfte des R führt, 
so sind alle Inhaber von RAemtern Gehilfen des 
Kaisers und alle den N zustehende Befugnisse 
sind enthalten und umschlossen von dem einheit- 
lichen Rechte des Kaisers, der kaiserlichen Präro- 
ative. Diesem Grundsatze entspricht es, daß der 
egel nach die RBeamten vom Kaiser ernannt 
und entlassen werden. Hieraus folgt aber keines- 
wegs die Befugnis des Kaisers, RAemter zu er- 
richten oder aufzuheben. Abgesehen von dem 
aus den Grundprinzipien des Budgetrechts sich 
ergebenden Rechtssatz, daß ohne Genehmigung 
des BR und RTeneue RAemter nicht mit Fonds 
ausgestattet werden können, ergibt sich aus der 
verfassungsmäßigen Kompetenzverteilung zwischen 
Kaiser und BR, daß zu unterscheiden ist, ob auf 
Grund eines Resetzes unmittelbar durch Ver- 
fügung die Bildung der R erfolgen kann oder 
ob eine Verw Verordnung zur Errichtung dersel- 
ben erforderlich ist. In letzterem Falle ist nach 
a7 Ziff. 2 der RV ein Beschluß des Berforder- 
lich; die Schaffung und Besetzung der Behörde 
selbst aber gehört in allen Fällen nach a 17 und 18 
der NV zur Machtvollkommenheit des Kaisers. 
Für die Einteilung und Gruppierung der Be- 
hörden ist in staatsrechtlicher Beziehung maßgebend 
die rechtliche Stellung der Behörden zu den Or- 
ganen des Staates, d. h. die Verantwort- 
lichkeit. Diejenigen Beamten, welche dem 
Monarchen und der Volksvertretung für die Ver- 
waltung der ihnen unterstellten Ressorts verant- 
wortlich sind und denen aus diesem Grunde alle 
auf diesen Gebieten tätigen Behörden untergeben. 
und zum dienstlichen Gehorsam verpflichtet sind, 
pflegt man als „Minister“ zu bezeichnen; sie bil- 
den eine Behördenkategorie für sich. 
Nach der RV gibt es nur einen einzigen Be- 
amten dieser Art, den Reichskanzler /Il. 
Denn nach #§# 17 bedürfen alle Anordnungen 
und Verfügungen des Kaisers zu ihrer Gül- 
tigkeit der Genehmigung des RK, welcher da- 
durch die Verantwortlichkeit übernimmt. Hier- 
nach gibt es kein Ressort der RVerwaltung, dessen 
oberster Chef nicht der RK wäre; seine alleinige 
Verantwortlichkeit deckt sich mit seiner alle Ressorts 
umfassenden Gewalt. Eine Durchbrechung hat 
dieses Prinzip der RV jedoch erfahren durch das 
RG v. 4. 7. 79 5+P 2 hinsichtlich des kaiserlichen 
Statthalters [Uin Elsaß-Lothrin- 
gen, der hinsichtlich der Verwaltung der Landes- 
angelegenheiten Elsaß--Lothringens an die 
Stelle des R#K getreten ist. 
Auch gibt es 
  
Unter den dem RKK untergeordneten N sind 
zwei Arten zu unterscheiden, nämlich VerwBehör- 
den und richterliche Behörden. Bei der ersteren 
erstreckt sich die Verantwortlichkeit des RK auf 
den materiellen Inhalt ihrer Verfügungen und 
Anordnungen; er kann daher in wichtigen Ange- 
legenheiten materiell selbst entscheiden und be- 
stimmen, was geschehen soll; er kann die Tätigkeit 
derselben durch Instruktionen und andere Dienst- 
befehle leiten. Bei den richterlichen Behörden er- 
streckt sich die Verantwortlichkeit des RK nur dar- 
auf, daß die Tätigkeit derselben nicht gestört und 
ehindert wird, daß keine rechtswidrigen Einwir- 
ngen sich geltend machen; dagegen nicht auf 
den Inhalt der Entscheidungen, für welche aus- 
schließlich das geltende Recht maßgebend ist. 
Zwischen den verwaltenden und richterlichen 
Behörden gibt es aber noch eine Mittelstufe, die 
namentlich, aber nicht ausschließlich, von einer 
Anzahl von Finanzbehörden gebildet wird, welche 
zwar unter der oberen Leitung des R stehen, für 
einen gewissen Kreis ihrer Amtshandlungen aber 
nach Art der richterlichen Behörden selbständig 
sind und eine unbedingte Verantwortlichkeit tragen. 
II. Der Norddeutsche Bund hatte anfangs nur 
eine einzige oberste Verwaltungsbehörde, 
das durch den Präsidial Erl v. 12. 8. 67 errichtete 
„Bundeskanzleramt". Es zerfiel in die Zentral- 
abteilung, das Generalpostamt und die General- 
direktion der Telegraphie; 1871 kam hinzu die Ab- 
teilung für Elsaß-Lothringen und 1875 eine (IV.) 
Abteilung unter der Bezeichnung „Reichsjustiz- 
amt“. Das Min der auswärtigen Angelegenhei- 
ten und das Marine Min waren anfangs preu- 
ß#ische Behörden und sollten nach dem ur- 
sprünglichen Entwurfe der norddeutschen Bundes- 
verfassung auch solche bleiben; sie wurden aber 
auf den Bundese tat übernommen und in 
Bundesbehörden umgewandelt. 
Seit dem Jahre 1873 beginnt aber die Auf- 
lösung des RK Amts in eine Anzahl voneinander 
unabhängiger Behörden, indem das durch G v. 
27. 6. 73 errichtete REisenbahnamt nicht dem 
RoKAmt eingegliedert, sondern als eine besondere 
oberste KFB neben dasselbe gestellt wurde. 
Durch die V v. 22. 12. 75 wurden die Post= und 
Telegraphenverwaltung, am I. 1. 77 die Abteilung 
für Elsaß-Lothringen und das RJustizamt, im 
Jahre 1879 die Verwaltung der REisenbahnen 
und die RFinanzverwaltung aus der Verbindung 
mit dem R#KAmt gelöst und das letztere erhielt 
demgemäß durch Erl v. 24. 12. 79 die Bezeichnung 
„Reichsamt des Innern“. ZJede dieser Behörden 
hat einen besonderen Chef, welcher regelmäßig den 
Amtstitel „Staatssekretär“ führt. Von den Mini- 
sterien anderer Staaten unterscheiden sich diese 
„Reichsämter“ nur dadurch, daß über ihnen allen 
der K als Ober Min gebietet. 
Gegenwärtig bestehen folgende oberste 
Reichsverwaltungsbehörden: 
1. Das Reichsamt des Innern. 
Es besteht aus vier Abteilungen; zu seiner Zu- 
ständigkeit gehören alle Angelegenheiten der inne- 
ren Politik, der Sozialpolitik, der Handelspolitik, 
das gesamte Gewerbewesen, die Arbeiterversiche- 
rung, wirtschaftliche Angelegenheiten, die Stati- 
stik usw. und es hat eine allgemeine subsidiäre 
Kompetenz hinsichtlich aller Angelegenheiten, 
welche nicht einer anderen NBB zugewiesen sind. 
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