Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Reichs- und Staatsangehörigkeit 
  
dies in Bavern allgemein vorgeschrieben ist; der- 
selbe Grundsatz ist durch Beschlüsse des BR 
gegenüber der Türkei, Persien und Marokko fest- 
gestellt. (Vgl. noch unten § 3 bei Z. 5.) Nach 
anderen Rechten, so dem eidgenössischen und eng- 
lischen, ist eine willkürliche Verzichtleistung auf die 
einmal erworbene Stô überhaupt nicht möglich. 
C. Aufnahme. 
Von der Einbürgerung unterscheidet das deut- 
sche Recht noch die Aufnahme. Dies ist derselbe 
Rechtsakt wie die Einbürgerung, nur daß er 
einem Deutschen gegenüber vorgenommen wird. 
Während die Einbürgerung, sofern nicht be- 
stimmte Ausnahmen vorliegen, frei versagt 
werden kann, muß die Aufnahme gewährt 
werden. Jeder Deutsche hat nach der RV 
à 3 einen Rechtsanspruch auf Aufnahme in die 
Stè jedes anderen deutschen Einzelstaates. Die 
Notwendigkeit dieses Rechtssatzes liegt im Begriff 
des Bundesstaates. Nach eidgenössischem und 
Unionsrecht bedarf es hierfür gar keines formellen 
Aktes. Das deutsche Recht fordert die formelle 
„Aufnahme“ und macht die Erteilung der Auf- 
nahmeurkunde abhängig von dem Nachweis der 
bisherigen StA sowie der festen Niederlassung, 
d. i. eigener Wohnung mit der Absicht dauernden 
Aufenthalts im ersuchten Einzelstaat. Der An- 
trag einer Ehefrau bedarf der Zustimmung des 
Mannes; die fehlende Zustimmung kann durch 
die Vormundschaftsbehörde ersetzt werden. Für 
eine unter elterlicher Gewalt oder Vormundschaft 
stehende Person wird, wenn sie das 16. Lebens- 
jahr noch nicht vollendet hat, der Antrag von dem 
gesetzlichen Vertreter gestellt, andernfalls bedarf 
ihr Antrag der Zustimmung des gesetzlichen Ver- 
treters. 
Gebühren dürfen für die Aufnahme nicht er- 
hoben werden. 
Versagt werden darf die Aufnahme nur auf 
Grund der im G v. 1. 11. 67 §# 3—5 zugelasse- 
nen Aufenthaltsbeschränkungen (unten 8 4). 
Streitfragen hierüber gehören vor die VerwGe- 
richte. 
Deutsche, welche im Reichsdienste angestellt 
sind, behalten ihre bisherige St. Meh- 
rere deutsche Staatsangehörig- 
keiten können nebeneinander vorhanden sein. 
Die Erwerbsgründe der Legitimation und Ver- 
beiratung bewirken jedoch nach dem Gesetz den 
erlust der bisherigen Stè#, nicht dagegen An- 
stellung in Staats= oder Kirchendienst. Die Auf- 
nahme kann in mehreren Einzelstaaten erfolgen. 
Geburt, Legitimation, Verheiratung können den 
Erwerb mehrerer St A zur Rechtsfolge haben, 
wenn der für das Rechtsverhältnis maßgebende 
Teil (Vater, Ehemann) mehrere besitzt. Solchen 
Häufungen der Ststehen grundsätzliche Beden- 
ken nicht entgegen, da die militärische Dienstpflicht 
einheitlich vom Reiche geordnet und die Doppel- 
besteuerung (WM reichsgesetzlich verboten ist. Uebri- 
ens bringen es die tatsächlichen Verhältnisse des 
undesstaates mit sich, daß in vielen Fällen die 
ursprüngliche St A nach kurzer Zeit nicht mehr fest- 
stellbar sein wird (vgl. Laband (5) 1, 163 f). — 
Endlich kann der Erwerb der St# sich auf die 
Tatsache der Erweiterung des Staats- 
gebietes gründen, gleichgültig, auf welchem 
völkerrechtlichen Titel der Gebietserwerb im ein- 
zelnen Falle beruht. Zur Ausgleichung hierdurch 
  
  
entstehender Härten besteht die völkerrechtliche 
Einrichtung der sog. Option, d. h. die Be- 
wohner des neuerworbenen Gebietes können sich 
unter gewissen Voraussetzungen binnen bestimm- 
ter Frist für die Beibehaltung ihrer bisherigen St M 
entscheiden, sind jedoch in diesem Falle verpflichtet, 
innerhalb bestimmter Frist aus dem Gebiet des 
erwerbenden Staates auszuwandern. 
# 3. Verlust. Verloren wird die deutsche St## 
durch folgende Gründe: 
1. Legitimation durch einen Nichtdeutschen, 
2. Verheiratung mit einem solchen, 
3. durch gerichtliches Urteil, welches eine die 
StA begründende Ehe für nichtig erklärt (nicht 
aber durch ein auf Ehescheidung lautendes Urteil), 
4. durch den formellen Rechtsakt der Entlassung, 
5. durch den Erwerb einer ausländischen Staats- 
angehörigkeit, « 
6. durch Nichterfüllung der Wehrpflicht, 
7. durch Ausspruch der Behörde. 
Die Entlassung (9iffer 4) erfolgt in 
gleicher Weise durch Formalakt wie die Einbür- 
gerung. Zuständig ist die höhere Verw Behörde; 
die Wirkung beginnt mit der Aushändigung der 
Urkunde (keine Aushändigung an Personen, die 
verhaftet sind oder deren Verhaftung oder Fest- 
nahme von einer Gerichts= oder Pol Behörde an- 
geordnet ist), jedoch mit dem Vorbehalt, daß die 
Entlassung als nicht erfolgt gilt, wenn der Ent- 
lassene beim Ablauf eines Jahres nach Aushän- 
digung der Urkunde seinen Wohnsitz oder seinen 
dauernden Aufenthalt im Inlande hat, es sei 
denn, daß der Entlassene sich die St A in einem 
anderen Gliedstaate (5 20) vorbehalten hat. Die 
Entlassung einer Ehefrau kann nur von dem 
Manne und, sofern dieser ein Deutscher ist, nur 
zugleich mit seiner Entlassung beantragt werden; 
der Antrag bedarf der Zustimmung der Frau. 
Die Entlassung eines unter elterlicher Gewalt oder 
Vormundschaft stehenden Staatsangehörigen kann 
von dem gesetzlichen Vertreter nur mit Genehmi- 
gung des Vormundschaftsgerichts beantragt wer- 
den. Gegen die Entscheidung des Gerichts steht 
auch der Staatsanwaltschaft die Beschwerde zu; 
gegen den Beschluß des Beschwerdegerichts ist die 
weitere Beschwerde unbeschränkt zulässig. Die 
Genehmigung des Gerichts ist nicht erforderlich, 
wenn der Vater oder die Mutter die Entlassung 
für sich und zugleich kraft elterlicher Gewalt für 
ein Kind beantragt und dem Antragsteller die 
Sorge für die Person dieses Kindes zusteht. Er- 
streckt sich der Wirkungskreis eines der Mutter be- 
stellten Beistandes auf die Sorge für die Person 
des Kindes, so bedarf die Mutter zu dem Antrag 
auf Entlassung des Kindes der Genehmigung des 
Beistandes. Die Entlassung aus der St A in einem 
Gliedstaat bewirkt gleichzeitig die Entlassung aus 
der StA in jedem andern Gliedstaate, sofern sich 
der Entlassene nicht die St A in einem andern 
Gliedstaate durch eine Erklärung gegenüber der 
zuständigen Behörde des entlassenden Staates 
vorbehält. Dieser Vorbehalt muß in der Ent- 
lassungsurkunde vermerkt werden. Die Entlassung 
muß jedem Staatsangehörigen auf seinen Antrag 
erteilt werden, wenn er die St A in einem andern 
Gliedstaate besitzt und sich diese vorbehält. 
Fehlt es an diesen Voraussetzungen, so wird die 
Entlassung nicht eriteilt: 
a) Wehrpflichtigen, über deren Dienstverpflich- 
 
	        
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