Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Reichsfinanzwesen (I. Ueberblick) 
  
stücke und Materialien; endlich besondere Zuschüsse 
einzelner Staaten zu einzelnen VerwAusgaben, 
z. B. Elsaß-Lothringens zu den Kosten des RSchatz- 
amtes und des Rechnungshofes, Preußens zu den 
Ausgaben für den Kaiser-Wilhelm-Kanal (JI. 
Soweit die VerwEinnahmen aus solchen Ressorts 
herrühren, welche Bayern oder Württemberg für 
eigene Rechnung führen, haben diese Staaten 
keinen Teil an ihnen. 
10. Ueberschüsse der Vorjahre mit der- 
selben Modifikation hinsichtlich Bayerns und Würt- 
tembergs. Nach der jetzigen Fassung des a 70 
der NV dienen etwaige Vorschüsse der Vorjahre, 
insoweit durch das Etatsgesetz nicht ein anderes 
bestimmt wird, zur Deckung gemeinschaftlicher 
außerordentlicher Ausgaben. Solche be- 
sondere Bestimmungen enthält z. B. der Nach- 
tragsetat v. 3. 7. 13 & 3 und 4 RGBl 499. 
11. Anleihen. Auch bei diesen kann es vor- 
kommen, daß sie nicht für Rechnung sämtlicher 
Staaten geschlossen werden, sondern daß Bayern 
(Militärbedürfnisse) oder Bayern und Württem- 
berg (Post= und Telegraphenkosten) daran unbe- 
teiligt sind [I Reichsvermögen 888, 9 S 284, 2851. 
#§ 3. Die Ausgaben. Im allgemeinen gilt der 
Grundsatz, daß die Ausgaben des R von sämt- 
lichen Staaten gemeinsam getragen werden. Die- 
ser Grundsatz erleidet aber Ausnahmen, insoweit 
die Tätigkeit der RBehörden für einzelne Staaten 
ausgeschlossen oder beschränkt ist. So haben die 
Kosten des Bundesamts für das Heimatwesen, 
solange das Gesetz über den Unterstützungswohn- 
sitz in Bayern nicht eingeführt war, Bayern nicht 
mit getroffen; an den Ausgaben der Post= und 
Telegraphenverwaltung sind Bayern und Würt- 
temberg nur mit einem Beitrag für die Zentral- 
verwaltung beteiligt; die Kosten für die Kon- 
trolle der Biersteuer ([| werden von den drei 
süddeutschen Staaten und Elsaß-Lothringen nicht 
mitgetragen. Auch die Kosten des Eisenbahnamtes 
und des Rechnungshofes sind nicht gleichmäßig 
verteilt und denjenigen Staaten, welche Landes- 
gesandtschaften im Auslande halten, werden Nach- 
lässe an den Kosten der an demselben Orte befind- 
lichen RGesandtschaften[As gewährt. Die besonde- 
ren Kosten des bayerischen Senats des RMilitärge- 
richts werden von Bayern getragen, welches dafür 
zu den besonderen Kosten der anderen Senate 
nichts beiträgt. Insbesondere aber bestehen für 
die Kosten zur Verzinsung und ev. Tilgung 
der RöSchuld drei verschiedene Gemeinschaften, 
indem für die Anleihen für Militärzwecke Bayern 
und für die Anleihen für die Post= und Tele- 
graphenverwaltung Bayern und Württemberg 
keinen Anteil haben. 
deren Beitrag von 50 Mill. Mk. geleistet. 
§ 4. Die Matrikularbeiträge. a 70 der RV 
stellt den für das Finanzwesen des R maßgeben- 
den Grundsatz auf: „Insoweit die Ausgaben des 
KN durch die gemeinschaftlichen Einnahmen des- 
selben nicht gedeckt werden, sind sie, so lange 
Rteuern nicht eingeführt sind, durch Beiträge der 
einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe der Be- 
völkerung aufzubringen, welche bis zur Höhe 
des budgetmäßigen Betrages durch den RK aus- 
geschrieben werden.“ Hiernach gibt es in der 
RWirtschaft kein wahres Defizit im formalen 
Sinne des Finanzrechts; denn in den Matrikular= 
  
i Zu den Herstellungskosten 
des Nordostseekanals hat Preußen einen beson- » » « 
völkerung, mit welcher sie zu den Matrikularbei- 
beiträgen ist eine subsidiäre und alle Bedürfnisse 
umfassende Einnahmequelle gegeben. Die Ver- 
pflichtung der Einzelstaaten muß aber ihrem Be- 
trage nach „budgetmäßig“, also im Wege des Ge- 
setzes festgesetzt werden; der RK kann von den 
Einzelstaaten nur bis zu dem Betrage Matrikular- 
beiträge einfordern, der für jeden derselben im 
Etatsgesetz bestimmt ist. Erweisen sich jedoch die 
obudgetmäßigen“ Matrikularbeiträge als unzu- 
reichend oder als nicht erforderlich zur Deckung der 
Differenz zwischen den Ausgaben und den eigenen 
Einnahmen des R, so müssen die fehlenden Be- 
träge von den Einzelstaaten nachgezahlt, die un- 
nötigerweise von ihnen erhobenen ihnen zurück- 
gegeben werden. Die „budgetmäßigen“ Beträge 
werden daher in Wahrheit nur a conto geleistet; 
den wirklichen Maßstab für die Höhe der Verpflich- 
tung gibt nur das effektive Ergebnis der Finanz- 
wirtschaft des betr. Jahres. Jede Erhöhung der 
Matrikularbeiträge muß aber gemäß a 70 der 
RV ebenfalls „budgetmäßig“, d. d. in der Form 
des RGesetzes erfolgen. Es gibt dafür zwei Wege; 
entweder wird ein Nachtrage-Etatsgesetz erlassen 
oder das Defizit des Jahres wird als Ausgabe in 
den Etat eines folgenden Jahres eingesetzt und da- 
durch der zu zahlende Matrikularbeitrag der ein- 
zelnen Staaten erhöht. In entsprechender Weise 
kann mit einem Ueberschuß verfahren werden. 
Bei der definitiven Feststellung der Matrikularbei- 
träge ist aber darauf zu achten, daß nicht alle 
REinnahmen und ebensowenig alle RAusgaben 
sämtlichen Bundesgliedern gemeinsam sind. 
Die Veranschlagung der Matrikularbeiträge und 
der Anteile an den REinnahmen erfolgt nach 
einem und demselben Verhältnis, nämlich nach 
Maßgabe der Bevölkerung. Hierunter ist na 
einem Beschluß des BR, der die Zustimmung des 
Rx gefunden hat, die ortsanwesende Be- 
völkerung (ohne Rücksicht auf die Staatsangehörig= 
keit) verstanden. 
Nach der ursprünglichen Fassung des a 70 der 
NV sollten die Ausgaben des Reichs, insoweit sie 
durch die gemeinschaftlichen Einnahmen nicht ge- 
deckt werden, „solange RSteuern nicht einge- 
führt sind“, durch die sog. Matrikularbeiträge 
aufgebracht werden; die letzteren sollten daher nur 
subsidiär zur Erhebung kommen und nur provi- 
sorisch bis zur Einführung von RSteuern. Dieser 
Grundsatz ist aber bei der Einführung neuer 
Steuern durch die sog. Frankensteinsche Klausel 
außer Anwendung gesetzt worden. Auf Verlangen 
des RX. wurde in das R v. 15. 7. 79 + 8 die 
Bestimmung ausgenommen, daß derjenige Ertrag 
der Zölle und der Tabaksteuer, welcher die Summe 
von 130 Mill. Mk. in einem Jahre übersteigt, den 
einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe der Be- 
trägen herangezogen werden, zu überweisen sind. 
Ebenso bestimmten die Gesetze über die RStempel- 
abgaben v. 1. 7. 81 § 32, die Branntweinsteuer G 
v. 24. 6. 87 §J 39 und von 1892 a II Ziff. 1, daß 
der Ertrag der Abgaben den einzelnen Bundes- 
staaten zu überweisen ist. Infolge dieser Gesetze 
blieben die Matrikularbeiträge formell bestehen, 
obgleich diese Abgaben zur Bestreitung der ordent- 
lichen Ausgaben ausreichten, ja eine Zeitlang die 
Bedürfnisse der RBerwaltung überstiegen und 
eine erhebliche Dividende für die Einzelstaaten 
abwarfen. Die Ueberweisungssteuern standen im
	        
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