Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
  
Reichsfinanzwesen (I. Ueberblick — II. Reichsfiskus) 
  
  
279 
  
Widerspruch mit a 70 der RV, den man nur 
künstlich dadurch verdeckte, daß man im Rétat 
den Gesamtbetrag der Erträge der Zölle und 
Verbrauchsabgaben als REinnahmen und die 
Ueberweisungen als Ausgaben des R aufführte. 
Schlimmer noch waren aber die tatsächlichen Fol- 
gen der Verkettung der R Wirtschaft mit der Finanz- 
wirtschaft der Einzelstaaten; denn die Unge wißheit, 
ob die Ueberweisungen größer ausfallen als die 
Matrikularbeiträge oder umgekehrt und wie hoch 
die Differenz in den einzelnen Etatsjahren sich 
beläuft, benahm der Obdnung der Finanzen der 
Einzelstaaten jede Sicherheit. Dieser auf die Dauer 
unerträgliche Zustand fand endlich eine teilweise 
Abhilfe durch das R# v. 14. 5. 04 (RG#Bl 169), 
indem die Ueberweisung von Einnahmen aus den 
Zöllen und der Tabaksteuer aufgehoben wurde. 
Dem a 70 der RV wurde eine andere Fassung 
gegeben, indem die Worte „solange RSteuern 
nicht eingeführt sind“ gestrichen und die „Ueber- 
weisungen“ ausdrücklich erwähnt worden sind. 
Ueberweisungssteuer ist gegenwärtig nur noch die 
Branntweinverbrauchsabgabe; bei den im Jahre 
1906, 1909, 1912 und 1913 neu eingeführten Ab- 
gaben finden Ueberweisungen nicht statt. Die 
Rechtssätze, welche das R v. 14. 5. 04 festgesetzt 
hat, um das Verhältnis der Matrikularbeiträge zu 
den Ueberweisungen und anderen REinnahmen 
zu regeln, sind durch den inzwischen so überaus 
vermehrten Bedarf des Reichs nicht mehr von 
praktischer Bedeutung. (Siehe mein Reichs- 
staatsr. 6. Aufl., S. 427). Das R v. 3. 6. 06 
5 3 (RacBl 621) hat dies noch dahin ergänzt, daß 
wenn die Matrikularbeiträge den Sollbetrag der 
Ueberweisungen in einem Jahr um mehr als 
40 Pfg. auf den Kopf der Bevölkerung über- 
steigen, die Erhebung des Mehrbetrages ausgesetzt 
wird, bis festgestellt wird, wie hoch der Fehlbe- 
trag nach den effektiven Einnahmen und Aus- 
gaben sich in Wirklichkeit beläuft und daß die Er- 
hebung der zur Deckung noch erforderlichen 
Summe erst im Juli des drittfolgenden Rech- 
mungsiahres stattfindet. Zur Zeit (1913) ist aber 
die Höhe der Matrikularbeiträge auf 80 Pfg. auf 
den Kopf der Bevölkerung festgesetzt und als eine 
dauernde in Aussicht genommen und durch das 
EtatsG v. 28. 5. 12 § 4 (Röl 320) und das 
Nachtragsetats G v. 3. 7. 13 5 3 (R l 499) 
sind die im Ro v. 14. 5. 04 und im R v. 3. 6. 06 
aufgestellten Grundsätze außer Geltung gesetzt. 
Die Matrikularbeiträge haben daher den Charakter 
einer festen Besteuerung der Bundesstaaten seitens 
des R angenommen. 
#s# 6. Die Abrechnung. Infolge der sozietäts- 
mäßigen Gestaltung der Finanzwirtschaft des 
R besteht zwischen der RKasse und den Landes- 
hauptkassen ein dauerndes Abrechnungsverhältnis. 
Da die Erhebung der Zölle und Verbrauchsab- 
gaben, der Stempelsteuern, der Erbschafts= und 
Schenkungssteuer, der Vermögenszuwachssteuer 
und einiger VerwEinnahmen durch die Landes- 
behörden erfolgt, so bilden die für Rechnung des 
K eingegangenen Summen einen Schuldposten 
der Landeskasse; dasselbe gilt von den Aversen, 
den Matrikularbeiträgen und den etwa aus der 
R rKasse empfangenen Vorschüssen. 
leisten die Einzelstaaten für Rechnung des R Aus- 
gaben, namentlich diejenigen, welche eine eigene 
  
Andererseits 
Heeresverwaltung haben; und sie haben Ansprüche l 
auf die ihnen zukommenden Anteile an den 
Reichseinnahmen und auf die ihnen gebührenden 
Entschädigungen, Pauschsummen, Nachlässe usw. 
Zur Nachweisung dieses wechselseitigen Soll 
und Haben sind von den Landeshauptkassen mo- 
natliche Abrechnungen aufzustellen und an die 
RHauptkasse bis zum 15. des folgenden Monats 
einzusenden. Sodann sind Vierteljahres- 
rechnungen anzufertigen, in welchen gemäß a 39 
RV Uebersichten über die Einnahmen an Zöllen, 
Verbrauchsabgaben, Stempelgefällen usw. auf- 
gestellt werden, und welche für die Ueberweisungen 
an die Einzelstaaten zur Grundlage dienen. End- 
lich die definitive Abrechnung und Ausgleichung 
erfolgt auf Grund der Jahresrechnungen 
(Finalabschlüsse). 
Die Vorschriften über das Abrechnungsgeschäft 
sind vom BRlusschuß für das Rechnungswesen 
unter Zustimmung des RK am 3. 4. 78 beschlossen, 
seitdem aber vielfach abgeändert und ergänzt 
worden. Für die Abrechnung zwischen der Reichs- 
hauptkasse und den Landeskassen gilt jetzt der Be- 
schluß des BR v. 29. G. 10 (Zentralbl. S 351). 
  
Literatur: Laband, Staatsr., Bd. IV 1 117 
und ff, (sog. kleines) Reichsstaatsrecht (1912) # 45: Georg 
Meyer, Staatsr., 1 208: Meyer-Dochow, Verwsecht 
* 213 ff; Zorn im RL. 3, 375 ff und Staatsr., II 1 81 ff; 
Schulze, Staatsr. 2, 296 ff; Hänel G0 f; v. Mayr 
im HWStaats W 5, 384 ff; Ad. Wagner, Finanzwissen- 
schaft 4, 66 ff. Laband. 
II. Reichsfishus 
* 2. Militärfiskus. 
# 5. Privilegien. 
# 1. Begriff. 
# 4. Wohnsitz. 
##1. Begriff. Die Existenz eines RF als eines 
von der privatrechtlichen Persönlichkeit der Bun- 
desglieder verschiedenen und ihnen gegenüber 
unabhängigen Privatrechtssubjekts ergibt sich aus 
der staatsrechtlichen Natur des R als eines Bundes- 
staates. Da jeder Staat ipso jure privatrechtliche 
Rechtsfähigkeit hat, ohne daß sie ihm durch aus- 
drückliche Gesetzesbestimmung beigelegt zu werden 
braucht [JFiskusl, so kommt die vermögens- 
rechtliche Persönlichkeit auch dem Bundesstaat von 
selbst zu. In der RGesetzgebung ist auch der RF 
positiv anerkannt. Derselbe ist identisch mit dem 
Rj; er bezeichnet das Reich als Vermögenssubjekt. 
Daher gibt es nur einen RF, wenngleich man die 
für die Zwecke einzelner Ressorts bestimmten Ver- 
mögensmassen auch als Fisci zu bezeichnen pflegt 
(z. B. Postfiskus, Marinefiskus) und sie formell, 
d. h. rechnungsmäßig, wie verschiedene Personen 
behandelt werden. Der RF umfaßt auch solche 
Fonds, welche durch Gesetz einem bestimmten 
Zweck in der Art zugewiesen worden sind, daß der 
Regierung jede anderweitige Verwendung unter- 
sagt ist, z. B. den R Kriegsschatz und ehemals den 
Invalidenfonds; andererseits sind vom Fiskus des 
9Rzu unterscheiden solche Vermögensmassen, welche 
zwar der Verwaltung einer RBehörde unterstellt 
sind oder mittelbar den Interessen des R dienen, 
deren Eigentum aber nicht dem R zusteht, wie 
die RBank und die vom R verwalteten Stif- 
tungen. 
* 3. Vertretung.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.