Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

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ten verblieben. Nur das preußische VerwEigentum 
dieses Ressorts ist in REigentum umgewandelt 
worden, da wegen der Identität des Kaisers und 
Königs die RGesandten zugleich preußische Ge- 
sandte sind und das Auswärtige Amt des R als 
preußisches Min der auswärtigen Angelegenhei- 
ten (# fungiert. 
2. Das Post= und Telegraphen- 
wesenssl] wird nach a 49 der RV auf Kosten 
des Reichs verwaltet; das G v. 25. 5. 73 findet 
daher auf das gesamte Inventar dieser Verwal- 
tung Anwendung. Ausgenommen sind jedoch 
Bayern und Württemberg, da diese Staaten die 
Verwaltung für eigene Rechnung führen. 
3. Die Marine. Da kein anderer Staat 
als Preußen bei Errichtung des Norddeutschen 
Bundes, bezw. des Deutschen R, eine Kriegs- 
marine (I hatte, beschränkt sich die Wirksamkeit 
des Gesetzes auf den Uebergang des ehemaligen 
preußischen Marine-Inventars in das Eigen- 
tum des Reichs. 
4. Das HeerwesenlHl. Die größte Trag- 
weite hatte das Reichsgesetz für diese Verwaltung 
und ist hier die juristische Wirkung eine höchst son- 
derbare. Denn die Einzelstaaten, welche ihre 
Kontingente selbst verwalten, schließen auch alle 
zu dieser Verwaltung gehörenden Geschäfte im 
eigenen Namen, wenngleich für Rechnung des Rz 
sie werden also obligatorisch berechtigt und ver- 
pflichtet; das Eigentum an sämtlichen zum Dienste 
der Heeresverwaltung bestimmten Gegenständen 
steht dagegen dem R zu. Die Praxis hat aber 
angenommen, obwohl im Widerspruch mit der RV 
und anderen RGesetzen, daß die Kontingentsver- 
waltungen die Geschäfte nicht nur für Rechnung, 
sondern auch im Namen und in Vertretung des R 
führen. Eine Ausnahme macht nur Bayern, 
da dieser Staat die Heeresverwaltung auf eigene 
Kosten, wenngleich mittelst der im REtat ihm dazu 
Überwiesenen Gesamtsummen, führt (# Reichs- 
fiskus § 2, oben S 282j1. 
C. Die Reichsschulden 
z 7. Finaunz- und Verwaltungsschulden. Die 
Unterscheidung zwischen Finanz= und Verw Verm 
findet auch auf die Passiva des Fiskus Anwendung 
[NStaatsschuldens. Der staatsrechtliche 
Unterschied zeigt sich vorzüglich darin, daß die 
Regierung zur Kontrahierung von „Finanzschul- 
den“ an und für sich nicht ermächtigt ist, sondern 
der besonderen Ermächtigung durch ein Gesetz 
bedarf, weil die Ausnutzung des Staatskredits 
außerhalb der ordentlichen Aufgaben der Staats- 
verwaltung liegt. Dagegen ist die Entstehung von 
„Verwaltungsschulden“ teils eine unmittelbare 
Folge der Gesetzgebung selbst, welche dem Fiskus 
Geldverpflichtungen auferlegt (z. B. Pensionen, 
Entschädigungen), teils eine notwendige Konse- 
quenz der Führung der Verwaltung. Die Re- 
gierung bedarf daher keiner besonderen Autorisa- 
tion zur Uebernahme dieser Schulden. 
Von dieser Unterscheidung weicht aber das posi- 
tive Recht ab. a 73 N schreibt vor, daß die Auf- 
nahme einer Anleihe sowie die Uebernahme 
einer Garantie zu Lasten des Reichs „im 
Wege der Gesetzgebung“" erfolgen müsse. Obwohl 
durch diese Vorschrift allerdings im wesentlichen 
die Finanzschulden getroffen werden und getroffen 
  
Reichsfinanzwesen (III. Reichsvermögen) 
werden sollen, so ist doch als der maßgebende Punkt 
die Form, in welcher die RSchuld begründet 
wird, hingestellt. Die Folge davon ist, daß auch 
Finanzschulden ohne reichsgesetzliche Ermächtigung 
kontrahiert werden können, wenn nur die Formen 
der Anleihe und Bürgschaft vermieden werden; 
und daß andererseits Kreditoperationen der lau- 
fenden Verwaltung der besonderen Genehmigung 
durch Gesetz alsdann bedürfen, wenn sie in einer 
dieser beiden Rechtsformen erfolgen. Dies gilt 
insbesondere von den Schatzan weisungen. 
# 8. Anleihen und Schatzanweisungen. Die 
Vorschrift des a 73 RV, daß die Aufnahme einer 
Anleihe im Wege der R6esetzgebung erfolgt, ist 
schlecht formuliert. Die Aufnahme einer Anleihe 
erfolgt vielmehr im Wege des Vertrages, des pri- 
vatrechtlichen Geschäfts. a 73 will vielmehr nur 
sagen, daß die RRegierung zum Abschluß eines 
solchen Geschäfts einer reichsgesetzlichen Ermächti- 
gung bedarf. Dies wird auch durch den Wortlaut 
sämtlicher Anleihegesetze des R bestätigt, indem 
sie die Ermächtigung enthalten. Diese Ermäch- 
tigung wird in den Resetzen stets dem Reichs- 
kanzler ecrteilt; allein auch diese Ausdrucks- 
weise entspricht nicht ganz dem wirklichen Recht. 
Denn die RSchuldenverwaltung darf nach § 2 
G v. 9. 11. 67 die Schuldverschreibungen und 
Coupons nur anfertigen „nach besonderer An- 
ordnung des Bundespräsidiums“; der RK bedarf 
daher stets noch einer Ermächtigung durch einen 
Kaiserlichen Erlaß, um von der im 
Reichsgesetz ihm erteilten Ermächtigung Gebrauch 
zu machen, und diese kaiserliche Genehmigung 
wird auch tatsächlich in allen Fällen erteilt. Der 
wirkliche Rechtszustand ist dahin zu bestim- 
men, daß durch das sog. Anleihegesetz zunächst der 
Kaiser ermächtigt wird, die Anleihe aufzu- 
nehmen und auf Grund dieser Ermächtigung als- 
dann der Kaiser dem R die Beschaffung der 
Geldmittel aufträgt. Die Anleihegesetze können 
ferner auch nähere Bestimmungen enthalten über 
die Bedingungen, unter denen die Anleihen auf- 
genommen werden sollen. Dies ist auch in sämt- 
lichen Anleihegesetzen der Fall und zwar in dop- 
pelter Art, so daß es zwei Formen von RAnleihen 
gibt: Renten und Schatzscheine. Bei 
den ersteren fehlt es an einem Fälligkeitstermin. 
und die Gläubiger haben kein Kündigungerecht, 
sondern das R allein kann sie binnen einer „ge- 
setzlich" festzusetzenden Frist kündigen; bei den 
letzteren sind die Fälligkeitstermine fest bestimmt. 
Die über die Reichsanleihen gelten- 
den Rechtsgrundsätze wurden früher für jede 
einzelne Anleihe besonders festgesetzt; jetzt sind 
sie durch die Reichsschuldenordnung 
v. 19. 3. 00 dauernd geregelt. Ueber die Tilgung 
der RAnleihen bestimmt das Finanz G v. 15. 7. 09, 
daß die für werbende Zwecke bis zum 
30. 9. 10 ausgegebenen Anleihen vom Rechnungs- 
jahr 1908 ab jährlich um mindestens /800 des 
Schuldbetrags getilgt werden; die v. 1. 10. 10 ab 
begebenen um mindestens 1,9 0%; die zu sonstigen 
Zwecken vor dem 1. 10. 10 ausgegebenen An- 
leihen sind jährlich mindestens mit 100, die nach 
diesem Termin begebenen mindestens mit 30% 
zu tilgen. Diese Vorschriften haben aber praktisch 
keine Bedeutung, so lange alljährlich neue An- 
leihen ausgegeben werden und eine Absetzung 
  
vom Anleihesoll einer Tilgung gleichgeachtet wird.
	        
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