294
Reichstag
Tagesordnung ( Landtag §s 151] sind während
der Beratung jederzeit statthaft und bedürfen
keiner Unterstützung, unterliegen aber der Debatte;
jedoch darf über Anträge auf einfache Tagesord-
nung nur ein Redner für und einer gegen gehört
werden; dann ist sofort abzustimmen, alle anderen.
Anträge daher zurückzusetzen; Anträge auf moti-
vierte Tagesordnung sind lediglich vor Abände-
rungsanträgen, nicht vor anderen (z. B. auf Schluß
oder Vertagung) zur Abstimmung zu bringen;
8) Gesch ODebatten sind der Geschäftserledigung
sehr abträglich, daher steht im Ermessen des Präsi-
denten, ob er das Wort zur Geschäftsordnung er-
teilen will, und darf die Bemerkung höchstens
5 Minuten dauern (seit Beschl v. 9. 12. 02 aus
Anlaß der Zolltarifdebatte).
Auf der anderen Seite soll die Plenarverhand-
lung doch auch dem zweiten Zwecke dienen. Die
Mitglieder, Fraktionen müssen Gelegenheit haben,
ihr Verhalten vor der Oeffentlichkeit zu rechtfer-
tigen. Besonders für Minderheiten ist es wertvoll.
Deshalb enthält die Geschäftsordnung auch Vor-
schriften zum Schutze der Mitglieder-
interessen: 1) in der Regel 1 Tag wöchent-
lich muß „Schwerinstag" sein, 2) Vertagungs= und
Schlußanträge bedürfen der Unterstützung, 3) im
Laufe derselben Diskussion darf einfache Tages-
ordnung nur einmal beantragt werden, 4) zu
unterbleiben hat a) die Abkürzung der Vorfristen
erster und dritter Lesung, wenn 15 anwesende
Mitglieder dagegen sind, b) die Abweichung vom
Prioritätsprinzip bei der Verhandlung von Peti-
tionen, wenn 30 Mitglieder widersprechen, bei der
Beratung von Mitglieder-Initiativanträgen, wenn
der Antragsteller widerspricht, c) die sofortige
Beratung von Anträgen, die nicht Gesetzentwürfe
sind, wenn irgend ein Mitglied sich dagegen er-
klärt, 5) jedes Mitglied hat Anspruch, daß An-
fragen von ihm auf die Tagesordnung der nächsten
für Anfragen bestimmten Sitzung gesetzt werden;
Unterstützung brauchen die Anfragen nicht; Inter-
pellationen müssen auf die Tagesordnung der
nächsten Sitzung kommen; Anfragen und Inter-
pellationen (unten § 6) sind also nicht an den
Schwerinstag gebunden; 6) der Präsident setzt die
Tagesordnung jeder Sitzung nur provisorisch fest;
bei Widerspruch entscheidet das Plenum; 7) die
bei der Abstimmung zu stellenden Fragen fixie
der Präsident; über die Stellung kann jeder ein-
zelne das Wort begehren, dann entscheidet das
Plenum.
Weitere Einzelheiten des Verfahrens ## Land-
tag und Abgeordnete.
8 6. Interpellationen, Anfragen IK Landtag
∆ 150, Statsrefolntionen.
A. Das Recht der Interpellationen ist
seit 1912 neu geordnet. 1) Die Interpella-
tionen sind, wie bisher schon üblich, an den
RK. nicht mehr an den BR zu richten. 2) Wie
bisher hat der Präsident die Interpellation auf
die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu bringen
und in ihr den RK zu fragen, ob und wann er sie
beantworte, dagegen sind die Fälle, wo eine so-
fortige Besprechung zulässig ist, erweitert: a) falls
mindestens 50 anwesende Mitglieder es verlangen,
muß sie erfolgen 2) wie bisher, wenn der Kanzler
die Interpellation beantwortet oder die Beant-
wortung ablehnt, 5) nunmehr auch, wenn er eine
bestimmte Erklärung nicht abgibt, ob er sie be-
antworten wolle; b) weiter darf die Interpellation
jetzt sofort besprochen werden, soferne der Kanzler
eine bestimmte Erklämnung, wann er beantworte,
nicht abgibt oder die Frist auf mehr als zwei Wo-
chen vom Tage der Einbringung an bemißt. Je-
doch haben hier 50 Mitglieder kein Recht es zu
verlangen; es steht im Ermessen des RT es zu
beschließen. Beschließen muß er es spätestens in
der drittnächsten Sitzung. 3) Die Besprechung
braucht nicht mehr ru#nbedingt sofort zu geschehen;
wenn kein Interpellant widerspricht, darf sie später
stattfinden. 4) Sofort bei der Besprechung dürfen
nun Anträge gestellt werden, aber nur solche auf
die zwei Formeln: a) die Behandlung der Ange-
legenheit durch den Kanzler entspricht der Anschau-
ung des RT; b) sie entspricht ihr nicht. Andere
Anträge zur Sache sind unzulässig, also auch solche,
die spezialisiert feststellen wollen, welche Maß-
nahmen usw. der Anschauung des RIT entsprechen
oder nicht entsprechen (Beschl des RX v. 27. 9. 12).
Die Anträge müssen von mindestens 30 Mit-
gliedern unterstützt werden. Die Abstimmung
ist zu vertagen, falls 30 Anwesende es fordern;
aber am nächsten Sitzungstage ist abzustimmen.
. „Anfragen" an den Ré sind seit
8. 5. 12 im RT eingeführt. Die Anfragen werden
auch schriftlich eingereicht. Sie dürfen nur über
Tatsachen Auskunft fordern und müssen sich auf
Bezeichnung der Tatsachen beschränken, über die
Auskunft gewünscht wird; also ist unerlaubt, sie
wie Interpellationen mit kurzen Erwägungs-
gründen zu versehen; der Fragesteller kann hier
erklären, und zwar jederzeit, gleich anfangs oder
später, daß er sich mit einer schriftlichen Antwort
begnüge. Die Fragesteller werden in der Sitzung
in der Reihenfolge des Eingangs ihrer Anfragen
beim Präsidenten, worüber ein Verzeichnis geführt
wird, aufgerufen und verlesen dann die Anfrage.
Der Aufruf unterbleibt, wenn die Anfrage einem
Gegenstand der Tagesordnung der Sitzung vor-
greift. Eine Besprechung der Antwort und An-
träge zur Sache sind unzulässig. Zur Ergänzung
oder Berichtigung der Anfrage kann der Frage-
steller (Wortführer) das Wort verlangen. - -
fragen, die an dem für sie bestimmten Tag uner-
ledigt blieben, scheiden aus, falls nicht der Frage-
steller vor Schluß der Sitzung schriftlich ihre Er-
ledigung in der nächsten Sitzung für Anfragen
verlangt. Die schriftlichen Antworten werden in
das Anfrageverzeichnis eingetragen und den Mit-
gliedern des RT alsbald mitgeteilt.
C. Etatsresolutionen. Nach Beschl
des RT v. 12. 12. 91 bedürfen bei der zweiten
Lesung des Etats beantragte Resolutionen 15 Un-
terschriften. Die Abstimmung erfolgt frühestens
am 3. Tage, nachdem sie in die Hände der Mit-
glieder kamen. Sie ist bis nach endgültiger Fest-
setzung des Etatsposten auszusetzen, soferne es
nach dem engen Zusammenhang mit dem Posten
angezeigt oder von 30 Mitgliedern beantragt ist.
65 7. Parlamentarische Redefreiheit besteht in
dem Schutz gegen gewisse vergeltende und vor-
beugende Maßnahmenz; sie ist somit keine allge-
meine, sondern eine beschränkte. Freiheit gegen
Repression besteht nur nach außen IJ Abgeord-
netes; Freiheit gegen Prävention nach außen und
innen. Nicht nur die Regierung darf dem Mitglied
Reden nicht verbieten, sondern auch Präsident und
Plenum sind nicht befugt, Inhalt oder Form einer