Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Repressalien 
  
Gebiet des ALR 1888. — Ernst Mayer, Die Kirchenho- 
heitsrechte des Königs von Bayern, 1884: Reinhard, 
Die Kirchenhoheitsrechte des Königs von Bayern, 1884; 
H. Hellm *Wr h. Die religiöse Erziehung der Adoptiv-- 
kinder (Arch. Oeff 29, 1912, S 233—238); Sartorius, 
Die religiöse Erziehung der Kinder aus gemischten Ehen, 
1887; Bärthlein, Die R. K. in Bayern, 1912. — Graf 
v. Montgelas, Die religiöse Erziehung der Kinder aus 
gemischten Ehen im Königreich Sachsen, 1911. — Fauser, 
Die Konfession der Kinder in Württemberg, 1911. — Max 
Keller, R. K. nach badischem Recht, 1913. — Georg 
Best, Die hessischen Gesetze, Verordnungen und Dienstan- 
weisungen zur Ausführung des B und seiner Neben- 
gesetze, 1, 1900, S 83—88. 
Ausführliche Angaben über Quellen und Literatur bei 
v. Sicherer in der 1. Aufl. dieses WB. II 388—390. 
Friedrich. 
Rentenbanhen 
1 2, 43, II 739, 742 ff, II 602 ff und „Agrar- 
gesetzgebung“ (für die einzelnen Staaten). 
Rentengüter · 
IIKolonifation(inne1e)Band11601ff-Ansted- 
lungen Band I, S 131, 137, 138. 
Repressalien 
Unter R. versteht das heutige Völkerrecht Hand- 
lungen oder Unterlassungen eines Staates zur 
Vergeltung eines von einem anderen Staate ihm 
zugefügten Unrechtes, jedoch ohne Krieg. 
Ueber die Etymologie des Wortes, die historische 
Entwickelung des Rechtsinstituts und den Zu- 
sammenhang mit den lettres de marque s. Bul- 
merincgq in Holtzendorffs RL 3, 440 ff. Die ange- 
gebene allgemeine Definition der R.läßt es als statt- 
haft ericheinen, daß der unrechtmäßig behandelte 
Staat seine Vergeltung in Form von R. nicht allein 
an dem Unrecht übenden Staate und dessen Gütern, 
sondern auch an dessen Untertanen und deren 
Privateigentum nehme. Dem entsprach auch die 
Praxis der früheren Jahrhunderte (Bluntschli 281). 
Daß die neuere Theorie des Völkerrechtes sich 
gegen R. am Privateigentum der Untertanen in 
Vergeltung eines von ihrem Staate geübten Un- 
rechtes erklärt (Bluntschli hält solche noch für zu- 
lässig als „Gegenrecht“), hängt zusammen mit 
den auf Schutz des Privateigentumes bei Kon- 
flikten der Staaten überhaupt abzielenden Be- 
strebungen, welche für die Sphäre des Landkrieges 
auch erfolgreich waren, während für den Seekrieg 
die Unverletlichkeit des Privateigentums immer 
noch keine grundsätzliche Anerkennung hat finden 
können. Demgemäß wird nach heutigem Völker- 
recht die Zulässigkeit von R. an Staatseigentum 
uneingeschränkt, an Privateigentum lediglich zur 
See, nicht aber auf dem Lande, behauptet werden 
müssen. (Ueber den berühmt gewordenen schlesi- 
schen Fall Friedrichs d. Gr. gegenüber England, 
sowie über das brutale Verhalten Englands im 
Pacificofall 1850 s. Oppenheim 2, S 41, 44; 
  
Martens, Causes célebres 2, 97 ff; 5, 395 ff). — 
Die Unterscheidung von positiven (Wegnahme 
von Sachen, Verhaftung von Personen usw.) 
und negativen R. (Unterlassung der Erfüllung von 
Verpflichtungen, insbesondere auf Staatsvertrag 
beruhenden) ist rechtlich bedeutungslos. Die R. 
werden in vielen Fällen den Uebergang zum 
Kriegszustand bilden; der Begriff R. gehört aber 
an sich nicht dem Kriegsrechte an, sondern stellt 
einen Gegensatz zu letzterem dar. 
R. sind immer Akte der Staatsgewalt; Private 
sind unter keinen Umständen berechtigt, R. zu er- 
greifen, machen sich vielmehr dadurch einer ver- 
brecherischen Handlung schuldig. Anders im 
Mittelalter: R. Briefe, lettres de marque. Im 
Bundesstaat wird nur die Zentralgewalt, welcher 
überhaupt die völkerrechtliche Vertretung des 
Gesamtstaates obliegt, zur Geltendmachung von 
R. für befugt erachtet werden dürfen. — Ebenso 
können Anlaß zu R. nur Akte des Staates bieten, 
nicht solche von Privatpersonen, es sei denn, daß 
die Staatsgewalt die letzteren ausdrücklich ge- 
billigt und dadurch die Verantwortung dafür 
übernommen hat: handelt es sich um Akte von 
Beamten oder Behörden des Staates, so ist die 
Anwendbarkeit von R. auzsgeschlossen, sobald die 
Staatsgewalt jene Akte mißbilligt und gegebenen- 
falls Genugtuung leistet. — R. zum Schutze von 
fremden Staatsangehörigen oder in Vertretung 
dritter Staaten sind an sich als unzulässig zu be- 
trachten, es sei denn, daß besondere, durch Staats- 
vertrag normierte Verhältnisse vorliegen, welche 
diese Vertretung direkt oder indirekt einschließen 
(zutreffend v. Bulmerincgq in Holtz. RL 3, 444 
gegen Heffter u. a.). — Die einzelnen Gründe 
für Ergreifung von R. lassen sich nicht aufzählen; 
vor allem wird der Fall der Justizverweigerung 
in Betracht kommen, worüber die völkerrechtlichen 
Schriftsteller eingehende Erörterungen pflegen. 
— Daß vor der Anwendung von R. mit solchen 
gedroht werde, ist nicht erforderlich; wohl aber 
wird es unter heutigen internationalen Verhält- 
nissen keinem Zweifel unterliegen dürfen, daß 
vor der Ergreifung von R. ein Ausgleich des Streit- 
falles auf diplomatischem Wege oder sonst in 
gütlicher Weise versucht werde. — Welcher Art 
R. sein dürfen, ist nicht unbestritten. Anerkannt 
ist der Satz, daß die R. nicht unverhältnismäßig 
sein sollen gegenüber dem durch sie zu sühnenden 
Unrecht; wenn ältere Schriftsteller einfach den 
Grundsatz der Talion hierfür als maßgebend hin- 
stellten, so ist dies natürlich bei den heutigen 
Kulturverhältnissen der Staaten unhaltbar; Maß- 
regeln, welche wilden Völkern gegenüber etwa zu 
ergreifen sind, können überhaupt nicht unter 
völkerrechtliche Gesichtspunkte gebracht werden. 
Regelmäßig werden als R. verwendet: Wegnahme 
von Sachen, Beschlagnahme von Forderungen, 
Hemmung des Post-, Eisenbahn-, Schiffahrts- 
verkehrs, Flottenkundgebungen, in älterer Zeit 
auch Verhaftungen von Personen (Androlepsie), 
Okkupation von Staatsgebiet ist jedenfalls als R. 
zulässig, wird jedoch immer als casus belli be- 
trachtet werden müssen (Beispiele aus neuerer 
Zeit bei v. Liszt und bei Heilborn in v. Holtz.= 
Kohler). Bezüglich der Verhaftung von Perso- 
nen als Geiseln stellt die ältere Theorie ein- 
gehende Erörterungen an, welche heute als un- 
praktisch bezeichnet werden dürfen, da in Frie- 
 
	        
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