Retorsion
denszeiten eine Verhaftung von Personen zur
Vergeltung eines Unrechtes ihres Staates über-
haupt als unzulässig bezeichnet werden muß
(über die Behandlung der Einzelfragen seitens
der älteren Theorie v. Bulmerincg im RL 446).
Treffen R. das Privateigentum Unschuldiger, so
muß jedenfalls eine Entschädigungspflicht des
Staates behauptet werden.
Ueber Blockade und Embargo (/ die
besonderen Artikel.
Literatur: v. Bulmerinca in Holtzendorffs
Rd2 3, 410 ff;: Derselbe in Holtzendorffs HB 4, 72 ff;
Bluntschli, BR, 4 500 ff; Heffter--Gesscken,
BR. 1 110; v. Martens-Bergbohm Bl 2, 468 ff;
v. Ullmann, WM, 1 160; v. Liszt, VM, 38 III;
Heilborn, System d. BK, 351 ff; Derselbe bei
v. Holtz.-Kohler Enzyklopädie der Rechtswissenschaft 2,
1053; A. Zorn, VMN, 241; Bon fils, VRl, 975 ff;
Calvo, le drolit intern." 3, 14 1808 ff; Oppenheim,
Intern. law 2, 38 ff; Mas Latrie, Droit des mar-
ques, 1866; Lafargue, Les représailles en temps de
paix, 1899; Ducrocgq, R. en temps de paiz, 1001.
#Pbilipp Norn.
Retorsion
I. Während unter Repressalien [| die Reak-
tion eines Staates gegen ein von einem anderen
Staate begangenes Unrecht, wird unter
R. (Vergeltung) die Reaktion eines Staates gegen
eine von seiten eines anderen Staates verübte
Unbilligkeit verstanden. Der Grund-
gedanke der R. ist demnach die völkerrechtliche
Comitas nationum; der Satz, welcher zwar nicht
als Rechts-, wohl aber als Grundsatz behauptet
werden kann, daß die Staaten im internationalen
Verkehr einen gegenseitigen Anspruch auf gleiche
Behandlung haben. Demgemäß bieten den
hauptsächlichen und auch gegenwärtig noch sehr
praktischen Anlaß zu Maßregeln der R. diejenigen
Einzelfälle oder Rechtsverhältnisse, in welchen ein
Staat einen anderen Staat oder seine Untertanen
rechtlich oder tatsächlich schlechter behandelt als
einen dritten Staat (Beispiele bei v. Ullmann,
454 f). In solchen Fällen sind Maßregeln der R.
immer statthaft, auch ohne daß man einen völker-
rechtlichen Rechts anspruch auf gleiche Be-
handlung behauptet. Die noch weiter reichenden
Forderungen, daß der Fremde dem Einheimischen
rechtlich gleichgestellt oder etwa gar, daß er rechtlich
noch besser behandelt werden müsse als der eigene
Staatsangehörige, entbehren jeder juristischen Un-
terlage. Einzig der Satz, daß Fremde, welche An-
gehörige des Staates 4 sind, nicht schlechter zu
behandeln seien als Fremde, welche Angehörige
des Staates B sind, kann die Grundlage der R.
bilden; die vielfachen Erörterungen darüber, daß
Fremde einen prinzipiellen Rechtsanspruch auf
gleiche Behandlung wie die eigenen Staatsange-
hörigen haben sollen, sind grundsätzlich verfehlt.
Daß nur Unbilligkeiten von seiten des Staates,
nicht solche von Privatpersonen gerechtfertigten
Anlaß für Maßregeln der R. bieten, darf als
selbstverständlich behauptet werden I/ Ausland,
Ausländer!.
!J Repressalien.
Zweck der R. ist die Beseitigung der Unbillig-
keit; sie hat demnach aufzuhören, sobald letztere
aufhört. Sie darf ferner nicht in Mißverhältnis
stehen zu derjenigen Unbilligkeit, gegen welche
sie sich richtet; sie muß endlich innerhalb der Be-
rechtigung des Staates liegen, welcher dazu
schreitet. Krieg kann nicht Maßregel der R. sein,
sondern letztere steht zu ersterem in begrifflichem
Gegensatz. Daß ebenso wie vor der Ergrei-
fsung von Repressalien (J| auch vor der R.
durch gütliche, insbesondere diplomatische Mittel
ein Ausgleich der Streitfrage versucht werden
soll, wird der internationalen comitas nationum
entsprechen.
Maßregeln der R. zu verfügen, ist nur die
Staatsgewalt berechtigt, niemals das einzelne
Individuum. Solche Maßregeln können allge-
mein unter bestimmten Voraussetzungen ange-
ordnet sein und werden dann regelmäßig auf
Gesetzesvorschrift beruhen; zuständig im einzelnen
Falle ist dann diejenige Behörde, welcher die
Durchführung der betreffenden Gesetzesvorschrift
obliegt. Andernfalls aber wird allerdings zu
Maßregeln der R. der Befehl des den Staat
völkerrechtlich vertretenden Organes gefordert
werden müssen.
II. Die deutsche Gesetzgebung enrthält
folgende allgemeine Vorschriften über Retorsion:
1. Unter Zustimmung des BR kann durch
Anordnung des Rl bestimmt werden, daß gegen
einen ausländischen Staat sowie dessen Ange-
hörige und ihre Rechtsnachfolger ein Vergeltungs-
recht zur Anwendung gebracht wird (Ec z. BGB
a 31; wörtlich übereinstimmend EG z. ZPO
5 24, KonkO §5 5 Abs 2);
2. Der BR kann Beschränkungen des Markt-
verkehrs [J.] der Ausländer als Erwiderung der
im Auslande gegen Reichsangehörige angeord-
neten Beschränkungen anordnen (GewO 64
3;
3. Zollpflichtige Waren, die aus Ländern her-
stammen, in welchen deutsche Schiffe oder deutsche
Waren ungünstiger behandelt werden als diejeni-
gen anderer Länder, können neben dem tarif-
mäßigen Zollsatz einem Zollzuschlage bis zum
doppelten Betrage dieses Satzes oder bis zur
Höhe des vollen Wertes unterworfen werden.
Tarifmäßig zollfreie Waren können unter der
gleichen Voraussetzung mit einem Zolle in Höhe
bis zur Hälfte des Wertes belegt werden (Joll-
tarif# v. 25. 12. 02, & 10 Abf 1).
Literatur: v. Bulmerinca in Holtzendorffs
R: 3, 461 f.; Derselbe in Holgtendorffs H#B 4, 59 ff;
Bluntschli, VR, 14 505; v. Ullmann löyf:
Gareis, 5177; Calvos 3, 1§8 1807 fR; Bonfils",
972 f: Oppenheim 2, 290—32. Im übrigen
#Pbiliyp Sorn.
Reuß ä. K. (Kürstentum), Reuß i. K. (Fürstentum)
Thüringische Staaten