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ist auch durch die Schaffung des Norddeutschen
Bundes und des an dessen Stelle tretenden
Deutschen Reichs in ihrem Wesen nicht geändert
worden. An sich könnte freilich das Deutsche Reich
die Verwaltung der RhSch für die deutschen
Uferstaaten selbst übernehmen; denn diese sind
in ihrem ganzen Umfange und allen Arten ihrer
Tätigkeit, also auch hinsichtlich der Verwaltung
der RhSch, der Reichsgewalt unterworfen. Zu-
dem ist in a 4 Ziff. 9 RV ausdrücklich bestimmt,
daß der Beaufsichtigung und Gesetzgebung des
Reichs der Schiffahrtsbetrieb auf den mehreren
Staaten gemeinsamen Wasserstraßen unterliegt.
Bisher hat das Reich von dieser Zuständigkeit in
bezug auf die besondere Verwaltung der Rhöch
kaum Gebrauch gemacht. Ein Ausnahmefall be-
stand darin, daß auf Grund eines RTBeschl v.
9. 5. 83 der RK einen Ausschuß von Sachver-
ständigen unter Leitung eines Reichskommissars
mit der Aufgabe berief, die Verhältnisse des
Rheines und seiner Nebenflüsse zu untersuchen
und Verbesserungsvorschläge zu machen. Das
Ergebnis war die Herausgabe des Werkes „Der
Rheinstrom“. Ein zweites Mal griff das Reich
1892 und 1893 zur Abwehr der Choleragefahr
durch besondere Maßnahmen unmittelbar in die
Rh ch ein, indem der RK auf Grund von a 4 RV
für das Rheinstromgebiet einen Reichskommissar
zur Durchführung gesundheitspolizeilicher Maß-
nahmen bestellte. Abgesehen davon macht sich
im Gebiete der Rhöch der Einfluß des Reichs nur
insofern geltend, als manche allgemeine reichsrecht-
liche Vorschriften dort zur Anwendung kommen.
Literatur: Klüber, Akten d. Wiener Kongresses,
1815; Sammlung d. Gesetze und sonst. Borschriften
bezügl. d. Rh Sch 1. d. Rheinuserstaaten. 1889; Die
Rheinschiffahrtsakte ist u. a. abgedruckt bei
Fleischmann Völkerrechtequellen, der Bertrag zwi-
schen Baden und der Schweiz v. 16. 5. 89
bei Rohland, Völkerrechtsquellen", 1005; Rheinschifs-
fahrts--Polizeiordnung und Auswahl be-
sonderer Pol Verordnungen und Bekanntmachungen für die
Rh ch (vom Verein zur Wahrung d. Rhchßnteressen, Dris-
burg o. J.); Kalender f. d. Rhch, Schmitt und Schnell,
Mamnz; Der Rheinstrom und seine wichtigsten Neben-
flüsse (herausgeg. vom Zentralbureau f. Meteorologie und
Hydrographie im Großherzogtum Baden) 1889; Die Arbei-
ten der (preußischen) Rheinstrombauverwaltung
1851—1900, Denkschrift. — Herm. Seuf fert „Rhein-
schiffahrtsgerichte“ 1. Aufl. des W Derw, 2. Er-
gänzungsband (1893) S 194/206; v. Bölderndorff,
Die richterl. Tätigkeit der Zentralkommission für die Rh-
Sch, 1832—94, 1894; v. Traut, Die Zentralkommis.
sion s. d. Rhoch und ihre Rechiiprechung 1832—191 18,
1912; Die Erhebung d. Schiffahrtsabgaben auf d. Rhein,
Denkschrift des Arbeitsaueschusses d. Rhch Interessenten,
1905; Gothein, Geschichtliche Entwicklung d. Rhch im
XIX. Jahrh. (in: Schriften d. Verein f. Sozialpolitik 101,
Bd. 2, 1903); Eckert, Rhech im XIX. Jahrh. (in:
Staats- und sorialwissenschaftl. Forschungen, herausgeg. v. G.
Schmoller, Bd. 18, 5. Heft I- 81. Heftl, 1900, mit reichen
Schriftenangaben); Mallinckrodt, Die rechtl. Grund-
lagen d. Schiffahrtspolizei auf d. preußischen Rbeinstrecke,
1911: Gustav H. Schmidt, Die Oberrheinschiffahrt,
Annalen 1905, S 481, 561. Lehrbücher des Völlerrechis,
namentlich v. Liszt, Ullmann; Caratheodory
bei v. Holtendorss VR 2, 1887. Mallinckrodt.
—.—
Rheinschiffahrt — Richter
Richter
! 1. Beamtenrechtliche Stellung (Disziplin). # 2. Fähig-
keit zum Richteramte. # 3. Prüfung, Vorbereitungsdienst.
4 4. Assessoren. 5. Laufsbahn. # 6. Gehalt und Pension.
#* 7. Richtervereine.
K#1. Beamteurechtliche Stellung (im allge-
meinen, Tisziplinarrrecht).
I. Im allgemeinen. Die Reichsgesetz-
gebung beschränkt sich im wesentlichen darauf,
die notwendigen Bürgschaften für die richterliche
Unabhängigkeit zu geben und die beamtenrecht-
liche Stellung der R. nur in den allgemeinsten
Grundzügen festzustellen. Die R. werden auf
Lebenszeit ernannt. Sie können von der Justiz-
verwaltung weder abgesetzt noch zeitweilig ihres
Amtes enthoben und ohne ihre Zustimmung
weder auf eine andere Stelle noch in den Ruhe-
stand versetzt werden. Dazu bedarf es richterli-
cher Entscheidung in einem geordneten Diszipli-
narverfahren (Jl. Nur ausnahmsweise kann die
Landesjustizverwaltung R. ohne ihre Zustim-
mung versetzen oder vom Amte entheben, näm-
lich wenn die Gliederung der Gerichte oder die
Abgrenzung der Gerichtsbezirke geändert wird;
dem R. muß jedoch dann das volle Gehalt be-
lassen werden. Die R. beziehen ein festes Gehalt
unter Ausschluß von Gebühren. Wegen ihrer
vermögensrechtlichen Ansprüche aus dem Dienst-
verhältnis, insbesondere auf Gehalt oder Ruhe-
gehalt, darf der Rechtsweg sI nicht ausgeschlossen
werden (GVG 88 6—9). Diese Vorschriften gel-
ten nicht für Handels R., Schöffen (J und Ge-
schworene (GVG é 11), die, ähnlich wie die
Beisitzer der Konsular-1U und Schutzgebietsge-
richte (XI, nicht zu den — im vorliegenden Ar-
tikel allein zu behandelnden — besoldeten richter-
lichen Berufsbeamten gehören. «
Weitere Vorschriften über das staatsrechtliche
Beamtendienstverhältnis der R. gibt das GVG
dann nur noch für die Mitglieder des Reichs-
gerichts. Sie ernennt der Kaiser auf Vorschlag
des BR, ein Vorschlag, der wohl immer einem
Wunsche der für die gerade zu besetzende Stelle
zuständigen einzelstaatlichen Justizverwaltung ent-
sprechen wird. Reichsgerichtsrat kann nur werden,
wer in einem Bundesstaat die Befähigung zum
R. Amte erlangt und das 35. Lebensjahr vollendet
hat (GV # . 127). Die Mitglieder des Reichs-
gerichts unterliegen keinem Dieziplinarverfahren,
sondern können nur durch Beschluß des Plenums
aus eng begrenzten Gründen vorläufig vom Amte
enthoben oder des Amtes und Gehalts für ver-
lustig erklärt werden (näheres GVG F 129, 130).
Ebenso kann nur durch Beschluß des Plenums
die Versetzung in den Ruhestand ausgesprochen
werden, wenn ein Mitglied durch ein körperliches
Gebrechen oder durch Schwäche seiner körperlichen
oder geistigen Kräfte zur Erfüllung der Amts-
pflichten dauernd unfähig wird und trotz Auffor-
derung des Präsidenten in der ihm gestellten
Frist die Versetzung in den Ruhestand nicht bean-
tragt (GVG K 131). Die Novelle v. 22. 5. 10
gibt den Mitgliedern des Reichsgerichts, sobald
sie das 65. Lebensjahr vollendet haben, den An-
spruch auf Ruhegehalt ohne Nachweis der