Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Richter 
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J 
Dienstunfähigkeit. Die Berechnung des Ruhe- 
gehalts ergibt sich aus 5 130 GG: das Ruhege- 
halt der Reichsgerichtsmitglieder steigt — anders 
als das der übrigen Reichsbeamten — auch über 
45/60 hinaus und erreicht mit Vollendung des 
50. Dienstjahres den vollen Betrag des Gehalts. 
Dieses beträgt für alle Reichsgerichtsmitglieder 
13 000 Mk., wozu noch ein Wohnungsgeld tritt. 
Das beamtenrechtliche Dienstverhältnis der R. 
bestimmt sich im übrigen nach den allgemeinen 
für die Zivilstaatsbeamten geltenden Vorschriften, 
also für die richterlichen Reichsbeamten nach dem 
(auch für die Reichsgerichtsmitglieder ergänzend 
heranzuziehenden, in Elsaß-Lothringen aber als 
Landesgesetz geltenden) Reichsbeamten G in der 
Fassung v. 18. 5. 07 und für die richterlichen Lan- 
desbeamten nach den einzelstaatlichen Staats- 
dienergesetzen, s. unten 5 7 Alll, ferner Be- 
amte, Disziplin. 
II. Neben diesen allgemeinen landesgesetzlichen 
Vorschriften über das Beamtenrecht enthalten 
die Landesgesetze auch noch Sonderbestim- 
mungen für die Richter. 
Der R. kann nicht gegen seinen Willen auf eine 
andere Stelle oder in den einstweiligen Ruhestand 
versetzt werden. Zur Versetzung bedarf es eines 
Disziplinarurteils. Er hat, solange nicht ein 
Disziplinar= oder Strafverfahren gegen ihn 
schwebt, einen Rechtsanspruch auf Verleihung 
der Gehaltszulage (§ 7 des Pr. R.Besoldungs G 
v. 28. 5. 07, GS I111), ähnlich in den andern 
Bundesstaaten, z. B. im Bad. Beamten G v. 
12. 8. 08 (GVBl 420). 
Im Interesse der Rechtspflege, z. B. wenn 
unter R. am selben Gerichte Verschwägerung 
eintritt, kann ein R. ohne seine Zustimmung in 
ein anderes R.Amt unter Belassung desselben 
Gehalts und Ranges versetzt werden, so in Preu- 
ßHßen, Baden, Anhalt. Dazu bedarf es 
aber immer einer Entscheidung des Diszipli- 
nargerichts. In Bayern ist es nach a 38 des 
Beamten G v. 16. 8. 08, wie schon vorher nach dem 
bayrischen Richterdisziplinar G v. 26. 3. 81, zu- 
lässig, den R. gegen seinen Willen in den einst- 
weiligen Ruhestand zu versetzen, wenn „Um- 
stände vorliegen, durch die seine amtliche Wirk- 
samkeit auch auf einer andern Stelle nicht bloß 
vorübergehend gestört wäre“. In Hessen ist 
es nach a 61 des G v. 31. 5. 79 außerhalb eines 
Disziplinarverfahrens zulässig, einen R. gegen 
seinen Willen zu versetzen, wenn nach einer Plenar- 
entscheidung des OL tatsächliche Verhältnisse ein 
Verbleiben des R. auf seiner bisherigen Stelle 
mit den Interessen der Rechtspflege nicht verein- 
bar erscheinen lassen. Nach a 63 das. sollte der 
Amtsrichter in den ersten 5 Dienstjahren auch auf 
eine nichtrichterliche Stelle versetzt werden dür- 
fen. Diese landesgesetzliche Vorschrift hat aber 
das Reichsgericht (49, 112) für unzulässig erklärt. 
IIII. Die wichtigeren Disziplinar gesetze 
sind oben [J Disziplin & 2] zusammengestellt. Sie 
regeln meist das richterliche Disziplinarrecht durch 
vereinzelte Sondervorschriften im Zusammen- 
hange mit dem der übrigen Beamten (Württ. 
Beamten G v. 28. 6. 76, Reg Bl 211, mit Aende- 
rungen v. 1. 8. 07 und 23. 7. 10, Reg Bl S 243, 
313; Bad. Beamten G v. 12. 8. 08, GBBl 420), 
teils ordnen sie es durch besondere R. Dis- 
ziplinargesetze (Preuß. Disziplinar G v. 7. 5. 
  
51, GS 218, dazu G v. 26. 3. 56, 9. 4. 79, GS 
345; Bay. Disziplinar G v. 5. 12.08, GVl 1007, 
Sächs. G v. 20. 3. 80, GS 31). Die rechtlichen 
Grundlagen, das Verfahren und die Disziplinar- 
strafen decken sich fast überall mit dem Recht der 
übrigen Beamten. Doch gilt im allgemeinen der 
Grundsatz, daß R. nur von Standes- 
genossen abzunurteilen sind, Verw- 
Beamte also im Gegensatz zu den sonstigen 
Disziplinarbehörden im richterlichen Disziplinar- 
verfahren nicht mitwirken. Nur in Sachsen ist 
auch der Justizminister neben den gerichtlichen 
Instanzen Disziplinarbehörde für die R. Viel- 
fach sind für die richterlichen Disziplinarsachen 
noch ganz besondere Rechtsgarantien gegeben, 
die für Preußen in einer über das erträgliche 
Maß hinausgreifenden Ueberspannung der Bei- 
sitzerzahl des als Berufungsinstanz zuständigen 
„großen Disziplinarsenats“ (15 Mitglieder) ge- 
funden wurden, während Sachsen den Diszipli- 
narsenat II. Instanz nur mit 5 Mitgliedern besetzt, 
(aber sämtlich Präsidenten), und Bayern einen Be- 
rufungssenat aus dem Präsidenten und 6 Räten 
des Obersten Landesgerichtes bildet. Württemberg 
läßt den „vollen Rat“ (das Plenum) des OLc##, 
Baden 7 Mitglieder des OL-# einschließlich des 
Präsidenten entscheiden. Diese beiden Staaten 
kennen kein Rechtsmittel, während in Preußen 
die ebenfalls aus 7 Mitgliedern bestehenden Dis- 
ziplinarsenate bei den OL# lediglich die I. In- 
stanz bilden. Bayern besetzt die erste Instanz nur 
mit 5 Mitgliedern (bei den OL#y). Sachsen 
und Hessen haben die Dreiteilung: Diszipli- 
narkammern bei den Landgerichten, Disziplinar- 
senat beim OLG# und Disziplinarhof, der in 
Sachsen Berufungsgericht ist, in Hessen dagegen 
nur die Mitglieder des OL aburteilt. Für 
Elsaß-Lothringen ist das Reichsgericht als Nach- 
folger des Pariser Kassationshofs höchste Landes- 
disziplinarinstanz (a 4Gv. 23. 12. 73, GBl Nr. 39). 
Strafmittel sind Verweis, Geldstrafe bis 
zum Betrag eines Monatsgehalts, Strafversetzung 
unter Verlust der Umzugskosten ohne oder mit 
gleichzeitiger Minderung des Gehalts, Dienstent- 
lassung. Bayern, Württemberg und Baden haben 
außerdem den als Strafe auszusprechenden Verlust 
des — nur den R. gesetzlich zustehenden — An- 
spruchs auf Vorrücken im Gehalt (Bayern auf 
3 Jahre, Württemberg auf 2 Jahre, Baden auf 
„bestimmte Zeit“). In Bayern tritt ferner dieser 
Verlust auf 2 Jahre von Rechts wegen ein als 
Folge einer im 2. Rückfall innerhalb dreier 
Jahre stattfindenden disziplinaren Verurteilung. 
Baden kennt auch die Versetzung in den einst- 
weiligen Ruhestand als Strafe, eventuell 
mit Wiederanstellung zu niedrigerem Gehalt. 
Das Verfahren ist in Bayern nach den 
Grundsätzen des modernen Strafprozesses mit 
mündlicher Schlußverhandlung und unmittelbarer 
Beweisaufnahme geordnet. Die älteren Gesetze 
der übrigen Staaten folgen dagegen mehr oder 
minder den Spuren des früheren schriftlichen 
Strafprozesses, so namentlich in Preußen, wo noch 
Referat und Votum in alter Art gefertigt wird. 
III. Anspruch auf Versetzung in den 
Ruhestand ohne Nachweis der Dienstun- 
fähigkeit hat der R. in den meisten Staaten nach 
Vollendung des 65. Lebensjahrs, so in Preußen, 
Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, Anhalt,
	        
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