Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Orden (katholische) 
  
§+§ 3. Errichtung und Aufhebung. 
1. Die deutschen Staaten machen, wie es auch 
schon „reichskündige Praxis“ war, die Errichtung 
von N in jedem einzelnen Falle von einem beson- 
deren Staatsakt, der Genehmigung, ab- 
hängig, als Ausfluß der Kirchenhoheit (NI, des 
staatlichen Oberaufsichtsrechtes. 
Dieses Erfordernis der Genehmigung zur Errichtung 
neuer Niederlassungen hat ausdrücklich betont Preußen 
durch die das G v. 31. 5. 75 51 2 abändernde G v. 14. 7. 80 
à 6 und v. 29. 4. 87 a 33 Bayern im Rel.-Edikt 51 76ea. 
MinE v. 14. 1. 67 (bei Weber, Neue Ges.- und Sammlung 
für das Kar. Badern, 1880 ff. 4, 325): landesherrliche 
Genehmigung: Württemberg im zit. K G v. 1362 
àa 15; Baden im zit. KG v. 1860 &+. 11; Hessen im 
Gv. 23. 4. 75 à 3 und G v. 1. 7. 95;: die beiden Meck-. 
lenburg in den V v. ö. 1. 03 3. Ueber Elsaß- 
Lothringen pdgl. oben 5 2, 2. In den deutschen 
Kolonien, die kein Staatskirchenrecht kennen, sind die 
Missionen IJ| aller Religionsgesellschaften zu freier Tätig- 
keit zugelassen, mithin bedürfen O.N, auch der ZJesuiten, 
keiner Genehmigung (Schutzgeb G von 1900 1 14 (K Je- 
fuitengesetz). 
Demgemäß ist die Gewährung oder Verweige- 
rung der Genehmigung für die Existenzmöglich- 
keit der N grundlegend. Rein theoretisch wird man 
allerdings unterscheiden müssen, ob der einzelne 
Staat O. und K prinzipiell ausschließt und die 
Erteilung der staatlichen Genehmigung zur Er- 
richtung von N die Ausnahme von der Regel ist, 
oder ob der Staat die O. und K prinzipiell zu- 
läßt, und sich demgemäß die jeweilig erforder- 
liche Genehmigung nur als eine aus dem staat- 
lichen Aufsichtsrecht fließende Kontrollvorschrift 
darstellt. Im letzteren Falle wäre eine ohne Ge- 
nehmigung erfolgte N, weil grundsätzlich NFrei- 
heit gewährt ist, noch keine schlechthin verbotene 
Vereinigung, könnte es ober jederzeit durch ein 
spezielles Verbot werden und damit der Auf- 
lösung unterliegen: im erstern Fall wäre eine 
staatlich nicht genehmigte N ohne weiteres eine 
unerlaubte Vereinigung. Indessen dürfte dieser 
juristisch ja zutreffenden Unterscheidung (die 
Cuno 18 ff für di einzelnen Staaten streng 
durchführt), doch nur wenig praktische Bedeutung 
zufkommen, da der Staat, wenn er erst einmal 
für jede N seine spezielle Genehmigung — und 
wäre es auch nur als Kontrollvorschrift — ver- 
langt, N ohne solche Genehmigung nicht dulden 
wird und auch nicht dulden kann. 
  
2. Aus dem Kirchenhoheitsrecht zieht der Staat 
auch das Recht, N aufzuheben. Die Auf- 
hebung erfolget re, elmäßig auf dem Wege, wie die 
Genehmigung, also meist durch die Zentralbehörde. 
Dies besagen ausdrücklich die hierin übereinstim- 
menden Kirchengesetze von Baden und 
Württemberg: „Die Genehmigung (der 
Staatsregierung) ist widerruflich“" (a 15 bezw. 
*# 11). In Hessen können „aus Gründen des 
öffentlichen Wohls oder wegen Ungehorsams 
gegen die Vorschriften der Gesetzes oder gegen 
die zur Ausführung desselben ergangenen An- 
ordnungen der Behörden auch bereits bestehende 
N oder Anstalten von religiösen O. oder ordens- 
ähnlichen K auf Antrag des Min Inn durch 
Beschluß des Gesamt Min aufgelöst und geschlossen 
werden“ (G v. 1875 a 4). — Analog kann in 
Bayern wie die Genehmigung so auch die 
Aufhebung nur durch Agl Verordnung erfolgen 
(vgl. Min E v. 24. 5. 47 bei Weber 3, 666; vgl. 
Grauer 97). — Abweichend von der Regel ist in 
Preußen ausdrücklich eine Kgl Verordnung vor- 
geschrieben (G v. 1875 5Kf 2, v. 1880 a 6 und v. 
1887 a V). — In Elsaß--Lothringen 
ist die Frate dahin geregelt, daß die einmal er- 
teilte Genehmigung, gleichgültig ob durch Gesetz 
oder landesherrliches Dekret erfolgt, ausschließlich 
durch Gesetz widerrufen werden kann; nur für die 
„Zurücknahme der Ermächtigung bezüglich einer 
Zweigniederlassung einer Kongregation“ ist, wie 
zur Errichtung eine Kgl Ordonnanz ausreichend 
(Gv. 1825 a 6). — In den übrigen Staaten be- 
steheen keine besonderen Bestimmungen, so daß 
die oben genannte Regel Geltung hat. 
4. Erwerb der „Korporationsrechte“. 
I. Im gemeinen Rechte galt der (allerdings nicht 
unbestrittene) allgemeine Grundsatz, daß Kl, so- 
wohl einzelne Häuser wie auch die höheren Glied- 
verbände mit der gehörigen, d. h. falls erforder- 
lich, mit der staatlich genehmigten Errichtung 
ohne weiteres ipso iure, auch das volle Maß der 
privatrechtlichen und der ihnen vom jeweiligen 
Staatsrecht zugestandenen öffentlich-rechtlichen 
Korporationsrechte erlangten. Dieser Satz gilt 
heute nur noch in wenigen deutschen Staaten, 
in vielen Staaten ist für den Erwerb der Korpo- 
rationsrechte neben der Genehmigung noch ein 
besonderer Staatsakt vorgeschrieben, andererseits 
können die O.N nur in einzelnen Staaten die 
Rechte einer juristischen Person des öffentlichen 
und damit zugleich des Privatrechtes erwerben, 
(„volle Korporationsrechte"), in den übrigen ist 
ihnen nur die Erlangung der Rechte einer iuristi- 
schen Person des Privatrechts, die privatrechtliche 
Rechtsfähigkeit möglich („beschränkte Korpora- 
tionsrechte“). Das richtet sich darnach, ob in dem 
betr. Staate der katholischen Kirche (XI] und da- 
mit auch ihren Gliedverbänden öffentlich-rechtliche 
Stellung zukommt oder nicht. Denn dies ist ent- 
gegen der vielfach vertretenen Ansicht (z. B. Rich- 
ter, Friedberg, Meyer-Anschütz) keineswegs in 
allen deutschen Staaten der Fall. Oeffentlich- 
rechtliche Stellung ist der kath. Kirche wenigstens 
prinzipiell (abgesehen von einzelnen Fällen, wo 
einer kath. Kirchengemeinde öffentlich-rechtliche 
Verbandspersönlichkeit zuerkannt wird) ver- 
sagt in Sachsen-Meiningen, Sachsen- 
Altenburg, Anhalt, den beiden 
Reuß, den beiden Schwarzburg 
und in Lübeck, während in allen übrigen 
Staaten die kath. Kirche öffentlich-rechtliche Stel- 
lung genießt, wohl einschließlich der beiden 
Mecklenburg seit den V v. ö. 1. 03 (vgl. die Nach- 
weise bei Fürstenau, Das Grundrecht der Reli- 
gionsfreiheit und seine geschichtliche Entwicklung 
in Deutschland, 1891, 253 ff, dazu Cuno 64). In 
den ersteren Staaten unterstehen daher die N der 
O. und K, ihre gehörige Errichtung vorausgesetzt, 
dem Vereinsrecht des B6 B. Infolgedessen kom- 
men auch für den Erwerb der „beschränkten Korvo- 
rationsrechte“ — denn nur diese stehen hier in 
Frage — allein die Bestimmungen des BE 
(Eintragung ins Vereinsregister) in Betracht. 
Jedoch mit einer Ausnahme: der in seiner Trag- 
weite heiß umstrittene a 84 EG z. BE# läßt die 
landesgesetzlichen Vorschriften unberührt, nach 
welchen eine Religions= oder geistliche Gesellschaft 
Roechtsfähigkeit nur im Wege der Gesetzgebung
	        
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