Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

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schließliche Aneignungsrecht an dem herrenlosen 
Lande zu, und in Südwest bedarf die Be- 
sitzergreifung oder Erwerbung von Rechten an 
dem herrenlosen Lande der Genehmigung des 
Gouverneurs, die an Bedingungen geknüpft wer- 
den kann. (Der Ausdruck „Kronland“ ist in den 
Vorschriften für diese SchG vermieden.) 
IV. Verwertung des in Besitz genommenen 
errenlese Laudes und sonstigen Regiernugs- 
e#. 
Die Ueberlassung des Regierungslandes geschieht 
in allen Sch G durch die Gouverneure nach fest- 
stehenden Grundsätzen, die sich z. T. aus den 
Vorschriften über das herrenlose Land ergeben, 
z. T. sich auf besondere Vorschriften stützen (Vsg des 
St S. d. RKol , betr. Verwertung fiskalischen 
Farmlandes in Südwest, v. 28. 5. 07, KBl 605), 
z. T. sich lediglich in der Praxis herausgebildet ha- 
ben. Sie erfolgt durch Uebertragung zu 
Eigentum oder Verpachtung, meist 
freihändig, nach Ermessen der Gouverneure auch 
im Wege öffentlicher Versteigerung. In Ostafrika 
wird ehemaliges Kronland regelmäßig zunächst 
nur auf 25 Jahre verpachtet. Später kann das 
Doppelte des unter Kultur genommenen Landes 
käuflich erworben werden. Für Ostafrika und 
Kamerun ist vorgeschrieben, daß genügende 
Flächen für öffentliche Zwecke, 
insbesondere auch für zu erhaltende Waldbestände, 
auszuscheiden sind und daß das Recht vorzube- 
halten ist, das für Wege, Eisenbahnen und andere 
öffentlichen Anlagen erforderliche Land gegen Er- 
satz des wirklichen und unmittelbaren Schadens 
zurückzunehmen. Im kolonisatorischen Interesse 
(zur Verhütung von Landspekulationen und in 
Südwest auch zur Förderung der Besiedelung) 
wird vertraglich Bewirtschaftungszwang 
(in Suüdwest auch Wohnzwang) bei Vermeidung 
des Rückfalles auferlegt. Behufs Verhütung von 
Latifundienbildungen ist außerdem für Südwest 
vorgeschrieben, daß niemand vom Fiskus mehr 
als insgesamt 20 000 ha Farmlandes käuflich er- 
werben darf. Der Kaufpreis kann in Teilen 
abgetragen werden. Vor Ablauf von 10 Jahren 
oder völliger Zahlung des Kauppreises darf in 
Südwest der Käufer die Farm ohne Genehmigung 
des Gouverneurs nicht weiter veräußern. In 
NGuinea werden zum Landerwerb z. B. nicht 
zugelassen Personen, die einer europäischen 
Sprache nicht mächtig sind, und Gesellschaften so- 
wie juristische Personen, die nicht nach deutschem 
Recht gegründet sind und ihren Sitz nicht in 
Deutschland oder einem deutschen Sch G haben. 
Pirl-Hirschberg (Gerstmeyer), Liegenschaftsrecht 
in den Scho, 1912; Schlimm, Grundstücksrecht in den 
Kolonien, 1905; Berner, Kronland in 3. f. Kolonial- 
politik 1912; Gravenhorst (Landregister) in Gruchots 
Beiträgen 55, 248. Weitere Literatur # 5 und zum Artikel 
Konzessionen (koloniale). 
8 14. Kirche und Unterrichtswesen. 
Die kirchlichen Verhältnisse ent- 
behren noch der staatlichen Regelung. Doch ist 
durch das SchutzgebG (§ 14) den Angehörigen 
aller im Reiche anerkannten Religionsgemein- 
schaften Gewissensfreiheit und reli- 
giöse Duldung gewährleistet. Die freie 
und öffentliche Ausübung ihrer Rulte sowie das 
Recht der Erbauung gottesdienstlicher Gebäude 
und der Einrichtung von Missionen untecliegen 
  
Schutzgebiete (III. Verwaltung: Kirche und Unterricht) 
für diese Religionsgemeinschaften keinerlei gesetz- 
licher Beschränkung noch Hinderung. Die nicht- 
anerkannten Religionen (Islam, Buddhismus, 
heidnische Kulte) genießen gleiche Rechte nur im 
Geltungsbereich der Kongoakte (a 6). Sie werden 
aber in ihrer Betätigung, soweit diese sich in den 
Grenzen der staatlichen Ordnung hält, auch in den 
übrigen Kolonialgebieten nicht behindert. Die 
Seelsorge für die christliche (evangelische und 
katholische) Bevölkerung wird größtenteils von den 
Missionaren [JI mit wahrgenommen. Doch haben 
sich in Ostafrika und Südwest schon eine Reihe 
evangelischer Kirchengemeinden gebil- 
det, die an Landeskirchen des Mutterlandes (in 
der Regel an die preußische) angeschlossen sind. 
Diese kirchlichen Gemeinwesen entbehren freilich 
des öffentlichrechtlichen Charakters. Sie können 
Rechtsfähigkeit nur auf Grund der für Vereine 
geltenden gesetzlichen Bestimmungen (vgl. oben 
512) erwerben. Vgl. im übrigen Missionen. 
In den Händen der Missionare liegt zum großen 
Teil (unter Aufsicht der Regierung) auch das 
Unterrichtswesen in den Sch G. Da- 
neben bestehen für farbige und vielfach auch schon 
für weiße Kinder Regierungsschulen (Elementar-, 
Handwerker--, Landwirtschafts-, Fortbildungs= und 
— für Weiße — höhere Schulen, in Kiautschou 
sogar eine Hochschule für Chinesen). Für die 
Kinder der weißen Bevölkerung ist in Südwest 
Schulpflicht eingeführt durch Gouv. V v. 
20. 10. 06 (KBl S 797, 798), v. 28. 10. 11 (A##l 
210). Hier treten den Regierungsschulen auch 
noch Gemeindeschulen zur Seite. Um die aus- 
wärts wohnenden Kinder gut unterzubringen, 
sind in Südwest die meisten Schulen mit Pensio- 
naten verbunden. (Vgl. hierüber Gouv. V v. 
30. 5. 12, KBl 709). Z. T. besteht auch bei den 
Schulen für Farbige in den verschiedenen Schu## 
eine Art von Alumnaten. 
Gerstmeyer, SchutzgebG 1910, S 43 f. (weitere 
Literatur);v. Hoffmann, Einführung 1911, S 111 f.; 
Köbner, in Enzyklopädie 1904, S 1105.1). 
IV. Wirtschaftliche Gesetzgebung insbesondere. 
15. Berkehr. 1 16. Handel. 1 17. Landwirtschaftliche 
Produktion (Plantogenbau, Viehzucht). 14 18. Landwirt- 
schaftl. Kredit. 4 19. Forstwesen. # 20. Arbeiterfragen. 
5 15. Berkehr. Die Autzbarmachung des Ko- 
lonialbesitzes, sei es zu Siedelungs-, sei es zu wirt- 
schaftlichen Zwecken, hat vor allem seine Erschlie- 
ßung durch Herstellung von Verkehrsver- 
bindungen nach und in den Sch G zur 
Voraussetzung. Die Aufgabe, den Verkehr zwi- 
schen den Kolonien und dem Mut- 
terland zu vermitteln, fällt in der Hauptsache 
den großen kapitalkräftigen Reedereien der Hei- 
mat zu. Immerhin hat das Reich auch seinerseits 
durch Gewährung von Subventionen an 
1) Außer der im Artikel Missionen (II, 898) angegebe- 
nen Literatur: Rohrbach, Deutsche Kolonialwirtschaft, 
Einleitungsband: Kulturpolitische Grundsätze für die Rassen- 
und Missionsfrage, 1909; Schmidlin, die kathol. Mis- 
sionen in d. d. Sch , 1913; Abhandlungen von Acker, 
Westermann, Schwager, Kilian, Hesse u. a., 
im Jahrb. über d. d. Kolonien II, IV, V, VI; Schlunk, 
Das Schulwesen in d. d. Schuygebicten, 1914. D. H.
	        
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