Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Schutzgebiete (IV. Wirtschaftliche Gesetzgebung: Arbeiterfrage) 
  
Wegen des Verursachens von Waldbränden 
durch sog. Wildbrennen s Feuerpolizei. 
In das Gebiet des Waldschutzes gehören z. T. 
auch die Vorschriften, welche eine Vernichtung 
der natürlichen Bestände an Gummilianen 
verhüten sollen (Gouv. V für Kamerun v. 3. 10. 06, 
Kl 735). 
520. Arbeiterfrage. 
I. Weiße. Infolge der klimatischen Ver- 
hältnisse der tropischen Sch G ist dort körper- 
liche Arbeit, namentlich im Freien, für Weiße 
ausgeschlossen. In Gegenden mit gemäßigterem 
Klima (Südwest, Gebirgsgegenden von Ostafrika) 
würden für rein körperliche Arbeiten weiße Ar- 
beitskräfte jedenfalls zu teuer kommen. Weiße fin- 
den daher fast ausschließlich als Aufseher, Werk- 
meister u. dgl. Verwendung. Für die Rechts- 
verhältnisse weißer Arbeiter und 
Angestellten kommt im allgemeinen nur das 
bürgerliche Recht (BGB, H, Lohnbeschlag- 
nahme G usw.) in Betracht. Die öffentlich-recht- 
lichen Vorschriften, insbesondere die Reichsversiche- 
rungsordnung und das Versicherungsgesetz für An- 
gestellte sowie auch die Gewerbeordnung haben in 
den Sch G keine Geltung (nach der in der Praxis 
maßgebenden Auffassung die Vorschriften der 
GewnO wegen 7#5 20 Kons G auch insoweit nicht, 
als sie dem Privatrecht angehören). Doch ist 
freiwillige Weiterversicherung möglich (Bek des 
RK v. 8. 1. 12 und 12. 7. 12, KBl 1037); die Be- 
hörden in den Sch G sind befugt, Quittungskarten 
auszustellen, umzutauschen und zu erneuern so- 
wie Aufnahmekarten usw. auszustellen. (Wegen 
Beschwerden und Anträge auf Leistungen usw. vgl. 
Vfig des RKoldmts v. 15. 3. 13, K Bl 301. Nach 
Nr. 3 dieser Vig werden in den Sch G Versiche- 
rungsmarken der Landesversicherungsanstalt Ber- 
lin durch die Postanstalten verkauft). Für- 
sorge für weiße Angestellte: den Ar- 
beitgebern in Ostafrika, Kamerun und Togo ist 
die (öffentlich-rechtliche) Verpflichtung auferlegt, 
bei Beendigung des Arbeitsvertrages oder im 
Falle einer Erkrankung eines Angestellten diesen, 
sofern nicht schon eine bestimmte Zeit seit dem 
Austritt verflossen ist, bei Bedürftigkeit auf ihre 
Kosten in die Heimat zurückzubefördern (Gouv. B 
für Ostafrika v. 27. 2. 09, KBl 364; Kamerun v. 
12. 7. 12, K Bl 1078; Togo v. 5. 6. 09, KBl 684) 
Freizügigkeit. 
II. Als Arbeiter im eigentlichen Sinne kommen 
also fast ausschließlich Farbige in Betracht. 
Der Bedarf an diesen kann im wesentlichen nur 
aus den Sch G selbst gedeckt werden. 
1. Freier Zuzug fremder farbiger Ar- 
beitskräfte findet nur in geringem Umfange 
statt. Zum Teil handelt es sich dabei um asiatische 
Elemente, deren Einwanderung wegen ihrer Nei- 
gung, zu einem auf Auesbeutung der Eingeborenen 
gerichteten Handel überzugehen, wenig erwünscht 
ist. (Daher ist z. B. die Einwanderung von Chinesen 
in Samoa nur mit Erlaubnis des Gouverneurs ge- 
stattet. Gouv. V v. 1. 3. 03, K Bl 170. Vgl. ferner 
die Gouv. V für Ostafrika v. 10. 10. 12, K Bl 1130, 
und NGuinea v. 1. 11. 08, KBl 1909, 153). 
Auch die Einführung Farbiger zur vorübergehen- 
den Beschäftigung im festen Vertragsverhältnis 
(sog. Kontraktarbeiter) spielt keine grö- 
ßere Rolle, da die Anwerbung und Ausführung 
solcher seitens der Regierungen der betreffenden 
  
  
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fremden, namentlich auch asiatischen Länder teils 
Überhaupt nicht, teils nur unter sehr lästigen Be- 
dingungen gestattet wird. Doch sind die Pflanzer 
in Samoa, wo die Eingeborenen zu angestrengter 
Arbeit nicht zu bewegen sind, ganz auf derartige 
Arbeitskräfte angewiesen, und es hat ihnen des- 
halb durch amtliche Vermittlung die Erlaubnis 
zur Anwerbung sog. Kulis in China seitens der 
dortigen Regierung gegen weitgehende Zuge- 
ändnisse (insbesondere Gleichstellung, der Chine- 
en in betreff der Gerichtsbarkeit mit den Weißen, 
s. hierüber oben §&6 Ziff. I) erwirkt werden müssen. 
Die Einführung und Beschäftigung fremder far- 
biger Arbeiter unterliegt teils im öffentlichen In- 
teresse (Verhütung der Einschleppung von Krank- 
heiten, Vermeidung von Beschwerden der frem- 
den Regierungen), teils im Interesse der Arbeiter, 
z. T. auch der Arbeitgeber, umfassender behörd- 
licher Kontrolle. Vorgeschrieben ist z. B., daß 
Einfuhr nur über bestimmte Häfen und nur mit 
behördlicher Erlaubnis oder doch unter Erstattung 
einer Anzeige geschehen darf, daß ein schriftlicher 
Vertrag abzuschließen ist, daß die Unternehmer 
die Kontraktarbeiter auf ihre Kosten zurückzube- 
fördern haben, und es sind eingehende Bestim- 
mungen über deren Unterbringung, Verpflegung 
und sonstige Behandlung erlassen. 
Bol. hierüber die (bisher ohne praktische Bedeutung ge- 
bliebene) Gouv. B für Ostafrika v. 30. 7. 95 (KBl 1896, 65), 
die Gouv. B für NGuinea v. 1. 11. 08 (KBl 1909, 153) 
und Samoa (betr. chinesische Arbeiter) v. 6. 1. 12 (KBl 
246). 
2. Die Gewinnung einer ausreichenden Zahl von 
eingeborenen Arbeitern stößt in den 
deutschen SchG auf große Schwierigkeiten, weil 
diese (abgesehen von Togo und der Nordostecke von 
Ostafrika) nur dünn bevölkert sind. Teils hängt 
dies mit den klimatischen Verhältnissen zusammen, 
teils mit den Stammesfehden, den Sklavenjagden 
und den Volkskrankheiten (Schlafkrankheit usw.), 
die seit jeher zahlreiche Opfer erfordert haben, 
teils auch mit gewissen Unsitten der Eingeborenen, 
die (wie insbesondere die weitverbreitete Kinder- 
abtreibung) ihre Vermehrung verhindern. Dazu 
kommt die Abneigung der Eingeborenen gegen 
angestrengte Arbeit. Fast überall in den großen 
afrikanischen SchG und auch in NGuinea herrscht 
daher Arbeiterknappheit, sogar Arbeitermangel. 
Zur Abhilfe hat man verschiedene Vorschläge ge- 
macht, welche auf Einführung eines sog. Ar- 
beitszwanges hinauslaufen. Hiergegen 
sprechen aber ethische und politische Rücksichten, 
und die Regierung hat sich deshalb gegen alle 
solche Vorschläge stets ablehnend verhalten. So- 
nach können, um die verfügbaren Arbeitskräfte 
im kolonisatorischen Interesse nutzbar zu machen, 
nur Maßnahmen in Frage kommen, die dahin 
wirken, die Eingeborenen zur freiwilligen Ver- 
dingung als Arbeiter zu bewegen. Hierher gehört 
zunächst die Einführung geeigneter, in Geld zu 
entrichtender Steuern (Hütten-= und Kopf- 
steuer G, s. oben §& 11). Sodann kommen Vor- 
schriften zur Regelung der Anwer-= 
bung und des Arbeitsverhältnis- 
ses in Betracht, die, indem sie Ausschreitungen 
verhüten und den Arbeitern eine angemessene 
Behandlung sichern, ebensowohl der Fürsorge für 
die Eingeborenen wie auch dem wohlverstan- 
denen Interesse der Arbeitgeber dienen.
	        
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