zur Bestreitung ihrer Aufgaben erhielten die Verbände in
der Hauptsache aus prozentualer Ueberweisung von Staats-
steuern. Für spezielle Landeskulturzwecke konnten etats-
mäßige Beihilfen aus Schutzgebietsmitteln gewährt werden.
Zu einem Teile hatten die Verbände auch eigene Einnah-
men, sowohl aus kommunalen Abgaben (Hundesteuer,
Markthallengebühren usw.) als auch aus Erträgen wirt-
schaftlicher Betriebe (Landpacht, Biehwirtschaft usw.). Die
Organe des Berbandes waren der Bezirksamtmann und
der Bezirksrat. Der Bezirksrat bestand aus 3—5 vom Gou-
verneur aus den Reichs= oder Schutzgebiets-Angehörigen
des Bezirks auf 2 Jahre ernannten Mitgliedern. Die ein-
geborene Bevölkerung sollte durch ein Mitglied vertreten
sein. Der Bezirksrat hotte nur begutachtende Zu-
ständigkeit, und zwar hinsichtlich der Wirtschaftspläne und
der Finanzgebarung. Das Schwergewicht der ausübenden
Tätigkeit lag bei dem vom Verbande angestellten „Wirt-
schaftsinspektor“.
Obwohl allseitig anerkannt wurde, daß die Kommunen
eine rege und fruchtbarc Tätigkeit entfalteten, so zeigte sich
doch nach Ansicht der Regierung der Nachteil, daß die den
Kommunen verliehene juristische Persönlichkeit einen Aus-
gleich von reicher dotierten Bezirken zugunsten ärmerer unmög-
lich machte. Durch eine Ausgleichung der im kommunalen
Beniebe allein für einen bestimmten Bozirk festgelegten Mittel
über das ganze Schutggebiet hoffte man die Entwicklung
aller Teile der Kolonien gleichmäßiger und stetiger gestalten
zu können. Unausgesprochen wirkte nachh#ltiger noch als
diese Erwägung das Mißbehagen der zuständigen Stellen
darüber, daß durch die Ueberweisungen an die Bezirks-
verbände zu cigener Bewirtschaftung erhebliche Beträge
der Etatskontrolle entzogen wurden. Man sah deshalb eine
„Neuregelung"“ der Selbstverwaltung vor, dergestalt, daß
die bisherigen Kommunalverbände beseitigt und in den
Städten, in welchen die Zahl der europäischen Bevölkerung,
die raschere Entwicklung, und die von den Bewohnern auf-
gebrachten Mittel eine intensivere städtische Verwaltung
gestatteten, städtische Gemeinden mit eigener Verwaltung
gebildet werden sollten. Außerdem sollten die Befugnisse
der aus den Bezirkseingesessenen entnommenen Bezirks-
räte so erweitert werden, daß unter ihrer Mitwirkung all-
jfährlich sämtliche bei ihren Bezirken notwendigen Ausgaben
veranschlagt und festgesetzt werden sollten, abgeschen von
den Gehältern der europäischen Angestellten, den Ausgaben
der Zollämter und ähnlichen Kosten der Zentralverwaltung
(val. Denkschrift über dic Entwicklung der Deutschen Schutz-
gebiete usw. Drucks d. RT 19, 4).
II. In Verfolg dieses Programms wurden durch
V des RK v. 31. 3. 09 (K Bl 425) sämtliche Ver-
bände aufgehoben bis auf Daressalam und Tanga,
die auf die innerhalb dieser Orte belegenen
Wohnplätze beschränkt wurden. Durch V des RK
v. 18. 7. 10 wurde ferner eine ostafrikani-
sche Städteordnung für Tanga und
Daressalam erlassen (KBl 680 ff).
Aufgaben der Gemeindeverwaltung:
Straßenbau, Wasserversorgung, Straßenbeleuch--
tung und reinigung, Müllabfuhr, Markthallen
und Schlachthäuser, Kommunalschulen, sanitäre
Maßnahmen, Krankenfürsorge und Armenpflege,
Begräbniswesen, Wohlfahrtseinrichtungen, Maß-
nahmen zum Schutz und zur Förderung der wirt-
schaftlichen Interessen der Gemeinde. Diese Auf-
gaben sollen in einzelnen Teilen entsprechend der
Leistungsfähigkeit der Gemeinden nach Anhörung
der Gemeindevertretung den Gemeinden vom
Gouverneur überwiesen werden. Die Stadtge-
meinden sind befugt, auf den ihnen überwiesenen
Gebieten OrtssatzungeKn, abgesehen von sol-
Selbstverwaltung (B. Deutsch-Ostafrika)
chen polizeilicher Natur, zu erlassen; die Polizei-
verordnungen müssen der Gemeindevertretung
vorihrem Erlaß zur Kenntnis vorgelegt werden. Die
Stadtgemeinden können zur Deckung der Kosten
nützlicher Institutionen von den Grundeigentü-
mern und Gewerbetreibenden, denen hierdurch
besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen, ein-
malige Beiträge, und für die Benutzung öffent-
licher Anstalten besondere Gebühren, sowie auf
Grund besonderer Steuerverordnungen direkte
und indirekte Steuern erheben.
Die Gemeindeverwaltung liegt beim städti-
schen Rate. Dieser besteht aus dem Vor-
steher des Bezirksamtes und vier Mitgliedern.
Von den vier Mitgliedern gehen drei aus direkten
und geheimen Wahlen hervor, einer wird vom
Gouvernecur ernannt. Aktiv und passiv wahl-
berechtigt sind nur männliche Reichsdeutsche oder
juristische Personen. Ein Mitglied des städtischen
Rates wird von den Hausbesitzern, ein zweites
von den Vertretern des Gewerbestandes, das
dritte von sämtlichen übrigen wahlberechtigten
Bewohnern über 25 Jahre, die in dem Stadt-
bezirke ihren Wohnsitz seit mindestens einem Jahre
haben, auf die Dauer von zwei Jahren gewählt.
Wählbar und verpflichtet zur Annahme der Wahl
sind alle Wahlberechtigten, die das 30. Lebensjahr
vollendet haben, wählbar, aber nicht verpflichtet
zur Annahme die Landesbeamten, nicht wählbar
der Vorsteher des Bezirksamtes (Bezirksamt-
mann), die in besoldetem Gemeindedienst stehen-
den Personen und die polizeilichen Exekutivbeam-
ten. Die Sitzungen des städtischen Rates sind
öffentlich. Die Verwaltung der Stadtgemeinde
wird in der Weise ausgeübt, daß in der Regel dem
städtischen Rat die Beschußfassung, dem Vorsitzenden
die Durchführung vorbehalten ist. Die Beschlußfas-
sung des städtischen Rates ist erforderlich: zur Auf-
stellung der Wirtschaftspläne, zur Prüfung der Ab-
rechnungen, zur Anstellung der dauernd ange-
nommenen Beamten, zur Erwerbung, Veräuße-
rung von Grundstücken sowie zur Uebernahme von
Verbindlichkeiten, zur Verzichtleistung auf For-
derungen und Rechte. Der Vorsitzende des städti-
schen Rates hat die Beschlüsse des Rates vorzu-
bereiten und auszuführen, doch kann er gesetz-
widrige oder den städtischen Interessen zuwider-
laufende Beschlüsse bis zur Einholung der Ent-
scheidung der Aufsichtsbehörde beanstanden. Die
Dienstaufsichtsbehörde ist der Gouverneur.
III. Für die Bezirke wurde durch V des RK
v. 16. 9. 11 (KBl 683 ff) eine neue Bezirks-
ratsvertretung geschaffen. Bezirksräte
werden gebildet bei jedem Bezirksamt, in dessen
Gebiet nach der am Anfang des Kalenderjahres
statlfindenden Berechnung wenigstens 30 erwach-
sene männliche Reichsangehörige im Alter von
mindestens 25 Jahren ihren Wohnsitz haben. Der
Bezirksrat besteht aus dem Leiter des Bezirks-
amts, drei gewählten und einem vom Gouverneur
ernannten Bezirksratsmitgliede. Wahlberechtigt
sind diejenigen männlichen Reichsdeutschen über
25 Jahre, welche bis zum 31. Dezember des der
Wahl vorausgehenden Jahres mindestens ein
Jahr lang im Bezirk wohnhaft sind mit Ausnahme
der Schutztruppenangehörigen (J|, sofern nicht be-
sondere Ausschließungsgründe vorliegen. Bei Be-
zirksämtern, in deren Gebiet weniger als 30
deutsche Reichsangehörige wohnen, kann der