Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Selbstverwaltung (C. Fremdenniederlassungen in China) 
  
Seezollverwaltung eingerichtet (maritime 
oustoms), die diese Bezeichnung beibehalten 
hat, trotzdem ihre Amtsstätten sich der Eröffnung 
auch der Binnenplätze anschließen. Daß in jeder 
geöffneten Stadt auch ein Seezollamt bestünde 
(wie es oft heißt), ist unzutreffend. 
Die Städte sind all denienigen Staaten 
eröffnet, mit denen China in einem Vertrags- 
verhältnis steht (Meistbegünstigung). Das ist 
der Fall für das Deutsche Reich, durch Vt des Zoll- 
vereins zu Tientsin v. 2. 9. 61 a 40 (preuß. GS 1863 
S265) und Zus BW v. 31.3.80 (RG Bl 1881 S 261), 
für England (seit 1842), Frankreich (1844), V. St. 
von Amerika (1844), Belgien (1845), Schweden und 
Norwegen (1847), Rußland (1689, 1851), Däne- 
mark (1863), Niederlande (1863), Spanien (1864), 
Italien (1866), Oesterreich-Ungarn (1869), Japan 
(1871), Peru (1874), Brasilien (1881), Portugal 
(1887), Mexiko (1899). 
Deutschland und England haben als 
Grundsatz ihrer Politik für China in dem sog. 
Jangtse-Abkommen v. 16. 10. 00 (Fleischmann, 
Völkerrechtsquellen 319) erklärt: 
„Es entspricht einem gemeinsamen und dauern- 
den internationalen Interesse, daß die an den 
Flüssen und an der Küste Chinas gelegenen Häfen 
dem Handel und jeder sonstigen erlaubten wirt- 
schaftlichen Tätigkeit für die Angehörigen aller 
Nationen ohne Unterschied frei und offen bleiben; 
und die beiden Regierungen sind miteinander 
einverstanden, dies ihrerseits für alles chinesische 
Gebiet zu beobachten, wo sie einen Einfluß aus- 
üben können.“ — Diesen Grundsätzen sind Frank- 
reich, Italien, Japan, Oesterreich-Ungarn, Ruß- 
land und die V. St. v. Amerika beigetreten. 
Aus dem Vertragsmaterial und ausschinesischen 
Erlassen (Anfang Januar 1914) lassen sich als 
Vertragsorte (GBinnenplätze eingeklam- 
mert), neben denen noch etwa 25 „Anlegeplätze"“ 
und Zollstationen (z. B. Hokau) zugelassen sind, 
feststellen 2). 
Vertragsplätze mit Seezollämtern: 
(Aigun), Amoy ½)), Antung, (Charbin)), Fut- 
schau:)), Hangtschau, (Hankau:))), (Huntschun), 
(Itschang 1)), Kanton 1)2), Kaulun, (Kinkiang), 
Kiungtschau, (Kongmun), Lappa, (Lungtschau), 
(Lungtschinsun), (Manchuria), (Möngtse), (Nan- 
king 1)2)), (Nanning), Ningpo, Niutschwang ½)), 
Pakhoi 1)u, Samschui, (Sansing), Santuao, 
Schanghai ½)), (Schasi), (Suifenho). Sutschau, 
Swatau),), (Szemao), Tatungkau, (Tengyueh), 
% Salvo errore et omissione! Das Zuverlässige über 
den wechselnden Stand findet sich nur für die Seezollämter 
in den von dem Generalinspektor der Seczölle alljährlich 
veröffsentlichten umfangreichen Returns of trade (ich be- 
mutze die Ausgabe Shanghai 1911); darnach v. Kries 
S 108 (48 Orte). Auch die (genaueren) Angaben bei 
Schüler 1912 S 367—369 und im China Tear bock 
1913 S 103—106 sind bereits überholt. 
1) Sitz deutscher Konsulate 1913 (außer in Futschau und 
Niutschwang sind es Berufskonsuln). Ueber vas Unzuläng- 
liche unserer konsularen Vertretung in China val. v. Trup- 
pel in der Deutschen Wirtschaftszeitung 1913 Sp. 1015 
und die „Denkschrift zur Förderung des Deutschtums in 
China“ (lherausgegeben von der deutschen Bereinigung in 
Schanghai 1913) S 14. 
2) Sit deutscher Postämter 1913 (außerdem nur noch 
in Peking) 1 Post oben S. 161. 
  
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Tientsin 1)"), (Tschangschah)), Tschifu½)), 
(Tschinkiang 2)), Tschinwangtau, Gscbisan “ 
Wentschau, (Wuhu), (Wutschau), (Yatung), (Pot- 
schau) 
Vertragsplätze ohne Seezollamt: 
(Dolonnor), (Fakumen), (Fenghuangtscheng), (Gar- 
tok, (Gyangtse), (Hailar), (Hsinmintun), Hulu- 
tau, (Kalgan), (Kaschgar), (Kirin), (Kweiwahsien), 
(Liaojang), Lungkouhan, (Mukden 1), (Ninguta), 
(Paitsaokau), (Taonan), (Tiehlung), (Tschanat- 
schun), (Tschiföng), (Tschutsun), (Tschutsutschien), 
(Tsinanfu 12), (Tsitsikar), (Tungkiangtse), (Tutao- 
kau), (Weihsien 2), Wusung, Mingkau. 
Rußland hat kraft des sog. Kuldscha Bt v. 12. 2. 81 
besondere Rechte (Konsulate) an 11 Orten nahe der russischen 
Grenze: Urga (Mongoleil, Kobdo, Uljassutai LAltaij, Ili, 
Tarbagatai, Urumtschi, Hami, Gutschen (Dsungareij, Kasch- 
gar I(Ostturkestan), Kalgan, Sutschou (Schumacher 723). 
II. Ein Niederlassungsrecht ist den 
Reichsangehörigen aber nur an bestimmten Orten 
(den sog. Vertragsplätzen, vgl. I) gewährt (a 6 
Vt 1861); a 34—39 sorgen für Rechtsschutz. Die 
Konsulargerichtsbarkeit ist anerkannt (a 39); bei 
Streit zwischen Deutschen und Chinesen ist eine 
Entscheidung des Konsularbeamten unter Mit- 
wirkung des chinesischen Beamten „nach den 
Grundsätzen der Billigkeit“ vorgesehen (a 35). 
Für Missionen t(ursprünglich nur katholische) wurde 
seit dem Vi mit Frankreich zu Peking v. 25. 10. 60 a 6 
(nicht genau Schumacher 578) das Recht, sich in allen 
Teilen, Chinas aufzuhalten, Land zu erwerben und zu 
bebauen geltend gemacht. 
III. Ueber diese dürftigen Vorschriften hinaus 
hat die Praxis (Engländer, Franzosen) eine Lage 
herausgebildet, die mehrfach durch örtliche Abkom- 
men eine rechtliche Bestätigung gefunden hat. Sie 
gipfelt in der Anerkennung einer besonderen, 
von der Chinesenstadt abgegrenzten Niederlas- 
sung der Fremden, die deren Verwaltung 
unterstellt ist: engl. settlement, franz. 
concession?). Das ist allerdings bisher nur 
in 10 Vertragsorten erfolgt — Amoy, Hankau 
(&2), Hangtschau, Kanton, Kiukiang, Niutschwang, 
Schanghai (5 3), Sutschau, Tientsin (5 2), Tschin- 
kiang — wenn auch Gründe der Gesundheit 
wie der Sicherheit durchweg zu einer räum- 
lichen „Segregation“ mit einer in gewissem 
Umfange stillichweigend zugelassenen eigenen 
Verwaltung des Fremdenviertels geführt haben. 
Nach dem Protokoll mit Japan v. 19. 10. 96 
(Text in Mayers Treaties S 191) halte ich 
jeden Vertragsstaat für berechtigt, ein förmliches 
settlement zu beanspruchen. Innerhalb und zur 
Begründung solcher N ist der Erwerb des Grund 
und Bodens für die Fremden erforderlich, wobei 
allerdings der Uebergang zu Eigentum auf den 
Widerstand der religiösen Anschauungen stößt 
Kiautschou Band II, 951. Die chinesische Re- 
  
6 Das settlement ist eine Mittelstuse zwischen dem 
bloßen Aufenthaltsrecht einerseits (oben II) und einer 
Kolonie andererseits. Solcher Kolonien gibt es in China, 
abgesehen von Makao und Hongkong, 4 („Pachtgebiete“): 
Kiautschon (1|); Kuantung (Port Arthur, Dalny, jeßt 
Dairen) für Japan; Weihaiwei für England; Kwangtschuwan 
für Frankreich. Ueber „die Pachtgebiete in China“ ist eine 
Schrift von F. W. Mohr (für 1914) angekündigt; vor- 
läufig hierüber F. K. Landmann, Die europäischen 
Handelskolonien in China, Diss. Marburg 1911.
	        
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