B. Internationale Mahnahmen
5 1. Unsüchtigkeit.
é# 1. Unzüchtigkeiten.
Der Kampf gegen die Unsittlichkeit, eingelei-
tet und fortgesetzt gefördert durch private Vereini-
gungen (Deutsches Nationalkomitee zur internatio-
nalen Bekämpfung des Mädchenhandels), hat zu
einem Zusammenschlusse auch der Staaten geführt.
I. Gegen den sog. Mädchenhandel (Traite
des blanches, white slave traffic) sind aus Grund
von Pariser Konferenzen (1902, 1910) zwei Ab-
kommen getroffen worden. Vertragsstaaten (die
eingeklammerten nur für das 1. Abkommen):
Deutschland (auch für die Kolonien), Oesterreich-
Ungarn, (Belgien), Dänemark, Frankreich, Groß-
britannien, Italien, (Luxemburg), die Niederlande,
(Norwegen), Portugal, Rußland, Schweden,
(Schweiz), Spanien, (V. St. von Amerika), Bra-
silien — also nicht auch die Balkanstaaten und
fast alle Staaten Südamerikas!
1. Verwaltungsmaßregeln (Abkom-
men v. 18. 5. 1904, Röl 1905, S. 695).
Pflichten der Vertragsstaaten:
a) eine Behörde zu bestellen, die alle Nachrich-
ten über Anwerbung von Frauen und
Mädchen zu Zwecken der Unzucht im Aus-
lande sammeln soll — für ganz Deutschland
ist dies das Pol Präsidium in Berlin — und be-
rechtigt ist, mit den entsprechenden Zentralstellen
der anderen Vertragsstaaten unmittelbar zu ver-
kehren. b) Eine Ueberwachung auszuüben,
namentlich (§ 48 Auswanderungs GI) auf den
Bahnhöfen, in Einschiffungshäfen und während der
Fahrt, um die Begleiter von Frauen und Mädchen,
die der Unzucht zugeführt werden sollen, ausfindig
zu machen und die Ankunft verdächtiger Personen
der Behörde des Bestimmungsortes zu melden;
c) durch Vernehmung der Frauensper-
sonen (innerhalb der gesetzlichen Grenzen!) den
Tatbestand der Verschleppung festanstellen und
den Heimatsbehörden mitzuteilen; d) soweit die
Opfer dieses Treibens oder ihre Gewalthaber die
Heimschaffung nachsuchen, innerhalb der
gesetzlichen Grenzen dem Folge zu geben; e) bei
Bedürftigkeit die Kosten für die Beförderung
bis zur Grenzc selbst zu tragen, während sie im
übrigen dem Heimatlande zur Last fallen. Nach
deutscher Auffassung kommen hierauf jedoch die
Verträge über, wechselseitige Unterstützung von
Hilfsbedürftigen [J Band 1, 2111 nicht zur An-
wendung; t) Ueberwachung der Agenturen zur
Stellenvermittlung [AI für Frauenspersonen nach
dem Auslande.
Sonderverträge bleiben unberührt — so
zwischen dem Reiche und den Niederlanden v. 15.
11. 89, mit Belgien v. 4. 9. 90 —;z sie sind jedoch
ohne weitergehende Bedeutung.
2. Strafschutz (Uebereinkommen v. 4. 5. 10
R#l 1913, S 31).
a) Bestrafung derer, die, um der Unzucht Vor-
schub zu leisten, weibliche Personen vor vollen-
detem 20. Lebensjahre (d. i. „minderjährig“) zu
unsittlichen Zwecken anwerben, verschleppen oder
verführen, selbst wenn die einzelnen Tatsachen
auf verschiedene Länder entfallen: gegenüber Voll-
jährigen nur im Falle von Täuschung oder Zwang;
1 2. Unmäßigkeit (Opium).
Sittenpolizei
lZurückhaltung einer Frauensperson wider ihren
Willen in einem öffentlichen Hause ist von dem
Abkommen nicht betroffen !]; b) Aufnahme dieser
Taten unter die Auslieferungsdelikte 1, vgl.
R# v. 14. 8. 12 (Rel 1913, S 44); c) wech-
selseitige Mitteilung der entsprechenden Gesetze.
II. Gegen unzüchtige Veröffent-
lichungen ist das Abkommen zu Paris v.
4. 5. 10 (Rol 1911, 209) gerichtet, unter
den gleichen Staaten wie zu I 1. außer Schwe-
den. Es verpflichtet die Vertragsstaaten
a) zur Einrichtung einer zentralen Be-
hörde (unmittelbarer Verkehr mit den ent-
sprechenden Behörden des anderen Staates), die
alle Nachrichten sammelt zur Erleichterung
der Bekämpfung solcher Verstöße gegen die
Landesgesetzgebung hinsichtlich unzüchtiger Schrif-
ten, Bilder oder Gegenstände, soweit sie einen
internationalen Charakter haben und die die Ge-
setzgebung mitteilt; b) die aber auch alle Nach-
richten liefert, die geeignet sind, die Einfuhr
solcher Gegenstände zu hindern und ihre Be-
schlagnahme zu sichern.
III. Ueber Mitteilung von Strafnach-
richten aus Abkommen 12 und II / Straf-
register.
2. Unmäßigkeiten.
à I. Wegen der Unterdrückung des Brannt-
weinhandels unter den Nordseefischern
Vt v. 16. 11. 87 JFischerei § 20 Band 1 S 802;
wegen Hinderung der Einfuhr und Herstellung von
Spirituosen in gewissen Gebieten Afrikas nach
der Brüsseler Antisklavereiakte von 1890 a 90f,
sowie des international bedungenen Einfuhrzolles
für die Sperrzone Sklaverei & 3 Ia.
II. Gegen den Genuß von Opium richtet sich
das Abkommen im Haag am 23. 1. 12 (Abdruck im
Jahrb. d. Völkerrechts I 308—310). Vertrags-
staaten: Deutschland, Frankreich, Großbritannien
(namentlich für seine asiatischen Besitzungen),
Italien, Niederlande (Einberufer der Konferenz),
Portugal, Rußland, V. St. von Amerika (An-
regung), China, Japan, Persien, Siam. Es ist
nicht lediglich, wenn auch vornehmlich (vgl.
Kap. 4) für China und in China belegencs fremd-
staatliches Gebiet (vgl. oben S 429) bestimmt.
Einfuhr von Opium in China (1907): 3290 766 kg,
darunter 3 200 510 ka von britisch-indischen Feldern. — Ver-
trag Chinas mit England über Einschränkung des Opiums
F. 8. 5. 11 (Abdruck im China Vear bock 1912 ES 441).
Das internationale Abkommen betrifft und be-
handelt verschieden Rohopium (KNap. 1), Opium-
präparate (KRap. 2), Opium als Arznei, Mor-
phium, Kokain (Kap. 3). Insgemein lenkt es die
Aufmerksamkeit des Weltpostvereins auf Maß-
nahmen, die der Beförderung von Opium usw.
Schranken setzen (Schlußprotokoll).
a) Die Vertragsstaaten werden verpflichtet
zum Erlaß von Vorschriften und zur wirksamen
Ueberwachung des Verkaufs von Rohopium,
zur Beschränkung der Einfuhr= und Ausfuhrplätze,
zur Verhinderung der Ausfuhr nach Ländern, die
die Einfuhr verbieten und zur Ueberwachung
der Ausfuhr nach Ländern, die die Einfuhr be-
schränken; Einfuhr und Ausfuhr sind nur solchen
Personen gestattet, die hierzu staatlich ermächtigt
werden. b) Die Anfertigung und der Innenhandel
sowie die Verwendung von Opiumpräpa-
raten ist nach und nach zu unterdrücken, die