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Einfuhr zu verbieten, die Ausfuhr wenigstens so-
bald als möglich; die Ausfuhrplätze sind zu be-
schränken, die Einfuhr nach Ländern, wo sie ver-
boten ist, zu hindern; die Ausfuhr ist nur hierzu
staatlich ermächtigten Personen zu gestatten. oh
Die Herstellung, der Verkauf und die Verwendung
von Morphium und Kokain ist lediglich
zu Heil= oder andern gesetzlich erlaubten Zwecken
zuzulassen; Herstellung und Verkauf ist zu über-
wachen, die Einfuhr auf bestimmte dazu ermäch-
tigte Betriebe zu beschränken, die auch einer Buch-
kontrolle unterworfen sind; Regelung der Ausfuhr
nach Ländern anderer Vertragsstaaten in der
Weise, daß die Einfuhr nur an die hierzu ermäch-
tigten Personen erfolgt; regelmäßige Mitteilung
eines Verzeichnisses dieser Personen. d) Maßnah-
men für China. Die „Vertragsmächte“ (treaty
powers), also nicht Persien und Siam (oben
428, 4290 und die chinesische Regierung sollen die
nötigen Maßnahmen treffen, um den Schmuggel
auf chinesischem Gebiete und Pachtgebiete wie
in den ostasiatischen Kolonien zu verhindern.
China wird Gesetze über den Verkauf von Mor-
phium und Kokain erlassen und die Vertragsmächte
werden sie, falls sie dazu angetan sind, für ihre
eigenen Angehörigen in den bezeichneten Gebie-
ten anwendbar erklären. Die Vertragsmächte
werden gleichen Schritt mit China halten in Ein-
schränkung und Ueberwachung der Gewohnheit
des Opiumrauchens, in der Unterdrückung der
Rauchlokale sowie des Genusses von Opium in
Vergnügungsstätten und öffentlichen Häusern,
enndlich auch in Einschränkung der Zahl der Ver-
kaufsstätten für Opiumt). — Die ausländischen
Postanstalten in China (XS 161, 429) sollen wirk-
same Maßnahmen gegenüber der Beförderung
von Opium treffen.
Der wesentliche Antrieb zu einer Beseitigung
des Opiumgenusses ist bei der chinesischen Regie-
rung zu suchen. Hier hat der Kampf mit dem
harten Mittel eingesetzt (Edikte 1906, 1908:
China Vear bock 1912 S 425, 432), daß alle
Chinesen unter 60 Jahren den Opiumverbrauch
jährlich um 20% mindern sollten (sonst Amts= und
Würdenverlust), daß in 10 Jahren alle Mohn-
pflanzungen und Opiumfabriken (außer medi-
zinischen) aufgehoben und die Pflanzungen all-
jährlich um 10% ihres Umfanges gemindert wer-
den müßten. Die Mitwirkung der andern Mächte
1) Rechtslage in den deutschen Kolonien: In Kiaut-
schon ist nach der B. d. Gouv. v. 11. 3. 02 der Anbau
von Mohn zur Gewinnung von Opium verboten; die Ein-
fuhr wird überwacht; Einfuhrzoll um 350 Haikuan Taels
für den Pikul fremden und 230 für den Pikul chinesischen
Opiums; seit dem 1. 1. 12, ist die Einfuhr von Opium
nichtindischen Ursprungs verboten und das Halten von
Opiumschenken nicht mehr erlaubt. Verkauf von Opium an
Einzelraucher nur durch dazu ermächtigte Händler; Einzel.
raucher gebührenpflichtige Erlaubnis für Opiumlampe.
Herstellung und Einfuhr von Morphium und Kokain nur
mit Genehmigung des Gouverneurs: B. v. 15. 2. 09, und
4. ö. 11 (Zorn. Sassen, Kolonialgesetzgebung S. 616, 620,
Mohr, HB. f. Kiautschon S. 183, 485). — JInu Samoa
ist Einfuhr und Bertrieb von Opium ausschließlich Recht
des Gouvernements (V. v. 20. 4. 05, Zorn 609). — In
Ostafrika wird der Berkauf von Opium, Hanf oder
Haschisch an Farbige bei der Schutztruppe oder im Dienste
des Gouvernements bestraft (V. v. 2. v. 91, Zorn 582).
Sittenpolizei — Sitzungspolizei
zur Unterdrückung des Opiumgenusses entspringt
einmal dem humanitären Interesse, das andere
mal aber auch den für ihre ostasiatischen Be-
sitzungen aus dem Uebermaße drohenden Gefah-
ren und der Befürchtung eines Uebergreifens auf
ihren Besitzstand (selbst in der Heimat). Anderer-
seits stehen der Durchführung bedeutsame wirt-
schaftliche Interessen und Gegensätze im Wege.
England kann nur schwer auf seinen Absatz von
Opium nach China verzichten (oben §& 2 II z. A.),
wenn nicht auch Vorkehrungen getroffen werden,
daß nicht anderswoher Opium oder ein Ersatz-
mittel eingeführt würde; Deutschland wiederum
mit seiner entwickelten Morphium= und Kokain-
fabrikation könnte seine Ausfuhr nach China nur
dann dem humanitären Interesse opfern, wenn
eine Gewähr dafür bestünde, daß seine Stelle im
chinesischen Wirtschaftsleben nicht etwa von einer
anderen, durch den Vertrag nicht gebundenen,
Seite eingenommen würde.
Daraus erklärt sich die Bestimmung des Ver-.
trages, daß seine Ratifikation von dem Beitritte
der hiezu aufgeforderten (34) Staaten abhängig
gemacht ist, die auf der Konferenz nicht vertreten
waren. Da dies bis zum 31. 12. 12 nicht ge-
schehen ist, so hängt die Ratifikation von neuen
Verhandlungen zwischen den Signatarstaaten ab,
für die im Juli 1913 eine ergebnislose Konferenz
im Haag stattfand und 1914 eine neue Konferenz
zu erwarten ist.
Liüteratur: Butz, Die Bekämpfung des Mädchen-
handels im intern. Rechte, 1908; Petters, Der Mäd-
chenhandel und seine Bekämpfung nach gelt. und künft.
Reichsstrafrecht, Diis. Heidelb. 1911; Kenault, la traite
des blanches et la Conférence de Parls, 1902; v. Ull.
mann, im Gerichtssaal, Bd. 64, 1904, S22—59; Kitzin-
ger, 3. f. Strafrechtswissenschaft 29, 1909, 460; Mitter.
maier, in der Vergleichenden Darstellung des deutschen und
ausländ. Strafrechts, besond. Teil IV, 1906. Soe; Neu-.
meyer, Internat. Verwaltungsrecht I, 1910, S 260 f.;
JIanisch, Archiv f. Rechts- und Wirtschaftsphilosophie, 1914,
S. 303; Fleischmann, Völkerrechtsquellen, 1905, Nr. 58,
81. — Höpfner (Branntweinhandel), in der Berglei-
chenden Darstellung des deutschen und ausländ. Strafrechts,
besond. Teil II, 1906, S507—518). — Hischmann, Die
Opiumfrage und ihre intern. Behandlung, 1912; van der
Mandere, Die Opiumkonferenz im Haag (Jahrbuch des
Völkerrechts I, 1913, S 1239—1257); 3 f. Völkerrecht 8,
1914, 101; P. Gide, L'Opium (these, Paris 1910, S 114 f.,
Gesetzgebung: China, Indochina, Indien, Niederlande, Frank.
reich); China Vear book 1912, S423—153.
* Mlieischmann.
Sitzungspolizei
(und Ungebühr außerhalb der Gitzung)
4 1. Begriff und Wesen. 5#5 2. Vor den ordentlichen und
den Gewerbe= und Kaufmannsgerichten. J 3. Vor den
Verwaltungsgerichten.
# 1. Begriff und Wesen. Unter „Sitzungs-
polizei“ versteht man die Aufrechterhaltung der
äußeren Ordnung bei den Verhandlungen vor den
ordentlichen, den Gewerbe= und Kaufmannsgerich-
ten IXI sowie bei den Verw Gerichten [XI, mögen