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Staatsfinanzen
27. 3. 72 GS 278 F5.19 s. auch GS 1912, 95), im
Reiche auch Einnahmen aus veräußertem Reichs-
vermögen. Die Rechnungen über den StpH#Etat,
auch über alle vom Reiche verwalteten Fonds,
z. B. die Reichsbank, Bank G v. 24. 3. 75 5 29,
werden von der Oberrechnungskammer bezw.
vom Rechnungshofe des Deutschen Reichs ge-
prüft und festgestellt. Die allgemeine Rechnung
Über den StH. jeden Jahres, einschließlich einer
Uebersicht über die Staatsschulden, wird mit den
Bemerkungen der Oberrechnungskammer bezw.
des Rechnungshofes alljährlich dem Parlament
zur Entlastung der Staats-(Reichs-)regierung vor-
gelegt (preuß. G über die Oberrechnungskammer
v. 27.3.72, GS279, Reichs-Kontroll G v. 21. 3. 10
(Roal 521).
IV. Es ist sodann hervorzuheben, daß das StH.=
Gesetz in der Regel nicht zwischen dem Staate und
seinen Gläubigern und Schuldnern Recht machen
will noch Recht macht, Komptabilitäts G v. 11. 5.
98 (GS 77) 5 8; eine Ausnahme z. B. im Gv.
21.5.97 (GS 15 7) für Richter- und Staatsanwalts-
gehälter.
Das StH. Gesetz ist ein einziges Gesetz; für Eng-
land, Frankreich, Belgien, Preußen, das
Deutsche Reich soll es alljährlich im
voraus ergehen, und zwar alljährlich. Das Etats-
jahr läuft in Preußen wie im Reiche v. 1. April
bis 31. März. Das Etatsgesetz ergeht für Bayern,
Sachsen und Baden alle zwei, für Würt-
temberg, Hessen, alle drei, für Gotha und
Sondershausen alle vier Jahre. Eine „Bepackung“
des Etatsgesetzes sowie eine einseitige Erhöhung
der Ausgaben durch das Parlament braucht die
Regierung nicht zu akzeptieren. Das StH. Gesetz
verliert mit Ablauf der Periode, für die es er-
lassen ist, in England, Frankreich, Belgien, Preu-
ßen und dem Deutschen Reich seine Kraft; als
sog. Normaletat gilt hier wenigstens der bisherige
Etat nicht. ·
V. Kommt das Etatsgesetz nicht zu-
stande, was bei den Zuständen in England,
Frankreich und Belgien auggeschlossen erscheint,
wohl aber in Preußen und im Reiche vorkommen
kann, so ist dies für die Gläubiger und Schuldner
des Staats ohne Einfluß. Willkürliche Ausgaben
für neue nicht bewilligte Aemter, Bauten, Trup-
pen usw. muß die Regierung unterlassen; sie be-
darf in Preußen wie im Reich für alle Ausgaben,
im Reich auch für Einnahmen aus der Veräuße-
rung von Reichsvermögen der Indemnität, die
durch Gesetz oder Resolution erteilt werden kann.
VI. Für die Schutzgebiete, und zwar für
jedes einzelne besonders ist der St H. durch Reichs-
gesetz festzustellen (# Kolonialfinanzen J). Seit G
v. 31. 5. 11, RSG#Bl 225 § 5 wird der Landeshaus-
halt für Elsaß-Lothringen alljährlich
durch Landesgesetz festgestellt. Die Gesetzent-
würfe über die Feststellung des jährlichen Landes-
hu#zhaltsetats werden zuerst der zweiten Kammer
vorgelegt und von der ersten Kammer im ganzen
angenommen oder abgelehnt. Im Etatsgesetze
nicht vorgesehene Ausgaben oder Erhöhung von
Ausgabepositonen über den Betrag der von der
Landesregierung vorgeschlagenen Summe können
von der zweiten Kammer ohne Zustimmung der
Regierung in den Etat nicht eingesetzt werden.
Steuern und Abgaben, die auf Gesetz beruhen,
bedürfen keiner Bewilligung. Nach dem Ablauf
des Etatsjahres bleibt die Landesregierung bis
zum Inkrafttreten des neuen Etatgesetzes ermäch-
tigt, Schatzanweisungen [JI auszugeben, soweit
die Einnahmen aus den auf besonderen Gesetzen
beruhenden Steuern und Abgaben nicht ausrei-
chen, um die rechtlich begründeten Verpflichtungen
der Landeskasse zu erfüllen, Bauten, die auf Grund
eines vom Landtage genehmigten Bauanschlags
ausgeführt sind, fortzusetzen und den gesetzlich
bestehenden Einrichtungen zu erhalten und fort-
zuführen.
Literatur: Laband, Staatsrecht (4)0 II 1fH 127,
128; Zorn, Staatsr. II 16; Anschütz, Enzykl. 633;
Arndt, Reichsstaatsr. 318 f, Arch OessK 1888, 532,
Reichsverf. (5) zu a 69 f, preuß. Verf (7) zu a 99 #f Thrän,
Annalen 1902 S. 507 Gneist, Gesetz und Budget (1874);
v. Rönne, Preuß. Staatsr. I #### 116 ff Seydel,
StR 11 681; P. Reichensperger, Denkschrift
betr. das verfassungsmäßige Budgetrecht des Hauses der
Abgeordneten in den StBer des Abg.-Hauses, 1865/66, II
33 f. BWeitere Literatur val. bei B. Nrudt.
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B. Verwaltungsrechtlich
# 1. Grundsätze. 1 2. Form des Budgets im allgemeinen.
# 3. Reichsetat. # 4. Preußischer Etat. § 5. Mittelstaaten.
" 6. Feststellung und Sanktion des Etats. 3 7. Das Staats-
budget als Norm der Verwaltung. 1 8. Abweichungen vom
Etat. 14 9. Aufstellung der Staatsrechnungen. # 10. Kon-
trollen. 3 11. Oberrechnungskammer (Rechnungshos).
& 1. Grundsätze.
I. Die Finanzwirtschaft eines Staates ist, wie-
jede bürgerliche Wirtschaft, zur Durchführung ihrer
Aufgaben genötigt, Einnahmen und Ausgaben
im voraus vollständig und übersichtlich darzu-
stellen. Diese Abwägung der Einnahmen und
Ausgaben in Geldsummen beruht auf einer Ab-
schätzung des voraussichtlichen Aufwandes und
der Deckungsmittel und bezieht sich auf einen
bestimmt begrenzten Zeitraum, die V
waltungs= (Etats)periode. Oberste-
Forderung für die Ordnung der öffentlichen Haus-
halte ist die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts.
zwischen Einnahmen und Ausgaben (Bilanzie-
rung). Den Inbegriff aller zu diesem Zwecke die-
nenden Einrichtungen und Maßregeln im Vermö-
genshaushalte nennt man die Etatisierung;.
als formelles Mittel dazu dient die Aufstellung eines.
Voranschlags (Etat, Staatshaushaltsetat,
Budget). Die ganze Verwaltung des Vermögens-
haushaltes gründet sich auf diesen Etat; sie er-
scheint als dessen Ausführung, unter Anwendung
der durch die Zwecke der Etatisierung bedingten
Normen und Formen (Etatswirtschaft). Hierbei
ist die Anordnung der Einnahmen und Ausgaben.
einerseits und die Vollziehung der Anordnung.
andererseits getrennt und je besonderen Behör-
den übertragen. Die erstere Funktion gehört zu.
den Befugnissen der höheren Verwaltungsbehör-
den (anweisende Behörden), die letztere liegt den.
Kassenbehörden ob Staatskassen unten S 490.)1.
II. In der Regel werden alle Einnahmen und
Ausgaben in einem Etat (Rechnung) zusam-
mengefaßt. Vollständig ist das Prinzip der Ein-