Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

(III. Staatshaushalt: Staatsrechnungen) 
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Gesetzes für das Reich enthält das hessische Gv. 
14. 6. 79. Inzwischen ist für Preußen das den 
Gegenstand freilich auch nicht erschöpfend behan- 
delnde Gesetz betr. den St. (sog. Komptabili- 
tätsgesetz) v. 11. 5. 98 ergangen. Für 
Baden erging das G v. 22. 5. 82, 24. 7. 88, 
12. 8. 08, für Sachsen dasjenige v. I. 7. 04. 
In Bayern ist die Frage neuerdings im Ver- 
ordnungswege Peregelt (Bek v. 23. 6. 07). 
auch den Art. Staatskassen unten S 4900 ff. 
58. Abweichungen von den Etatsvorschriften. 
Jeder Etat bildet für die Verwaltung die Richt- 
schnur, die sie, soweit es von ihrem Willen ab- 
hängt, befolgen muß (s. 5 7). Niemals kann der 
Etat aber als Schablone in dem Sinne festgestellt 
werden, daß Abweichungen von ihm überhaupt 
nicht vorkommen dürfen (s. Form Fin Verw S 
56 ff). Maßgebende allgemeine Grundsätze sind 
hier: Alle unvorhergesehenen (außeretatsmäßigen) 
Einnahmen und Ausgaben sind zur Kenntnis und 
außeretatsmäßige Ausgaben auch zur Genehmi- 
gung der Volksvertretung zu bringen. Gleicher 
Genehmigung unterliegen sog. Etatsüber- 
schreitungen. Ob die Nichtleistung von 
Ausgaben der Genehmigung bedarf, ist strittig. 
Beim Reichshaushalt lassen sich (nach 
Laband) unterscheiden: 
a) Abweichungen rein finanzieller (quantitativer) 
Art sind Mindereinnahmen oder Mehreinnahmen, 
Minderausgaben oder Mehrausgaben. Die letzte- 
ren, praktisch die wichtigsten, heißen Etats- 
überschreitungen. Alle Arten von quanti- 
tativen Abweichungen sind bei der endgültigen 
Rechnungsablage nach zuweisen. Minder- 
einnahmen und Minderausgaben bedürfen der 
Genehmigung des RTnicht, wohl aber Mehr- 
einnahmen, wenn sie aus der Veräußerung von 
dem Reich gehörigen Grundstücken usw. fließen, 
5 10 G v. 15. 5. 73. Ebenso alle Etatsüberschrei- 
tungen. 
b) Materielle (qualitative) Abweichungen sind: 
Nichterhebung einer etatsmäßigen Einnahme, so- 
wie Nichtleistung einer etatsmäßigen Ausgabe 
oder Leistung einer außeretatsmäßigen Ausgabe. 
In den beiden ersten Fällen hat die Verwaltung 
freie Hand, soweit es sich nicht z. B. um gesetz- 
lich zu erhebende Steuern und Abgaben handelt. 
Die Nichtleistung einer budgetmäßigen Ausgabe 
macht die Regierung nur politisch verantwortlich. 
Für außeretatmäßige Ausgaben ist Bewilligung 
des RLT nachzusuchen, die in Form des Nachtrags- 
etats erfolgen soll, aber eventuell auch bei Gelegen- 
beit der Rechnungslegung nachgeholt werden 
ann. 
Das hessische G v. 14. 6. 79 bestimmt (a 20): „Alle 
Mehreinnahmen und Mehrausgaben, welche gegen 
die durch ständische Beschlüsse zu dem Hauptvor- 
anschlag für die Finanzperiode festgestellten Be- 
träge stattgefunden haben, werden als Etatsüber- 
schreitungen angesehen. Als Etatsüberschreitungen 
sind dagegen diejenigen sachlichen Mehrausgaben 
nicht zu betrachten, welche durch Minderausgaben 
bei den betr. Hauptabteilungen und Unterabtei- 
lungen des Hauptvoranschlags gedeckt werden, 
wenn und insoweit bei den Abteilungen und Unter- 
abteilungen die Stände ausdrücklich die Verwilli- 
gung als Pauschsumme beschlossen haben. Ebenso 
verhält es sich, wenn die Uebertragungsfähigkeit 
anderer Teile des Hauptvoranschlags unter sich 
  
in dieser Beziehung von den Ständen ausdrücklich 
bewilligt worden ist.“ 
Aehnliche Bestimmungen enthalten & 19 des pr. 
Oberrechnungskammer G v. 27. 3. 72 u. Ges. v. 
22. 3. 1912 Art. I 5 sowie # 10 des sächs. 
St. G v. 1. 7. 04, nur werden hier als Etatsüber- 
schreitungen lediglich Mehr ausgaben gegen 
den Etat, nicht auch Mehreinnahmen bezeichnet. 
Zu Mehreinnahmen ist in Preußen und 
Sachsen eine nachträgliche Genehmigung nicht 
erforderlich. Auch die bayer. VuU fordert nur eine 
nachträgliche Genehmigung bei Mehrausgaben. 
Vu v. 26. ö. 1818 Tit. VII & 8. Vgl. ferner für 
Baden G v. 1882 a I1. 
§#9. Aufstellung der Staatsrechnungen. Allent- 
halben werden die ersten Elemente für die Ent- 
stehung der Staatsrechnung von den mit Erhebung 
und Verausgabung der Staatsgelder betrauten 
Organen J Staatskassen) geliefert, indem sie in 
periodischen Zeitabschnitten Rechnung über ihre 
Gebarung legen, die sich auf den Inhalt der ge- 
führten Bücher und der Rechnungsbelege stützen 
muß. Die vierteljährigen Ausweise bilden in 
den meisten Staaten die Grundlage der Staats- 
rechnung. Sie enthalten in der Regel alle zur 
Beurteilung der Geschäftskassenführung und zur 
Vergleichung mit dem Voranschlag erforderlichen 
Daten, also für das Amt oder die Kasse den 
Budgetansatz in Einnahme und Ausgabe, die 
wirklich erfolgte Einnahme und Ausgabe und den 
üblichen Rest. 
1. Für Preußern bestehen folgende Vorschrif- 
ten: Die Kassen legen der sog. Hauptbuchhalterei 
im Finanz Min nebst dem summarischen monat- 
lichen Auszuge vierteljährliche Auszüge (Kassen- 
abschlüsse) vor, deren letzter oder Jahresfinalab- 
schluß die Grundlage für die Jahresrechnung bil- 
det. Die von den Staatskassen ( in ihrer verschie- 
denen Stellung als Spezial-, Provinzial-, Zentral- 
und Generalkassen nach Ablauf des Etatsjahres 
aufzustellenden Rechnungen sind Spezial= und 
Hauptrechnungen. Die Spezialabrechnungen er- 
strecken sich nur auf einzelne, die Hauptrechnungen 
auf sämtliche einer Kasse zur Verrechnung über- 
wiesenen Verw Zweige und Fonds, indem sie nach 
den zugrunde liegenden Hauptetats die Ergebnisse 
der Spezialrechnungen in sich aufnehmen und da- 
durch das Gesamtergebnis darstellen. Auf Grund 
der einzelnen Rechnungen muß die sog. allge- 
meine Rechnung über den St.Etat jedes 
Jahres von dem Finanz Min aufgestellt und — 
nach Prüfung durch die Oberrechnungskammer und 
mit deren Bemerkungen versehen — der Kammer 
zur Entlastung vorgelegt werden (a 104 VUh). Da 
hierzu ein längerer Zeitraum, meist 2 Jahre, er- 
forderlich sind, so wird schon bei Beginn der nach 
Ablauf des Etatsjahres folgenden Sessionsperiode 
dem Landtag eine — von der Oberrechnungskam- 
mer noch nicht geprüfte — sog. Uebersicht der Ein- 
nahmen und Ausgaben vorgelegt (§47 des Kompt.= 
Gesetzes). Ueber das Formelle des Rechnungs- 
wesens enthält & 46 der Instr für die Oberrech- 
nungskammer v. 18. 12. 1824 Vorschriften; zum 
Teil auch das Kompt.G v. 1898. 
2. In Bayern wird eine Generalfinanzrech- 
nung aufgestellt, und zwar hier durch den obersten 
Rechnungshof, welcher sie dann dem Finanz Min 
vorlegt. In allen Finanzrechnungen müssen die 
Kosten der Verwaltung der Staatseinkünfte von
	        
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