Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

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Ordnungsstrafen 
  
Abgabe von Salz, v. 12. 10. 67 §8 13, 15), bei der 
Brausteuer (Brausteuer G v. 15. 7. 09 RBl 7731 
7, 48), bei der Tabakssteuer (Tabaksteuer G 
v. 15. 7.09RGl 793] §§ 49, 50), bei der Brannt- 
weinsteuer (Branntweinsteuer G v. 15. 7. 09 
[Ral 661] 58 130), bei der Zuckersteuer (Zucker- 
steuer G v. 27.5.96 [RGBl117] 88 51—53), bei den 
Reichsstempelabgaben (Reichsstempel G v. 15.7. 09 
IRuEGBl 8331 F+ 95), bei der Erbschaftssteuer (Erb- 
schaftssteuer G v. 3. 6. 06 RGBl 654) 5 49). Als 
O. werden ferner diejenigen Strafen bezeichnet, 
welche wegen Zuwiderhandlungen gegen die Vor- 
schriften des G, betr. die Statistik des Waren- 
verkehrs, v. 20. 7. 79 eintreten (§ 17). 
&# 3. Verletzung besonderer Berufspflichten. 
Eine sehr ausgedehnte Anwendung findet das 
Institut der O. gegenüber solchen Personen, wel- 
chen kraft ihres Berufes oder, weil ihnen öffentliche 
Funktionen übertragen sind, besondere Pflichten 
obliegen. Die O. werden gegenüber diesen Per- 
sonen wegen Verletzung oder Vernachlässigung 
der betreffenden Pflichten verhängt. Da nun die 
Androhung von O. auch benutzt werden kann, 
um die Erfüllung der in Frage stehenden Pflich- 
ten zu erzwingen, so besteht hier ein Gebiet, wo 
Zwangsmaßregeln und Strafen sich am nächsten 
berühren und wo es im einzelnen Falle sehr leicht 
zweifelhaft werden kann, ob das eine oder das 
andere vorliegt. 
Unter diesen O. sind zunächst diejenigen zu 
nennen, welche als Ausfluß der Beamten- 
disziplin ] erscheinen. Ihnen schließen sich 
diejenigen O. an, welche gegen Personen verhängt 
werden können, die zwar kein Amt beklei- 
den, denen aber doch gewisse öffentliche 
Funktionen übertragen sind. Schöffen, 
Geschworene und Vertrauensmänner des zur 
Aufstellung der Urliste und Jahresliste der Schöf- 
seen und Geschworenen berufenen Ausschusses, 
welche ohne genügende Entschuldigung zu den 
Sitzungen nicht rechtzeitig sich einfinden oder 
ihren Obliegenheiten in anderer Weise sich ent- 
ziehen, sind zu einer O. von 5 bis zu 1000 Mk. 
zu verurteilen. Die Strafe wird bei Schöffen 
und Vertrauensmännern durch den Antsrichter, 
bei Geschworenen durch die richterlichen Mitglie- 
der der Schwurgerichte ausgesprochen (GVB 
#§5 56, 96). Wegen derselben Pflichtverletzungen 
unterliegen Beisitzer der Seeämter und des Ober- 
seeamtes einer O. von 10 bis 300 Mk., welche der 
Vorsitzende auszusprechen hat (R, betr. die Un- 
tersuchung von Seeunfällen, v. 27.7.77 SF 12, 29). 
Diese O. sind wirkliche Strafen; sie werden ver- 
hängt, weil und nachdem die öffentliche Pflicht 
verletzt worden ist. Den gleichen Charakter haben 
die O., welche das Konkursgericht berechtigt ist, 
gegen den Konkursverwalter 
sprechen (Konk. O §##76). 
Dagegen tritt die Eigenschaft des Zwangsmit- 
tels sehr entschieden hervor bei denjenigen O., 
welche die staatlichen und kommunalen Aufsichts- 
behörden befugt sind, gegen Genossen- 
schaftsvorstände und Genossen- 
schaftsmitglieder zu verhängen. Denn 
diese sollen nach ausdrücklicher gesetzlicher Bestim- 
mung dazu dienen, die angegebenen Personen 
zur Erfüllung ihrer Pflichten anzuhalten oder die 
Beobachtung der gesetzlichen und statutarischen 
Vorschriften von ihnen zu erzwingen. Derartige 
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auszu- 
O. sind zulässig gegenüber Innungsvorständen, 
Innungsmitgliedern und deren Gesellen, soweit 
letztere an den Geschäften der Innung teilnehmen 
(GewoO 8s 100 d, 104), gegenüber den Vorständen 
eines Innungsverbandes (GewO #104 k), gegen- 
über den Vorständen der eingeschriebenen Hilfs- 
kassen und Kassenverbände (R über die einge- 
schriebenen Hilfskassen v. 7. 4. 76 §§ 33, 35, Ab- 
änderungs G v. 1. 6. 84 a 17), gegenüber den 
Organen, Vertrauensmännern, Beamten und 
Angestellten der Träger der Arbeiterversicherung 
(RVOs 31 Abs 3). Den Charakter von Zwangs- 
mitteln besitzen ferner diejenigen O., welche das 
Handelsgericht gegen Kaufleute verhängen 
kann, um dieselben zu veranlassen, gewisse Ein- 
tragungen in das Handelsregister zu bewirken 
(HGB 14, 37, 319, 325). In gleicher Weise 
ist dasselbe befugt, die persönlich haftenden Ge- 
sellschafter und Liquidatoren einer Kommandit- 
gesellschaft auf Aktien, die Vorstandsmitglieder 
und Liquidatoren einer Aktiengesellschaft zur Be- 
folgung bestimmter gesetzlicher Vorschriften anzu- 
halten. 
#§s# 4. Ungebühr im amtlichen Verkehr. Die 
Bezeichnung O. begegnet uns ferner im amtlichen 
Verkehr der Behörden mit Privatpersonen. Die 
Behörden sind befugt, letztere wegen unge- 
bührlichen Benehmens mit einer O. 
zu belegen. Es handelt sich hier nicht um Zwangs- 
mittel, sondern um eine wirkliche Strafgewalt, 
deren Ausübung nur nicht in den ordentlichen 
Formen eines Strafverfahrens, sondern in sum- 
marischer Weise durch diejenige Behörde erfolgt, 
gegenüber welcher die Ungebühr begangen ist. 
Derartige Befugnisse stehen nach dem GV den 
Gerichten zu. Dieselben können wegen Ungebühr 
in einer Sitzung gegen Parteien, Beschuldigte, 
Zeugen, Sachverständige oder bei der Verhand- 
lung nicht beteiligte Personen O. bis zu 100 Mk. 
oder bis zu 3 Tagen Haft, gegen Rechtsanwälte 
und Verteidiger O. bis zu 100 Mk. festsetzen und 
vollstrecken lassen (GBV 88 179, 180). Aehnliche 
Befugnisse sind durch Landesgesetze auch anderen 
Behörden, insbesondere den Verw Behörden ein- 
geräumt worden (württ. G, betr. Aenderungen 
des Landes PolSt G v. 12. 8. 79 a 3; bad. Pol- 
Sten#v. 31. 12. 63 F 32; hess. G, betr. die innere 
Verwaltung und die Vertretung der Kreise und 
Provinzen, v. 12. 6. 74 a 81). Dagegen bildet in 
Bayern die Ungebühr im amtlichen Verkehr den 
Gegenstand einer besonderen, im strafrechtlichen 
Verfahren zu bestrafenden Uebertretung (G zur 
Ausführung der StP v. 18. 8. 79 a 7) ([Sit- 
zungspolizeil. 
#5. Ordnungöstrafen in korporativen Ver- 
bänden. O. kommen in korporativen 
Verbänden vor, welche gewisse öffentliche 
Interessen verfolgen. Die Verbände haben das 
Recht, derartige Strafen gegen ihre Mitglieder 
zu verhängen. Die Eigentümlichkeit dieser O. 
besteht darin, daß sic nicht Ausfluß der Straf- 
gewalt des Staates, sondern Ausfluß der Straf- 
gewalt der Korporation sind. Die staatlichen Ge- 
setze beschränken sich darauf, die Korporation zur 
Ausübung einer derartigen Strafgewalt zu er- 
mächtigen. Die von den Korporationen aus- 
gehenden O. sind teils wirkliche Strafen, welche 
wegen stattgehabter Pflichtverletzungen verhängt 
werden, teils Zwangsmittel, welche bazu dienen,
	        
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