Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Ordnungsstrafen — Papiergeld 
die Mitglieder der betreffenden Genossenschaft 
zur Erfüllung ihrer Pflichten anzuhalten. Eine 
derartige korporative Strafgewalt besitzen reichs- 
gesetzlich die Innungen (GewO #s## 98 a, 100 b) 
und die Berufsgenossenschaften der Unfallversiche- 
rung (RVO F8 680, 973, 1144), nach preußischem 
Recht z. B. die öffentlichen Wassergenossenschaf- 
ten (G, betr. die Bildung von Wassergenossen- 
schaften, v. 1. 4. 79 §+ 54) und die Haubergge- 
nossenschaften Hauberg O für den Kreis Siegen v. 
17. 3. 79 § 19). 
Literatur: v. Stein, Verw Lehre Bo. I 1, 320 ff; 
Loening S 252, 2534 v. Sarwey, Allgemeines 
Verwecht bei Marquardsen, I, 2, 159 ff: Rosin, Recht 
der öffentlichen Genossenschaft, S 113 ff, 192 ff; v. Liszt, 
Ordnungs= und Disziplinarstrafen im RL., 2, 966 ff. 
Georg Meyer (durchgesehen von Auschütz). 
Papiergeld 
5 1. Begriff und Wesen. 1# 2. Geschichtliches. Verfassung. 
Staatsvapiergeld. # 3. Reichskassenscheine. 5 4. Korpo- 
rationspapiergeld. 1 5. Schutzgebiete. 
5 1. Begriff und Wesen. Ebenso wie Metall- 
stücken [UMünzwesen) kann der Staat auch 
Vapierstücken die Eigenschaft als Geld verleihen, 
welche hier lediglich auf dem Kredit des Staates 
beruht (RNreditgeld), aber doch darin hervortritt, 
daß nicht bloß eine Forderung an den Staat ge- 
schaffen, sondern dem Papier die Geldeigenschaft 
gewissermaßen aufsgeprägt ist. Das P. gehört 
neben den Scheidemünzen zum Zeichengelde. 
Der Zwangskurs (gegen jedermann) bildet eben- 
sowenig das Wesen des P., als das Versprechen 
der Einlösung (das Vorhandensein einer Einlö- 
sungskasse) die Geldeigenschaft ausschließt. Nur 
der Emittent (die Staatskassen) muß gehalten 
sein, das P. bei allen Zahlungen als Geld anzu- 
nehmen. In diesem Sinne ist das P., obwohl von 
zweifelhaftem wirtschaftlichen Werte, doch ein 
Bestandteil des deutschen Geldwesens geblieben. 
# 2. Geschichtliches. Verfassung. Staats- 
papiergeld. Wie schon die Verf des Norddeutschen 
Bundes v. 1867, so überweist auch die Verf des 
Deutschen Reichs v. 1871 a 4 Nr. 3 der Beaufsich- 
tigung und Gesetzgebung des Reichs „die Feststel- 
lung der Grundsätze über die Emission von fundier- 
tem und unfundiertem Paviergeld“. Der Begriff 
ist hier im weitesten Sinne genommen, wie die 
fernere Entwicklung bestätigt. Unter „fundiertem“ 
V. ist solches zu verstehen, für welches eine ge- 
wisse Deckung vorgeschrieben ist (z. B. die jetzt 
eingezogenen Darlehnskassenscheine). Der Haupt- 
gesichtsvunkt war die Beseitigung des massenhaft 
emittierten P. der Einzelstaaten, welche, nachdem 
ein G v. 16. 6. 70 (B#Bl 507) die fernere Aus- 
gabe oder Gestattung der Ausgabe von einem 
  
Bundesgesetze abhängig gemacht, durch die Schluß- 
bestimmung des Münz G v. 9. 7. 73 (a 18) (RuBl 
233) weiter vorbereitet ist. Die Ausführung ent- 
hält das G, betr. die Ausgabe von Reichskassen- 
scheinen v. 30. 4. 74 (Rö -M 40). Dasselbe wieder- 
holt den Gegensatz, daß die Bundesstaaten 
nur auf Grund eines Reichsgesetzes P. ausgeben 
  
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oder dessen Ausgabe gestatten dürfen (s 8). 
Alles bisherige P. (im Betrage von 61 432843 
Tlrn., nach den Mot 61 374 000 Tlr.) mußte von 
ihnen bis zum 1. 7. 75 zur Einlösung öffentlich 
aufgerufen werden; es ist eingezogen. 
Zum Ersatz hat das Reich Reichs P. unter 
dem Namen „Reichskassenschein e aus- 
gegeben. Dauernd zum Umlauf bestimmt sind 
davon nur 120 Mill. Mk., welche nach der Bevöl- 
kerungsziffer v. 1. 12.71 unter die Bundesstaaten 
verteilt wurden. Außerdem erhielten aber die- 
jenigen Staaten, deren P. den ihnen nach jenen 
Vorschriften zustehenden Betrag überstieg, (behufs 
der Einziehung) noch :38 des überschießenden Be- 
trages als einen bis zum 31. 12. 90 in Jahresraten 
zu erstattenden Vorschuß bar oder in Reichs- 
kassenscheinen aus der Reichskasse. Der Umlauf 
der letzteren erhöhte sich dadurch anfänglich auf 
ca. 174 Mill. Mk.; seit 1891 sind nur noch 120 Mill. 
Mark in Umtlauf. 
Im Zusammenhang mit der Verdoppelung 
des Reichskriegsschatzes (G v. 1I. 11. 71) ge- 
mäß & 7 des R# über Aenderungen im Finanz- 
wesen v. 3. 7. 13 (Rönl 52#1) ist auch eine 
Steigerung des Umlaufs der Reichskassenscheine 
auf 240 Mill. Mark beschlossen worden. 
Jährliche Nachweisungen im RZBl und im Reichs- 
anzeiger. 
s# 3. Reichskassenscheine. Die Reichskassen- 
scheine werden von der „Reichsschuldenverwal- 
tung“ (deren Funktionen die preußische Haupt- 
verwaltung der Staatsschulden versieht) unter der 
Kontrolle der Reichsschuldenkommission ausge- 
fertigt, und zwar laut R v. 5. 6. 06 (Rl 730) 
in Abschnitten zu 5 und 10 Mk. (früher 5, 20 und 
50 Mk.). Die veränderte Stückelung ist eine Folge 
der Ausgabe von Reichsbanknoten zu 20 und 
50 Mk. gemäß G v. 20. 2. 06 (R l 318). 
Vor der Ausgabe ist eine genaue Beschreibung 
öffentlich bekannt zu machen (G v. 30. 4. 74, 
# (RZBl 1875 S 48, RAnz 1882 N. 79 Anl., 
1883 N. 16 Anl., 1899 N. 144 Anl., 1906 N. 95 
Anl., 1907 N. 271 Anl.). Ueber die Verteilung 
des Gesamtbetrages auf die einzelnen Ab- 
schnitte beschließt der BRz die Bestimmungen 
haben mehrfach gewechselt. Nach den Bun- 
desratsbeschlüssen v. 5. 12. 12 und 
3. 7. 13 sollen ausgegeben werden 200 Millio- 
nen Mk. in Abschnitten zu 10 Mk., 40 Millionen 
in solchen zu 5 Mk. Das zur Anfertigung der 
Reichskassenscheine verwendete Papier ist 
durch Strafvorschriften gegen unbefugte Nach- 
ahmung geschützt (G v. 26. 5. 85, RVBl 165). — 
Im Privatvertehr ist niemand zur Annahme von 
Reichskassenscheinen gezwungen. Dagegen wer- 
den sie bei allen Kassen des Reichs und der Bun- 
desstaaten nach ihrem Nennwerte in Zahlung an- 
genommen und von der (mit der Reichsbank- 
Hauptkasse laut Bek des RK v. 29. 12. 75 — 
RZBl 821 — verbundenen) Reichshauptkasse für 
Rechnung des Reichs jederzeit auf Erfordern 
gegen bares Geld eingelöst. Jür 
beschädigte oder unbrauchbar ge- 
wordene Exemplare hat die Reichsschulden- 
verwaltung für Rechnung des Reichs Ersatz 
zu leisten, wenn das vorgelegte Stück 
größer ist als die Hälfte, sonst nur ausnahmsweise 
nach pflichtmäßigem Ermessen. Die Klagbarkeit 
dieser gesetzlichen Verpflichtungen ist nicht zu be-
	        
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