Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Stauanlagen (Talsperren) 
  
die darüber eine Urkunde aufnimmt. Die Stau- 
marke steht unter dem Schutz des Strafgesetzbuchs, 
ihre Vernichtung, Verrückung usw. wird als Ur- 
kundenfälschung bestraft (§ 274 Nr. 2 St Gd). 
55. Betrieb, Einstellung und Beseitigung der 
Stauanlagen. Der Verstoß gegen die durch die 
Staumarke getroffene Festsetzung über die 
Stauhöhe wird nach den Wassergesetzen als Ver- 
ehen oder als Uebertretung bestraft. Vielfach 
siwdet sich auch ein Verbot des plötzlichen 
Ablassens aufgestauter Wassermassen, wenn 
dadurch Gefahren oder Nachteile entstehen könn- 
ten, z. B. Preußen 35100, Sachsen # 47. 
Ebenso findet sich vielfach die Vorschrift, daß der 
Stauberechtigte das Wasser nicht zum Nachteil 
anderer Berechtigter nutzlos verschwen- 
den darf, oder daß der Stauberechtigte sich den 
Umbau oder die Verlegung auf Kosten eines 
Dritten gefallen lässen muß, wenn dadurch ein 
nutzbarer Wasserüberschuß zugunsten einer an- 
deren Anlage zu erzielen ist, vgl. Preußen 
5*5#196, Württemberg à 62, Baden 14, 
34, Hessen aà 25, 26. Wegen des Anspruchs 
auf Mitbenutzung einer fremden St. vgl. oben 
§s 3. Der Stauberechtigte hat die St. in ord- 
nungsmäßigem Zustande zu erhalten. 
Bisweilen wird er auch zu den Kosten der Unterhal- 
tung des Wasserlaufes besonders herangezogen (so 
Baden §5 93, Hessen a 103). Eine genehmigte St. 
darf der Inhaber ohne Genehmigung der VerwBe- 
hörde nicht wieder beseitigen oder sie 
außer Betrieb setzen (Preußen # 99, 
Bayern a 52, Sachsen § 45, Württemberg a 63, 
Baden § 44 Abs 4). Eine vorübergehende Be- 
triebseinstellung im Interesse der Vornahme von 
Arbeiten zur Unterhaltung des Wasserlaufs oder 
mit Rücksicht auf ein zu erwartendes Hochwasser 
muß sich der Inhaber regelmäßig ohne Anspruch 
auf Entschädigung gefallen lassen, z. B. Preußen 
§# 101, 102. Dagegen ist eine dauernde Ent- 
ziehung oder Beschränkung von Staurechten nur 
nach analogen Grundsätzen wie die Enteignung [JI 
zulässig, also aus überwiegenden Gründen des 
öffentlichen Wohls und gegen vollständige Ent- 
schädigung. Wird durch die Regulierung (Ausbau) 
eines Wasserlaufes die Wassermasse oder das 
Gefäll zum Nachteil eines Stauberechtigten ge- 
#ndert, so finden die allgemeinen für die Beein- 
trächtigung von Wassernutzungsrechten in einem 
solchen Fall geltenden Grundsätze Anwendung. 
Sie gehen dahin, daß der Nutzungsberechtigte 
der Regulierung nicht widersprechen, wohl aber 
Entschädigung verlangen kann, vgl. für Preußen. 
WasserG ## 156, 157, 163 ff. 
§ 6. Talsperren. Sie unterscheiden sich teils 
durch ihre Größe, teils durch ihren Zweck von den 
sonstigen St. Sie dienen nicht wie diese ausschließ- 
lich dem Zwecke der Wassernutzung, sondern viel- 
fach ganz oder doch überwiegend dem Zwecke 
des Wasserschutzes, d. h., um bei Hochwasser 
große Wassermassen in sich aufzunehmen und die 
unterhalb liegenden Grundstücke dadurch vor 
Ueberschwemmung zu schützen. Doch wird oft- 
mals das angesammelte Wasser im Interesse der 
Wirtschaftlichkeit auch wieder nutzbar gemacht 
(Hoch= und Nutzwasserbecken), namentlich für 
elektrische Kraftanlagen; ja die größte, noch im 
Bau begriffene deutsche Talsperre, die sog. 
Wesertalsperre, wird für die Regulierung des 
  
  
Wasserstandes der Weser im Schiffahrtsinteresse 
errichtet und verfolgt nicht den Zweck des Hoch- 
wasserschutzes. Dasselbe gilt übrigens auch von 
den großen für die Wasserversorgung der rheinisch- 
westfälischen Industrie erbauten Talsperren. Die 
gewaltigen Bauwerke dieser Art erfordern eine 
besonders sorgfältige Prüfung und Beausfsichti- 
gung der Anlage, ihrer Unterhaltung und ihres 
Betriebes, um jeder Möglichkeit einer Katastrophe 
vorzubeugen. Die auf sie anzuwendenden allge- 
meinen Vorschriften über St. geben den Behörden 
dafür die erforderliche rechtliche Grundlage. In 
Preußen sind durch ss 106 ff, 342 Wasser G 
die Talsperren der Genehmigung und Beaussich- 
tigung des Reg Präsidenten unterstellt, anstatt der 
sonst zuständigen Wasserpolizeibehörde. Der Be- 
griff der Talsperre ist in § 106 nach der Höhe des 
Stauwerks und dem Fassungsraum abgegrenzt 
(mehr als 100 000 chm). Jedoch können nach 
5 110 auch kleinere Staubecken den Bestimmungen 
Üüber Talsperren unterworfen werden, wenn nach 
Feststellung des Regierungspräsidenten im Falle 
res Bruches erhebliche Gefahren zu befürch- 
ten sind. 
6 7. Stananlagen für Wassertriebwerke ge- 
hören zu den nach § 16 GewO einer besonderen 
Genehmigung bedürfenden Anlagen. Für das 
Verfahren und für die Wirkung der erteilten 
Genehmigung sind daher die Vorschriften der 
GewO maßgebend, die durch Landesgesetz nicht 
geändert werden können. In dem Genehmigungs- 
verfahren sind aber, nach der speziell für St. für 
Wassertriebwerke gegebenen Vorschrift in 5 23 
Gewyp, neben den reichsgesetzlichen die dafür be- 
stehenden #Tlandesgesetzlichen Vorschriften anzu- 
wenden. Das Genehmigungsverfahren nach 
der Gewerbeordnung geht neben der was- 
serrechtlichen Verleihung einher, so- 
fern für die bei der St. beabsichtigte Benutzung 
des Wasserlaufes eine Verleihung erforderlich ist. 
Nach der Begründung des Preußischen Wasser- 
gesetzes wird der Unternehmer in der Regel 
zweckmäßig zunächst das Verleihungsverfahren 
beantragen, weil, wenn einmal die Verleihung 
erteilt ist, das Genehmigungsverfahren sich ge- 
wöhnlich rasch abwickeln werde. Nach'dem Wun- 
sche des Abgeordnetenhauses soll aber der Versuch 
gemacht werden, im Wege des Gesetzes die beiden 
Verfahren zu verbinden. Auf St. für Wasser- 
triebwerke, die dem Bergwesen /I dienen, 
finden an sich die Vorschriften der GewO keine 
Anwendung. Diese Vorschriften sind aber landes- 
gesetzlich in Preußen für diese Fälle eingeführt 
durch § 59 des Berg G v. 24. 6. 65/28. 6. 07. 
Das gilt für St. für Wassertriebwerke, die zum 
Betriebe auf Bergwerken und Aufbereitungs- 
anstalten sowie zum Betriebe von Schürfar- 
beiten dienen. (Georg Schmidt, Staatl. Bewilli- 
gzu zur Anlage von Wassertriebwerken, Diss. 
  
  
Literatur: Die Kommentare zu den Wasser- 
gesetzen und zur Gewerbeordnung. 
1 Wasserrecht: Gewerbepolizei. 
G. Schmidt, Staatliche Bewilligung zur Anlage von 
Wassertriebwerken, Diss. Leipzig 1908; Heinr. Zimmer. 
mann, Annalen 1912 S. 801; Hofacker, Annalen 
1913 S. 30. ###e.
	        
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