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Stempelsteuer
nach der Größe des für die Beurkundung des
Geschäftes erforderlichen Papieres erhoben wird.
In Bremen wird an Stempelabgaben der Ur-
kundenstempel und eine Abgabe auf Wechselpro-
teste erhoben. Der Urkundenstempel ist der Di-
mensionsstempel. Wechselproteste und notarielle
Schuldverschreibungen unterliegen neben dem
Dimensionsstempel noch einem prozentualen Wert-
stempel. Ein Fixstempel ist für Lagerscheine,
Warrants und Lombardscheine erforderlich. Das
St.Gesetz von Elsaß-Lothringen unterscheidet
einen Dimensionsstempel, einen Wertstempel und
d aus beiden zusammengesetzten Ausfertigungs-
empel.
2. Gegenstand der Steuer sind in
erster Linie Urkunden. Mündliche Ver-
träge sind nur ausnahmsweise abgabepflichtig, so
in Preußen mündliche Miet= und Pachtverträge
über inländische Grundstücke. In einzelnen Ge-
setzen sind auch andere Obiekte Gegenstand der Be-
steuerung, wie Automaten, Luxuspferde, Wagen,
Fahrräder. Hierbei ist Grundlage der Besteuerun
eine zu lösende Erlaubniskarte; diese dient feboch
nur als Surrogat; die Steuer selbst will den Auf-
wand treffen. Die steuerpflichtigen Urkunden müs-
sen unterzeichnet sein; doch genügt mechanisch her-
gestellte Unterschrift. Durch Briefwechsel zustande
ekommene Verträge sind, außer in Oldenburg,
8 in Preußen sind aber brieflich geschlossene
iet= und Pachtverträge steuerpflichtig. In Elsaß-
Lothringen unterliegen Briefe dann dem Dimen-
sionsstempel, wenn sie amtlich beglaubigt, zuge-
stellt oder öffentlichen Urkunden zugrunde gelegt
werden sollen.
3. Außer Landes errichtete Ur-
kunden.
Alle St. Gesetze stehen auf dem Boden des
Territorialprinzipes; doch bestehen
in den einzelnen Gesetzen mehr oder weniger Aus-
nahmen. So sind in Preußen, Oldenburg,
Braunschweig, Anhalt, Hamburg und Gotha auch
von Inländern oder Ausländern im Ausland er-
richtete Urkunden stempelpflichtig, wenn sie Ge-
schäfte betreffen, die sich auf im Inland befindliche
Gegenstände beziehen, oder die im Inland zu
erfüllen sind. Nach sächsischem und sachsen-alten-
burgischem Recht sind solche Urkunden dann steuer-
pflichtig, wenn von den Beteiligten wenigstens
einer zur Zeit der Errichtung im Inland seinen
Wohnsitz hat. In Mecklenburg-Schwerin gilt für
außer Landes errichtete Urkunden das Produktions-
rinzip (vgl. Z. 1); desgleichen in Bremen und El-
aß-Lothringen, im übrigen auch in Hessen, da hier
das Produktionsprinzip allgemein in Geltung ist.
Um Härten des Territorialprinzipes zu vermeiden,
ist nach den Gesetzen einzelner Staaten Anrech-
nung der in einem anderen Bundesstaate für eine
Urkunde bereits entrichteten Abgabe für zulässig
erklärt; so Preußen, Sachsen, Sachsen-Altenburg,
Hessen. Zwischen Preußen und Sachsen besteht
seit dem 1. 5. 10 ein besonderer Staatsvertrag
(abgedruckt im Zentralblatt der Abgabengesetz-
gebung und Verwaltung 1910, 621).
4. Urkundeninhalt. Bedingungen.
Grundsatz der St. Gesetze ist, daß sich die
Steuerpflicht einer Urkunde nach
ihrem Inhalt richtet. Daraus folgt, daß die
Wiederaufhebung des beurkundeten Geschäftes
oder seine unterbliebene Ausführung die Urkunde
V.
der Steuerpflicht nicht enthebt. Auch die Ver-
nichtung der Urkunde ist einflußlos; weiter ist
auf die Steuerpflicht auch die Hinzufügung von
Bedingungen ohne Wirkung. Die hieras ent-
springenden Härten haben die St. Gesetze dadurch
zu mildern gesucht, daß sie im Fall einer unter-
bliebenen Ausführung oder Wiederaufhebung des
Geschäftes b im Vorliegen von Billigkeitsgründen
eine Stempelerstattung zulassen. So das preußische
und die ihm nachgebildeten Gesetze. In der Be-
handlung der bedingten Geschäfte nehmen einige
Gesetze eine entgegenkommendere Stellung ein; 6
geben die Gesetze Sachsens und Sachsen-Altenburgs
einen Rechtsanspruch auf Erstattung, wenn bei
einem unter einer aufschiebenden Bedingung ge-
schlossenen Geschäft die Bedingung nicht eintritt;
ebenso auch dann, wenn ein Beteiligter sich den
Rücktritt oder Widerruf vorbehalten oder durch
seine Erklärung innerhalb der dafür bestimmten
Frist die Wiederaufhebung des Geschäftes herbei-
geführt hat. In Braunschweig wird bei Nichtein-
tritt einer Bedingung der halbe Stempel erstattet.
Nach hessischem Recht ermäßigt sich der Stempel,
wenn ein Geschäft vor ganzer oder teilweiser Er-
fallung wieder aufgehoben wird, auf ein Zehntel
es Betrages, auf ein Zwanzigstel aber dann,
wenn ein Rechtsgeschäft nicht wirksam geworden
ist, weil die gesetzlich erforderliche Zustimmung
eines Dritten oder die gesetzlich erforderliche Ge-
nehmigung einer Behörde verweigert worden ist.
Das hessische Recht geht in dieser letzten Hinsicht
über den Grundsatz der übrigen St. Gesetze, daß
eine Urkunde, in welcher eine Genehmigung vor-
behalten ist, erst mit deren Erteilung stempel-
pflichtig wird, hinaus.
##5. Landesrecht: elheiten.
) Steuerpflichtige Urkunden.
Die stempelpflichtigen Urkunden und die Steuer-
sätze sind meist in besonderen Tarifen,
in einzelnen Staaten in den Gesetzen selbst ent-
halten. Es herrscht eine außerordentliche Bunt-
scheckigkeit. Eine vergleichende Zusammenstellung
bei Weinbach im Finanz Arch 31, 113 ff.
b) Befreiungen von Stempelsteuern.
Persönliche Befreiung genießen der Reichs-
fiskus, der jeweilige Landesfiskus, der Landesfürst,
Kirchen, Religionsgesellschaften, Armen-, Kranken-
anstalten usw., vielfach auch Wohnungsbaugesell-
schaften. Bei Verträgen zwischen befreiten und
nichtbefreiten Personen ist die Hälfte der Abgabe
erforderlich. Sachlich befreit sind nach den
meisten Gesetzen Urkunden bei einem Wert bis
150 Mk. Doch bestehen viele Ausnahmen, so in
Preußen für Miet= und Pachtverträge; in Ham-
burg beginnt die Steuerpflicht bei einem Wert
über 300 Mk.; in Oldenburg sind Vollmachten
auch bei einem Wert unter 150 Mk. steuer-
pflichtig.
c) Mehrere Urkunden über ein
Geschäft, mehrere Geschäfte in
einer Urkunde.
Werden über denselben Gegenstand meh-
rere Urkunden gleichen Inhalts
ausgefertigt, so ist nur eine mit dem vollen
Stempel zu versehen; für die übrigen Urkunden
erfordern die meisten Gesetze einen Duplikat-
stempel von 3 bezw. 1.50 Mk. Hamburg, Gotha
und Oldenburg erheben keinen Duplikatstempel.
In Sachsen und Sachsen-Altenburg sind Duplikate