Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Stempelsteuer 
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von Privaturkunden befreit. Enthält eine Urkunde 
mehrere Rechtsgeschäfte, so ist nach allgemein 
geltendem Stempelrechtsgrundsatz die Urkunde 
mit der Summe der für jedes Geschäft erforder- 
lichen Stempelbeträge zu belegen. 
d) Stempelschuldner sind bei öffent- 
lichen Urkunden die Veranlasser, bei einseitigen 
privaten Urkunden die Aussteller, bei Verträ- 
gen alle Teilnehmer. Mehrere Schuldner haf- 
ten solidarisch. Für die Entrichtung der Steuer 
haften die mit juristischer Persönlichkeit ausge- 
statteten Gesellschaften hinsichtlich des Stempels, 
der zu den von ihren Vorständen oder Geschäfts- 
führern errichteten Urkunden erforderlich ist. Des- 
gleichen haften Beamte und Notare, wenn sie 
vor Stempelentrichtung die von ihnen aufge- 
nommenen Urkunden aushändigen oder Ausfer- 
tigungen oder Abschriften erteilen. 
)Versteuerungsfrist. 
Die Frist, innerhalb welcher der Stempel 
entrichtet werden muß, ist in den einzelnen Staa- 
ten verschieden bemessen; sie beträgt meist 2 Wo- 
chen nach Urkundenausstellung, in Bremen 1 
Woche, in Mecklenburg--Schwerin 4 Wochen. Für 
einzelne Urkunden z. B. letztwillige Verfügungen 
bestehen besondere Fristen. 
f) Die regelmäßige Stempelstrafe be- 
trägt: das Vierfache des hinterzogenen Stempels 
in Preußen, Braunschweig, Schaumburg-Lippe, 
Hessen, Lübeck, Elsaß-Lothringen, in allen diesen 
Gesetzen mindestens 3 Mk., in Elsaß mindestens 
10 Mk.; das Dreifache in Mecklenburg-Schwerin, 
das Fünffache in Oldenburg, mindestens 3 Mk.; 
das Vier= bis Zehnfache in Sachsen und Sachsen- 
Altenburg; das Zehnfache in Anhalt, Hamburg 
und Bremen. Außerdem bestehen beim Fehlen 
der Hinterziehungsabsicht Ordnungsstrafen in 
Sachsen, Sachsen-Altenburg, Bremen bis 150 Mk., 
in Hessen bis 200 Mk., in Preußen, Braunschweig, 
Schaumburg-Lippe, Anhalt, Hamburg, Olden- 
burg bis 300 Mk.; in Elsaß-Lothringen 1—20 Mk. 
8g) Verjährung III. 
Zu unterscheiden ist zwischen Verjährung der 
Nachforderung, Verjährung der Strafverfolgung 
und Verjährung der Strafvollstreckung. Die Ver- 
jährungsfristen betragen z. B.: Nachforderung: 
Preußen 10 und 5 Jahre, Sachsen 5 Jahre, Alten- 
burg 3 Jahre, Braunschweig 4 Jahre, Anhalt 10 
Jahre, Hamburg, Gotha 5 Jahre, Elsaß-Lothrin- 
gen 2 und 5 Jahre — Strafverfolgung: 5 Jahre 
in Preußen, Braunschweig, Hamburg; 3 Jahre: 
Hessen, Sachsen, Sachsen-Altenburg, Mecklenburg, 
Oldenburg, Anhalt; 2 Jahre: Elsaß — Straf- 
vollstreckung: 5 Jahre in Preußen, Braunschweig, 
Anhalt, Hamburg; 3 Jahre in Mecklenburg; 
2 Jahre u. a. Hessen, Sachsen, Sachsen-Altenburg. 
b) Beschwerde, Rechtsweg. 
Das Beschwerdeverfahren ist kom- 
pliziert. Es ist zu unterscheiden zwischen einfacher 
Beschwerde und Rechtsbeschwerde; daneben be- 
steht in den meisten Staaten der ordentliche 
Rechtsweg II/I1, so in Preußen (Frist 6 Mo- 
nate), Altenburg (2 Monate), Braunschweig (6 
Monate), ebenso Gotha, Schaumburg-Lippe, 
Hamburg, Anhalt, Lübeck, Bremen und Olden- 
burg; in Bremen beträgt die Frist 4, in Olden- 
burg 6 Wochen, in Anhalt 1 Jahr. Nicht der 
Rechtsweg, sondern die Rechtsbeschwerde im Verw- 
Streitverfahren besteht in Sachsen und Hessen. 
  
i) Erstattung. 
Die Voraussetzungen, unter denen die Er- 
stattung eines Stempels stattfin- 
det, sind in den einzelnen Staaten verschieden. 
Aus Rechtsgründen wird erstattet, d. h. 
ein Anspruch auf Erstattung ist gegeben, wenn 
ein gesetzlich nicht erforderlicher Stempel ver- 
wendet worden, oder das beurkundete Geschäft 
nichtig ist. Die Fristen für die Geltendmachung 
des Anspruches sind verschieden: Oldenburg 
2 Monate; Hessen, Sachsen und Sachsen-Altenburg 
1 Jahr;: Preußen, Anhalt, Braunschweig, Schaum- 
burg-Lippe, Mecklenburg 2 Jahre usw. Für 
Hamburg gilt das Besondere, daß ein Anspruch 
auf Erstattung nur besteht, wenn die Zahlung 
unter Vorbehalt erfolgt (wie beim Rechtsweg in 
Reichsstempelsachen). Erstattung aus Billig- 
keitsgründen kann erfolgen, wenn die 
Ausführung eines Geschäftes unterblieben, oder 
ein Geschäft auf Grund einer Wandlung rück- 
gängig gemacht ist; so Preußen, Schaumburg- 
Lippe, Braunschweig, Hamburg, Hessen. Die Be- 
fugnis, einen Stempel allgemein zu erlassen, be- 
steht in Anhalt, Bremen, Lübeck, Oldenburg. 
Gnadenweiser Erlaß durch die Krone ist in allen 
Staaten zulässig. 
  
Erträge der Stempelsteuer 
(zum Vergleiche) 
Preußen: 1902: 38 421,5 1907: 4 482.1 
1003: 44 011,4 1908: 45 785,5 
lin 1904: 46 504.1 19009: 60 978,4 
1000 Mk.] 1905: 52 820,8 1910: 70 365,1 
l9os: 63 238,6 1011: e9 908,7 
1904: 2 077 847 
1905: 2247 281 
1906: 2 111 785 
1907: 1 991 900 
1908: 1 920 839 
1909; 3 233 707 
1910: 5 170 446 
1911: 5 301 206 
Sachsen: 
Literatur: Friedberg, Zur Theorie der St., 
Jahrb. für Nat. und Stat. 1878 (Bd. II); v. Heckel, 
Lehrbuch der Finanzwissenschaft, Bd. I, 1907, 448 f; Art. 
Stempel und Stempelabgaben im HW Staats W’, 6, S 1082 
bis 1090, und im Wörterb. d. Volksw.,, 2, S996—1001; 
v. Koczynski, Ueber den Ursprung der Stempel- 
papierabgabe, FinanzArch 22, 441; Meyer, Wesen des 
Urkundenstempels, FinanzArch 25, 1f; Schall, Ver- 
kehrssteuern, in Schönbergs HB der Pol. Oek. Bd. 3; 
Schäffle, Steuerpolitik, Gebühren und Stempelwesen, 
der Steuern bes. Teil; v. Stein, Lehrbuch der Finanz G. 
T. II Abt. 11 Bocke, Geschichte der Steuern des briti- 
schen Reiches, 1866; Die Ivee der Steuer in der Geschichte, 
Finanz Arch 7, 11 Wagner, Finanzwiss. 2, 3 und Erg.= 
Heft; Weinbach, Die St. der deutschen Bundes- 
staaten, FinanzArch 31, 82; Gebauer, Lehrbuch des 
preuß. Stempelrechts, 1912. 
Say, Dloctionnalre des finances, Bd. 2 Art. timdre; Say 
et Chailley, Dictionnaire d’économie polltique, Bd. 2 
Art. timbre; Block- Maguero, Dictionnatre de FAd- 
ministration françalse; Mischler und Ulbrich, 
Oesterreichisches Staatswörterbuch, Bd. 1 Art. Gebühren. 
Kommentare: Zum Reichsstempelgesetz: Greiff, 1912 
(Bahlen); Hoffmann im Kommentar zu den Zoll= und 
Steuergesetzen des Deutschen Reiches S 608 ff, 1912 (Lieb- 
mann); Lösch, 1913 (Guttentag); Weinbach, 1914 (Hey- 
mann). Zum preußischen Stempelsteuergesetze: Hummel- 
Specht, 1906 (Guttentag); Heinitz, 1909 (Liebmann); 
v. Stengel- Fleischmann, Wörterbuch. 2. Aufl. III. 34
	        
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