Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Steuerverwaltung (direkte Steuern) 
  
Mark, Bayern von über 2000 Mk. an, in Hessen 
von 2600 Mk. an, Sachsen von 1600 Mk. an usw.), 
muß natürlich schon die unrichtige Deklaration 
mit den obigen Strafen bedroht werden, wenn 
die Unrichtigkeit wissentlich stattgefunden hat. 
Die Strafe beträgt in Bayern das 5—10fache, in 
Preußen und Sachsen das 4—10fache, in Hessen 
das 4—20fache, in Württemberg (a 70 Eink t G) 
das 7—10fache der „gefährdeten Abgabe“, in 
Baden das 10fache der hinterzogenen Steuer, 
(EinkSt G a 23, Verm StG ##64). In Elsaß-Loth- 
ringen (Lohn= und Besold St G v. 13.7.01/24. 7.,07, 
# 22, 23) ist die Strafe das 2—4, eventuell 
bOfache der hinterzogenen Steuer. 
Bei den besonderen Kapitalrenten- 
steuern sind die Hinterziehungs= und Ord- 
nungsstrafen da, wo allgemeine Einkommensteuern 
bestehen, in der Hauptsache in derselben Weise 
geregelt wie bei der Einkommenbesteuerung. 
Wo solche nicht vorliegen, wie in Elsaß-Lothringen, 
s. Kap St G v. 13. 7. 01 5s. 27, 28 (2—6fache). 
# 11. Strafversahren. Das Strafverfahren 
zerfällt im allgemeinen in das sog. Strafbe- 
scheids-- oder Mandatsverfahren auf dem 
VerwWege (St PO §#§ 459—63) in sinngemäßer 
Anwendung der Vorschriften über die Zuwider- 
handlungen gegen die Zollgesetze, und in das Straf- 
verfahren vor den Gerichten, wenn diese von den 
Beteiligten gegen die Strafbescheide der Steuer- 
behörden binnen einer Woche angerufen werden. 
Preußen und einige andere Staaten (Elsaß- 
Lothringen) haben noch das sog. Submis- 
sionsverfahren. Die Regierung setzt, 
sofern der Beschuldigte in Preußen einen 
Wohnsitz hat, die Steuer fest, wobei sie eine 
mildere als die gesetzlich angedrohte Strafe zur 
Anwendung bringen kann. Zahlt der Beschuldigte 
diese Strafe freiwillig, so ist die Sache erledigt. 
Weigert er sich, so wird die Angelegenheit dem 
Gericht übergeben, das nur innerhalb des Rah- 
mens der gesetzlichen Strafbeträge erkennen kann. 
Für Hessen s. auch das G v. 20. 9. 90 und V v. 
25. 7. 91, Bayern Eink t G a 81, Kapitalrenten- 
StGund GewötG a 28, Elsaß-Lothringen 
GewStG gg 32ff, AusfBest 88 38 ff. Aehn- 
lich Kapital= und Besoldungs StG- von 1901 
88 30 bezw. 25. 
Das Strafverfahren ruht überall in den Hän- 
den der beruflichen staatlichen Steuer- 
behörden. Laienkommissionen haben kein Mit- 
wirkungsrecht, ebensowenig die Gemeindebehör- 
den. Auch nicht die Vorsitzenden der Verwaltungs- 
und Berufungskommissionen sind zuständig, son- 
dern nur die Regierungen, Rentämter usw. 
Für die Rechtshilfe zwischen den einzel- 
nen deutschen Staaten gilt das R v. 9. 6. 95 
(vgl. oben § 7). 
VI. Nachbesteuerung (5 12) 
Die Nachbesteuerung im technischen Sinne 
ist nicht zu verwechseln mit der sog. Zugangsbe- 
steuerung (oben § 4), die im Laufe des Steuer- 
jahres erfolgt, weil ein neues Steuersubjekt oder 
objekt in den Kreis der Besteuerung eintritt oder 
weil wegen erheblich veränderter Verhältnisse 
eine Steueränderung erfolgen muß. Nachbe- 
steuerung im technischen Sinne ist vielmehr die- 
jenige nachträgliche Besteuerung, die zu erfolgen 
  
hat, weil die Steuerpflicht überhaupt nicht oder 
nicht in dem ganzen Umfange, wie sie zur Zeit der 
ordentlichen Veranlagung bestand, den Veranlag- 
ungsbehörden bekannt war. Die Gerechtigkeit 
gegenüber den anderen Steuerpflichtigen wie auch 
das fiskalische Interesse fordern, daß, wenn nach- 
träglich jener Irrtum der Veranlagungsbehörde be- 
kannt mrd, eine entsprechende nachträgliche Be- 
steuerung erfolge. Sie hat im Gegensatze zu der 
anderweiten Veranlagung im Steuerjahre zur 
Folge, daß sie auf Grund der Merkmale, wie sie 
zum Zeitpunkte der unterlassenen Veranlagung 
vorhanden waren, stattfindet, ohne Rücksicht auf 
etwa später eingetretene Veränderungen. 
Bei der Beyandlung der Nachbesteuerung durch 
die Steuerbehörden hat man — wenigstens in 
Preußen, Bayern, nicht z. B. in Sachsen — zu 
unterscheiden, ob die Uebergehung sowie die 
steuerfreie oder zu niedrige Veranlagung durch 
eine strafbare Steuerhinterziehung des Steuer- 
pflichtigen oder aus anderen Gründen, z. B. Jrr- 
tum und Unkenntnis der Steuerbehörde verursacht 
ist. Im ersteren Falle wird die Nachsteuer, die 
immer noch neben der Geldstrafe entrichtet wer- 
den muß, stets durch die staatliche Steuerbehörde 
ohne Zuziehung der Veranlagungskommission 
festgestellt, weil die Feststellung der hinterzogenen 
Steuer als eine unmittelbare Folge der Straf- 
festsetzung angesehen wird. Andernfalls erfolgt 
dagegen die Nachbesteuerung durch die ordentliche 
Veranlagungsbehörde (in Bayern durch das Rent- 
amt) und in diesem Falle hat der Veranlagte 
auch die ordentlichen Rechtsmittel, während er im 
ersteren Fall sich nur bei den vorgesetzten Behör- 
den (Regierung, Minister) beschweren kann. 
Im einzelnen sind die Nachbesteuerungsgrund- 
sätze mannigfaltig geregelt. In Preußen er- 
folgt die Nachbesteuerung bei Hinterziehungen 
auf 10, sonst nur auf 3 Jahre zurück. Bei der 
Gewerbesteuer erfolgt eine Nachveranlagung nur 
bei gänzlicher Nichtveranlagung, nicht bei nur zu 
niedriger Veranlagung. Eine Hausiernachsteuer 
lein nur bei Hinterziehung von Steuern in 
rage. 
In Bayern (a 72 EinkSt G) wird der An- 
spruch bis auf 20 Jahre und wenn Absichtlichkeit 
der Hinterziehung fehlt, bis auf 10 Jahre zurück 
verfolgt. 
In Sachsen tritt bei Uebergehung oder 
zu niedriger Veranlagung die Verpflichtung zur 
Nachzahlung auf Grund nachträglicher Einschätzung 
ein (§ 77), wogegen stets die ordentlichen Rechts- 
mittel zulässig sind. Aehnlich Erg StG # 47. 
In Württemberg nennt man die 
Nachbesteuerung (a 72, 80, 81) „Nachforderung“ 
oder „Nachschätzung“. Bei Uebergehung ohne 
Hinterziehung erfolgt eine vorläufige Nachveran- 
lagung durch das Bezirkssteueramt, eine endgültige 
erst bei der nächstjährigen Veranlagung. Vgl. auch 
à 25, 29 der Kapitalsteuer v. 8. 8. 03 a 12 des G 
wegen Grund-, Gebäude= und Gewerbesteuer vom 
gleichen Tage. w. 
In Baden s. a23 EinkStG v. 9. 8. 00/28. 9. 
06, wo die Nachbesteuerung bei Hinterziehungen 
„Steuernachtrag" genannt wird und die Fest- 
setzung durch die Bezirkssteuerstelle, nicht durch den 
Schätzungsrat erfolgt. Sonstige Nachbesteuerung 
ist im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen (s. aber 
Ziff. III zu & 17 der Vollzugs V v. 6. 2. 01).
	        
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