Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Stiftungen (Verwaltung) 
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Anstalt hervorgegangen ist (Reich, Staat, Ge- 
meinde), sei es daß dessen Vertreter die Organe 
zu ernennen, sei es daß sie selbst in Erfüllung ihrer 
Dienstpflicht die öffentliche Anstalt zu verwalten 
haben (O. Mayer 1, 408 ffg). 
III. Ass Destinatäre der St. werden die- 
jenigen Personen bezeichnet, denen die St. zu- 
gute kommen soll. Für ihr rechtliches Verhältnis 
zur St. ist vor allem der größere oder geringere 
Grad der Bestimmtheit maßgebend, mit der ihr 
Kreis in der Satzung abgegrenzt ist. Ein Recht 
auf den Genuß besteht dann, wenn die Satzung 
die Teilnahme daran unmittelbar an das Vorhan- 
densein bestimmter Tatbestandsmerkmale (z. B. 
persönliche Eigenschaften) knüpft. Unerheblich ist 
es dabei, ob diese Tatbestandsmerkmale ohne 
weiteres sicher erkennbar (z. B. Alter, Familien- 
angehörigkeit) sind, oder aber wie z. B. das Er- 
fordernis der Würdigkeit, Dürftigkeit dem Er- 
messen einen gewissen Spielraum lassen. Ein 
rechtlicher Anspruch besteht dagegen unmittelbar 
nicht, sondern wird erst durch die Verfügung des 
zuständigen St. Organs begründet, wenn ihm 
innerhalb des wenn auch fest begrenzten Kreises 
von Personen die Auswahl überlassen ist. 
Ein Anteil an der Vertretung der St. steht 
den Destinatären an und für sich nicht zu, da sie nicht 
Mitglieder im eigentlichen Sinne sind. Jedoch 
kann ihnen durch die Satzung ein solches Recht 
eingeräumt werden und vereinzelt sind sie auch 
durch Gesetz berufen. So nach preußischem Recht 
bei Familien St. die Familienglieder (AG #z. 
BeBa2), nach badischem Recht bei konfessionell 
beschränkten St. die Genußberechtigten (R# # 23). 
Insbesondere aber finden sich vielfach bei St. des 
öffentlichen Rechts Uebergänge zur Körperschafts- 
verfassung insofern, als nicht nur der Kreis der 
Destinatäre fest begrenzt, sondern auch an die 
Tatsache der Beteiligung Rechte und Pflichten 
eknüpft sind, die denen aus der Vereinsmitglied- 
chaft entsprechen (z. B. RVO Fs 1329 ffj; vgl. 
Gierke, D. Privatrecht 1, 641). N Oeffentliche 
Anstalten. 
Rechte auf Anteil an den Nutzungen oder der 
Verwaltung, die gegenüber St. des bürgerlichen 
Rechts bestehen, sind privatrechtlicher Natur und 
daher an sich auf dem ordentlichen Rechtsweg IANI 
klagbar (Oppenhoff, Gesetze über die Ressortver- 
hältnisse in Preußens, 36 ff). Die neuere Gesetz- 
gebung hat sie aber vielfach auf den Verwechts- 
weg verwiesen (vgl. Sartorius, Staatl. Verw- 
Gerichtsbarkeit auf dem Gebiet des Kirchenrechts, 
1892, 74 ff; Sarwey, Das öffentl. Recht und die 
Verwechtspflege, 1880, 533 ff). Im weitesten 
Umfang das bad. St. G F§ 11, nach dem nur Strei- 
tigkeiten über das private St. Geschäft vor die 
ordentlichen, alle Ansprüche aber auf Genuß oder 
die Verwaltung auch der Familien St. vor die 
Verw Gerichte gehören. In Württemberg sind 
für Streitigkeiten über Genuß und Verwaltung 
von Familien St. die ordentlichen Gerichte, über 
Ansprüche auf Genuß von öffentlichen St. die 
Verw erichte zuständig (G v. 16. 12. 75 a 2, 10, 
dazu Goez, Die VerwRechtspflege in Württem- 
berg, S 60, 315). Auch in Bayern ist nach herr- 
schender Praxis der Charakter der Privat= oder 
öffentlichen St. für die Zuständigkeit der Gerichte 
oder Verw Behörden und -Gerichte maßgebend 
(Kahr, Bayer. Gem O 1, 688 ff). 
  
IV. Der Zweck der St. ist durch den Willen des 
Stifters ein für allemal gesetzt. Daß die Organe 
der St. sie gemäß dieser ihrer Bestimmung ver- 
walten, ist nicht nur eine Forderung des Rechts, 
die der Geltendmachung der Beteiligten überlassen 
werden könnte, sondern ein öffentliches Interesse, 
dessen Vertretung Aufgabe der Verwaltung ist. 
Die St. stehen daher unter staatlicher Aufsicht. 
Sie ist verschieden ausgestattet nach dem Maße 
in dem das öffentliche Interesse an der Zweck- 
bestimmung der St. beteiligt ist. Gegenstand 
einer ständigen Aufsicht sind in der Regel nur die 
öffentlichen, nicht auch die Familien St. Und 
im besonderen Umfang ist sie der Natur der Sache 
nach gegenüber den St. des öffentlichen Rechts 
ausgebildet, die als solche nach Maßgabe ihrer 
verfassungsmäßigen Bestimmung zur Verwirk- 
lichung von Aufgaben der öffentlichen Verwal- 
tungsselbst berufen sind. Die rechtlichen Grund- 
lagen sind teils durch die Gesetzgebung, teils durch 
die Satzung gegeben. Ausschließlich dem öffent- 
lichen Recht angehörig, sind die landesrechtlichen 
Bestimmungen über die Stiftungsaufsicht durch 
Bun überhaupt nicht berührt worden. 
V. Die St. sind als rechtsfähige Vermögensträger 
nach den für juristische Personen geltenden Nor- 
men steuerpflichtig (vgl. E. Mayer in der 
1. Aufl. des WB Verw Art. Juristische Personen 
1, 696 f). Soweit indessen die Steuergesetze über- 
haupt eine Steuerpflicht der juristischen Personen 
festsetzen, haben sie doch vielfach für die milden oder 
überhaupt gemeinnützigen St. sowie für die St. 
des öffentlichen Rechts Privilegien gewährt. Vgl. 
Reichserbschaftssteuer G in der Fassung v. 3. 6. 06 
5* 12 (Rcnl 1906, 654), preuß. Komm bg G v. 
14. 7. 93 5 24 h (GE 152), bayer. Einkommen- 
steuerG v. 14. 8. 10 a 8 Nr. 11 (GBBl 493), 
Gemeindeumlagen G v. 14. 8. 10 a 4 Nr. 6 (GVBl 
581), sächs. Einkommensteuer G v. 24. 7. 00 8 6 
Nr. 10 (GVl 562), württ. Einkommensteuer Gv. 
8. 8. 03 à 8 Nr. 9—15 (Reg Bl 261), Kapital- 
steuer G v. 8. 8. 03 a 6 Nr. 8—12 (Reg l 313), 
G betr. die Grund-, Gebäude-, Gewerbesteuer in 
der Fassung v. 8. 8. 03 a 2 Nr. 5 (Reg Bl 344), 
— — v. S. 8. 03 a 19, 24 (Reg Bl 
#s 6. Verwaltung. Geschichtliche Nebersicht. 
Die Auffassung der christlichen Kirche, welche die 
Wohltätigkeit als eine vorzügliche Aufgabe des 
religiösen Gemeinschaftslebens betrachtete, wurde 
im römischen Recht rezipiert und wirkte auf die 
Ordnung des VerwRechts bestimmend ein. Die 
Verwaltung aller St. und Wohltätigkeitsanstalten 
stand mit rechtlich anerkannter Notwendigkeit un- 
ter dem beherrschenden Einfluß der kirchlichen 
Organe. Diese Verbindung der St. Verwaltung 
mit dem kirchlichen Versf Organismus erhielt sich, 
durch kanonische Rechtsvorschriften bestätigt, das. 
ganze Mittelalter hindurch (vgl. Roth, Jahrb. f. 
Dogmatik usw., 1, 189 ff; Meurer, Begriff und 
Eigentümer des Kirchenvermögens, 2, 250 ff; 
auch E. Löning, Geschichte des deutschen Kirchen- 
rechts, 1878, 2, 648 ff). 
Schon am Ausgang des Mittelalters zeigen sich 
jedoch zahlreiche Spuren einer bürgerlichen Ar- 
menpflege (l. Der entscheidende Umschwung setzt 
mit der Reformation ein. Den äußeren Anlas 
des staatlichen Eingreifens bot der seit dem 15. 
Jahrhundert immer deutlicher wahrnehmbare Ver-
	        
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