Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
  
44 Patentwesen 
allgemeinen ein solches, bei dem der Schutz für eine Anmeldestelle für Gebrauchsmuster und 3 
die Verbindung verschiedener Teile nachgesucht 
wird, und entweder ein neues Ergebnis oder ein 
neuer Weg zu einem bekannten Ergebnis die 
PFähigkeit der Erfindung begründen soll. 
Eine Zwangslizenz, d. h. die Erlaubnis 
zur Benützung einer Erfindung kann (vom PA) 
erteilt werden, wenn der PIInhaber diese Erlaubnis 
trotz Angebots einer angemessenen Vergütung 
und Sicherheitsleistung verweigert und ihre Ertei- 
lung im öffentlichen Interesse geboten ist. 
Sog. Ein führungspatente für Er- 
findungen, die schon im Auslande patentiert 
waren, kennt das deutsche Recht nicht. 
Die Dauer eines D. R.PPbeträgt 15 Jahre, 
gerechnet von dem auf die Anmeldung folgenden 
Tage (5 7 PG); fnach dem Entwurf: von der 
Veröffentlichung der Anmeldung ans. Diese 
Höchstdauer wird nur in den seltensten Fällen er- 
reicht; im Durchschnitt der letzten 20 Jahre gilt 
dies nur für 3,500 aller erteilten P; 6700 erlö- 
schen bereits nach Ablauf des vierten Jahres! 
Eine Erschwerung für die Aufrechterhaltung 
des P während der gesetzlichen Dauer bedeuten 
die hohen Gebühren: außer der Anmelde- 
gebühr (5§ 20 Abs 3 PG) von 20 Mk. sind die Er- 
teilungsgebühr, die gleichzeitig die erste Jahres- 
gebühr ist, in Höhe von 30 Mk., sowie die Jahres- 
gebühren, mit Beginn des zweiten Jahres von 
50 Mk., und dann jedes Jahr steigend um 50 Mk., 
also im letzten Jahr 700 Mk., zusammen 5300 Mk. 
zu entrichten. [Der Entwurf sieht eine Neurege- 
lung des gesamten Gebührenwesens und besonders 
eine Herabsetzung der Jahresgebühren vor.] Nicht 
rechtzeitige Zahlung der Gebühren (gleichgestellt 
sind die modernen Zahlungsmittel) oder Einzah- 
lung zur Ueberweisung an die Kasse des P# bei 
einer Postanstalt im Gebiete des Deutschen Reiches 
hat das Erlöschen des P zur Folge (§ 9 PG). 
— Das geltende Recht kennt ein beschränktes 
Armenrecht (Stundung der ersten bis dritten 
Jahresgebühr nach § 8 Abs 4 P(G); „durch Be- 
schluß des Bundesrats kann eine Herab- 
setzung der Gebühren t(allgemein, nicht 
für den Einzelfall) angeordnet werden“ (§ 8 Abs 5 
PG), was bisher nicht geschehen ist. — Die 
Rechtsnatur der verschiedenen Gebühren ist 
streitig; jedenfalls wirken sie auch als Ertrags- 
steuern (nach dem Entwurf nicht mehr streitigl. 
Sie beliefen sich 1877/78 auf 278 650 Mk., 1891 auf 
2 025 770 Mk., 1900 auf 3 819 745 Mk., 1910 auf 7 323 026 
Mk., 1912 auf 8205 579 Mk. 
5s 6. Die Organisation des Patentamts. Das 
Kaiserliche PüA (nicht „Reichspatentamt“) hat 
seinen Sitz in Berlin und ist eine dem R’(Reichs- 
amt des Innern) unterstehende Behörde; es 
führt als Siegel den Reichsadler mit der Um- 
schrift „Kaiserliches Patentamt“. — Es vereinigt 
in sich verschiedene Behörden, entsprechend den 
verschiedenen Tätigkeiten, die ihm obliegen: es ist 
zuständig für die Erteilung, Erklärung der Nichtig- 
keit und Zurücknahme von P (F 13 Abf 1), seit 
dem G v. 6. 6. 11 auch für die Erteilung der 
Zwangslizenz (§F11 Abs 1); es ist ferner Eintra- 
gungsbehörde für die (auf Schutzfähigkeit nicht 
zu prüfenden) Gebrauchsmuster (G. v. 1. 6. 91) 
und endlich ist ihm die Prüfung und Eintragung 
von Warenzeichen (G v. 12. 5. 94) übertragen; 
für die beiden letztgenannten Arbeitszweige sind 
  
  
  
Abteilungen für Warenzeichen gebildet. — Für 
das PWesen bestehen (z. Zt. 12) Anmeldeabtei- 
lungen, (2) Beschwerdeabteilungen und eine 
Nichtigkeitsabteilung. 
An der Spitze des Amts steht ein auf Vorschlag 
des BR vom Kaiser ernannter Präsident. Die 
ständigen Mitglieder, die ebenfalls vom Kaiser 
ernannt werden, sind teils rechtskundige, die die 
Befähigung zum Richteramt oder höheren Verw- 
Dienst besitzen, teils technische, die in einem 
Zweige der Technik sachverständig sind (§ 13 
Abs 2 PG#); ihre Berufung erfolgt auf Lebens- 
zeit; daneben sind auch nichtständige technische 
Mitglieder tätig, deren Berufung auf 5 Jahre 
erfolgt; Wiederberufung ist zulässig. Die wach- 
sende Geschäftslast des PA hat zur Zulassung von 
juristischen und technischen Hilfsmitgliedern bis 
zur Reform des PG geführt; das G v. 18. 5. 08 
(Röal 211) nahm als Zeitpunkt hierfür den 
31. 3. 11 in Aussicht; die Frist ist jedoch durch 
G v. 10. 3. 11 bis 31. 3. 14 verlängert worden. 
Schließlich werden noch zur Unterstützung der 
Mitglieder juristische und technische Hilfsarbeiter 
beschäftigt, die teils etatsmäßig angestellt, teils 
diätarisch beschäftigt sind. Einschließlich der Bu- 
reau= und Kanzleibeamten stellte sich der gesamte 
Beamtenkörper am 1. 5. 13 auf 334 höhere, 
515 mittlere und 109 Unterbeamte. Sämtliche 
Beamte des Pf#sind Reichsbeamte. — Der RK 
bestimmt, für welche Gebiete der Technik eine 
jede der Abteilungen zuständig ist (Ausf. B v. 
11. 6. 91 § 1) und weist die Mitglieder den einzel- 
nen Abteilungen zu (das. § 5). 
Dem Pröäsidenten liegt die Leitung und Beauf- 
sichtigung des gesamten Geschäftsbetriebes ob; 
er verfügt in allen Verwngelegenheiten (§ 26 
Kais. V), und hat auf eine gleichmäßige Behand- 
lung der Geschäfte und auf die Beobachtung 
gleicher Grundsätze hinzuwirken (das. § 9). Er ist 
der Vorsitzende der Beschwerdeabteilungen und 
der Nichtigkeitsabteilung (§ 4 Kais. V); über 
seine Vertretung im Vorsitz trifft der RK Bestim- 
mung (das.); er wird im Vorsitz der Beschwerde- 
abteilungen und in Verw#Geschäften von 4 rechts- 
kundigen und 2 technischen (Kais. V v. 29. 4. 0t) 
Direktoren, im Vorsitz der Nichtigkeitsabteilung 
nur von den rechtskundigen Direktoren vertreten. 
— In den Anmeldeabteilungen führt ein rechts- 
kundiges oder (Kais. V v. 25. 10. 99) ein techni- 
sches Mitglied den Vorsitz; die mitwirkenden tech- 
nischen Mitglieder müssen auf Lebenszeit berufen 
sein (§14 Abs 2). Die Beschlußfähigkeit der An- 
meldcabteilungen ist durch die Anwesenheit von 
mindestens 3, darunter 2 technischen Mitgliedern 
bedingt (F 14 Abs 3). Die Nichtigkeits= und Be- 
schwerdeabteilungen entscheiden in der Besetzung 
von 2 rechtskundigen und 3 technischen Mitgliedern 
(5§ 14 Abs. 4); zu Beschlußfassungen genügt die 
Anwesenheit von 3 Mitgliedern. Zu allen Be- 
ratungen können Sachverständige, die nicht Mit- 
glieder sind, ohne Stimmrecht zugezogen werden 
(F14 Abs 6). Die Vorschriften der 3P (§# 41 ff 
über Ausschließung und Ablehnung der Gerichts- 
personen finden entsprechende Anwendung. 
[Diese Organisation soll nach dem Entwurf 
wesentlich geändert werden.] 
Obergutachten, die nur auf Ersuchen 
der Gerichte (und Staatsanwaltschaften: Erl v.
	        
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