Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Strafregister 
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heit gemäß beantworten, vgl. VE z. einem 
RStGB gs 1, 8F7—89; GE s 81, 95—98. Die 
Strafrechtspflege braucht daher zuverlässigere Er- 
forschungsmittel. Ein solches sind die St., entweder 
zentralisiert für ein ganzes Land oder dezentrali- 
siert für die einzelnen Amtsbezirke. Die Zentrali- 
sierung ist nur für kleine Länder durchführbar. 
Nach der Art der Registrierung unterscheidet 
man: das Protokollierungsverfah- 
ren und die Schachtel- oder Karten- 
ordnung. Bei dem nur vereinzelt üblichen 
Protokollierungsverfahren (Dänemark, Luxem- 
burg, Teile der Schweiz) werden die Strafnach- 
richten in die das St. bildenden Protokolle (Bücher, 
Repertorien) eingeschrieben, zu deren leichteren 
Benutzung alphabetische Register dienen. Ein- 
facher und handlicher ist das Kartensystem, casiers 
judiciaires, formularmäßige und durch alphabe= 
tische Aufbewahrung leicht zu ermittelnde Nach- 
richten über Bestrafungen der zu einem Amts- 
bezirke in gewissen Beziehungen stehenden Per- 
sonen. Frankreich hat diese Einrichtung auf Vor- 
schlag des Pariser Appellationsgerichtsrates Bon- 
neville de Marsangy (de la localisation au greffe 
de TParrondissement natal des renseignements 
judiciaires Cconcernant chaque condamné) 1850 
zuerst eingeführt 1). Italien und Portugal über- 
nahmen die Einrichtung. Für Deutschland wurde 
sie durch Hamm (Die Einführung einheitlicher 
St., 1876) empfohlen und durch Verordnung des 
BR (S BRV) v. 16. 6. 82 (RBBl 309 ff) am 
1. 10. 82 eingeführt; Novellen v. 9. 7. 96 (RBBl 
426)0 und v. 17. 4. 13 (RZ3Bl 495). Der inter- 
nationale statistische Kongreß in Budapest (1876) 
hat „den casier als Grundlage der Rückfalls= wie 
der internationalen Kriminalstatistik überhaupt 
empfohlen“. 
Die zu Anfang aufgeworfene Frage der Rechts- 
verbindlichkeit der BR (Gamm 8:zur Einführung 
der St. bedürfe es eines Gesetzes) kann heute auf 
sich beruhen. Die BRV enthält keine neuen 
Rechtssätze, sondern Verw Vorschriften zur Aus- 
führung der Straf= und der Strafprozeßgesetze 
für den Dienst von Behörden, ohne irgend in die 
Rechte der Personen einzugreifen, gründet sich 
also auf a 7: RV. Die BR V bedurfte zwar hin- 
sichtlich der Einsetzung der Registerbehörden einer 
vermittelnden Tätigkeit der Landesregierungen, 
wendet sich aber als verpflichtendes Reichsrecht 
direkt an die von den Landesregierungen einge- 
setzten Behörden. Diese haben weitere BR 
über das Registerwesen unmittelbar zu befolgen. 
Daneben bleibt es den Landesregierungen un- 
benommen, in die von ihren Behörden zu führen- 
den St. auch andere als die von dem B#vorge- 
schriebenen Nachweisungen, die den Zwecken der 
Strafrechtspflege oder der Polizei dienen, auf- 
nehmen zu lassen (BRV F4). Den Landesregie- 
rungen blieben auch die zur Ausführung erforder- 
lichen Bestimmungen vorbehalten; vgl. preuß. 
Ausf. Vfg v. 7. 7. 13 (JWVBl 267). Der RK ist 
1) Ueber die Anfänge val. Gustav Le Poittevin, 
Du konctionnement du casier judiclaire dans les rapp #mts 
sinternationauKr, im Journal du droft Intern. privé 28 
(1901) S 709; überhaupt desselben Verfassers Traité théo- 
rique et pratique des casiers judiclaires' 1901 (mit Ma- 
terialien); serner Pierre Jouvenet, Etude sur le casier 
judlelalre (Paris 1000). D. O. 
  
  
  
ermächtigt zu den Ausführungsbestimmungen für 
das bei dem Reichsjustizamte zu führende Zentral- 
register (BRV F 19). 
Die zur Ausführung berufenen Behörden sind 
fast ausschließlich Justizbehörden. Das St. ist 
aber auch für die Polizei von Bedeutung, weil 
ähnliche Einrichtungen vielfach bei den Pol Behör- 
den bestehen; auf solche findet die BRW#keine 
Anwendung, vgl. für Preußen: v. Annstedt 
PolRecht 1905, 1, S 514. 528. 593; 2, 58 (Straf- 
listen) und die A#f v. 29. 4. 07, JIMBl 359 ff, 
betreffend die von den Beamten der Staatsan- 
waltschaft usw. zu machenden Mitteilungen. Ueber 
die bei größeren Pol Behörden bestehenden Ver- 
brecheralbums und den „Erkennungsdienst“ nach 
Bertillon des Näheren Kriminalpolizei. Bei 
einigen preuß. Justizgefängnissen sind zur Unter- 
stützung der Pol Behörden die Einrichtungen für 
die Messung von Gefangenen getroffen (Klein, 
Verwaltung und Strafvollzug in den preuß. 
Justizgefängnissen, 1910, 61). 
#2. Registerbehörden. Es handelt sich darum, 
die Zuständigkeit zur Registerführung durch eine 
einfache, sichere Tatsache zu bestimmen. Der 
Aufenthaltsort, auf den es in Preußen früher 
ankam, ist teils zu veränderlich, teils zu unsicher. 
Nur der Geburtsort bleibt unveränderlich. In 
Uebereinstimmung mit dem französischen Rechte 
schreibt #1 BRV vor, daß einer Behörde (Register- 
behörde) des Geburtsortes der verurteilten Per- 
sonen Mitteilung von den Verurteilungen zu 
machen ist und daß die Registerbehörde diese Mit- 
teilungen in alphabetischer Reihenfolge aufbe- 
wahrt (BRV F§F 7, 14). Bezüglich der im Reiche 
verurteilten Personen, deren Geburtsort außer- 
halb des Reichsgebiets belegen oder nicht zu er- 
mitteln ist, wurde das Reichsjustizamt als Register- 
behörde bestimmt. Ermittlungen bei Orts= und 
Pol Behörden, Pfarr= und Standesämtern müssen 
aber zuvor tatsächlich angestellt sein. Die Natio- 
nalität der Verurteilten ist für die Aufnahme in 
die Register und für die Bestimmung der Register- 
behörde ohne Einfluß. Bestehen Zweifel über den 
Geburtsort, so sind die Nachrichten sowohl der 
Registerbehörde des vermeintlichen Geburtsortes, 
als auch der Behörde des gewöhnlichen oder des 
letzten Aufenthaltsortes des Verurteilten zuzu- 
senden (BR# 7# 9). Andere Ortsbeziehungen, 
Heimat, Wohnsitz, Unterstützungswohnsitz usw. 
dürfen von den Landesregierungen nicht für die 
Registerführung als maßgebend aufgestellt werden. 
Die Bestimmung der Behörden, welche die Re- 
gister zu führen haben, ist den Landesregierungen 
überlassen. — Die Nachweisung im R3Bl 1882, S 
447 enthält eine Zusammenstellung dieser 
Behörden. 
Meist sind es die Staatsanwaltschaften bei den 
Landgerichten; für die Bezirke der Landge- 
richte 1, II und III in Berlin ist Registerbehörde 
die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht 1 
(preuß. Ausf. Vfg Nr. 8). Ausnahmen von dieser 
Regel: In Bayern: die Amtsanwälte; für den 
Bezirk des Amtsgerichts München I die PolDirek- 
tion. In Sachsen: die Amtsrichter, in Würt- 
temberg: die Ortsvorsteher jeder Gemeinde, 
in Badenn,: die Amtsgerichte, in Bremen: 
der Amtsanwalt bei dem Amtsgericht, in Elsaß- 
Lothringen: die Gerichtsschreibereien der 
Landgerichte (preuß. IM##l 1913, 277). 
  
 
	        
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