Strafregister
551
heit gemäß beantworten, vgl. VE z. einem
RStGB gs 1, 8F7—89; GE s 81, 95—98. Die
Strafrechtspflege braucht daher zuverlässigere Er-
forschungsmittel. Ein solches sind die St., entweder
zentralisiert für ein ganzes Land oder dezentrali-
siert für die einzelnen Amtsbezirke. Die Zentrali-
sierung ist nur für kleine Länder durchführbar.
Nach der Art der Registrierung unterscheidet
man: das Protokollierungsverfah-
ren und die Schachtel- oder Karten-
ordnung. Bei dem nur vereinzelt üblichen
Protokollierungsverfahren (Dänemark, Luxem-
burg, Teile der Schweiz) werden die Strafnach-
richten in die das St. bildenden Protokolle (Bücher,
Repertorien) eingeschrieben, zu deren leichteren
Benutzung alphabetische Register dienen. Ein-
facher und handlicher ist das Kartensystem, casiers
judiciaires, formularmäßige und durch alphabe=
tische Aufbewahrung leicht zu ermittelnde Nach-
richten über Bestrafungen der zu einem Amts-
bezirke in gewissen Beziehungen stehenden Per-
sonen. Frankreich hat diese Einrichtung auf Vor-
schlag des Pariser Appellationsgerichtsrates Bon-
neville de Marsangy (de la localisation au greffe
de TParrondissement natal des renseignements
judiciaires Cconcernant chaque condamné) 1850
zuerst eingeführt 1). Italien und Portugal über-
nahmen die Einrichtung. Für Deutschland wurde
sie durch Hamm (Die Einführung einheitlicher
St., 1876) empfohlen und durch Verordnung des
BR (S BRV) v. 16. 6. 82 (RBBl 309 ff) am
1. 10. 82 eingeführt; Novellen v. 9. 7. 96 (RBBl
426)0 und v. 17. 4. 13 (RZ3Bl 495). Der inter-
nationale statistische Kongreß in Budapest (1876)
hat „den casier als Grundlage der Rückfalls= wie
der internationalen Kriminalstatistik überhaupt
empfohlen“.
Die zu Anfang aufgeworfene Frage der Rechts-
verbindlichkeit der BR (Gamm 8:zur Einführung
der St. bedürfe es eines Gesetzes) kann heute auf
sich beruhen. Die BRV enthält keine neuen
Rechtssätze, sondern Verw Vorschriften zur Aus-
führung der Straf= und der Strafprozeßgesetze
für den Dienst von Behörden, ohne irgend in die
Rechte der Personen einzugreifen, gründet sich
also auf a 7: RV. Die BR V bedurfte zwar hin-
sichtlich der Einsetzung der Registerbehörden einer
vermittelnden Tätigkeit der Landesregierungen,
wendet sich aber als verpflichtendes Reichsrecht
direkt an die von den Landesregierungen einge-
setzten Behörden. Diese haben weitere BR
über das Registerwesen unmittelbar zu befolgen.
Daneben bleibt es den Landesregierungen un-
benommen, in die von ihren Behörden zu führen-
den St. auch andere als die von dem B#vorge-
schriebenen Nachweisungen, die den Zwecken der
Strafrechtspflege oder der Polizei dienen, auf-
nehmen zu lassen (BRV F4). Den Landesregie-
rungen blieben auch die zur Ausführung erforder-
lichen Bestimmungen vorbehalten; vgl. preuß.
Ausf. Vfg v. 7. 7. 13 (JWVBl 267). Der RK ist
1) Ueber die Anfänge val. Gustav Le Poittevin,
Du konctionnement du casier judiclaire dans les rapp #mts
sinternationauKr, im Journal du droft Intern. privé 28
(1901) S 709; überhaupt desselben Verfassers Traité théo-
rique et pratique des casiers judiclaires' 1901 (mit Ma-
terialien); serner Pierre Jouvenet, Etude sur le casier
judlelalre (Paris 1000). D. O.
ermächtigt zu den Ausführungsbestimmungen für
das bei dem Reichsjustizamte zu führende Zentral-
register (BRV F 19).
Die zur Ausführung berufenen Behörden sind
fast ausschließlich Justizbehörden. Das St. ist
aber auch für die Polizei von Bedeutung, weil
ähnliche Einrichtungen vielfach bei den Pol Behör-
den bestehen; auf solche findet die BRW#keine
Anwendung, vgl. für Preußen: v. Annstedt
PolRecht 1905, 1, S 514. 528. 593; 2, 58 (Straf-
listen) und die A#f v. 29. 4. 07, JIMBl 359 ff,
betreffend die von den Beamten der Staatsan-
waltschaft usw. zu machenden Mitteilungen. Ueber
die bei größeren Pol Behörden bestehenden Ver-
brecheralbums und den „Erkennungsdienst“ nach
Bertillon des Näheren Kriminalpolizei. Bei
einigen preuß. Justizgefängnissen sind zur Unter-
stützung der Pol Behörden die Einrichtungen für
die Messung von Gefangenen getroffen (Klein,
Verwaltung und Strafvollzug in den preuß.
Justizgefängnissen, 1910, 61).
#2. Registerbehörden. Es handelt sich darum,
die Zuständigkeit zur Registerführung durch eine
einfache, sichere Tatsache zu bestimmen. Der
Aufenthaltsort, auf den es in Preußen früher
ankam, ist teils zu veränderlich, teils zu unsicher.
Nur der Geburtsort bleibt unveränderlich. In
Uebereinstimmung mit dem französischen Rechte
schreibt #1 BRV vor, daß einer Behörde (Register-
behörde) des Geburtsortes der verurteilten Per-
sonen Mitteilung von den Verurteilungen zu
machen ist und daß die Registerbehörde diese Mit-
teilungen in alphabetischer Reihenfolge aufbe-
wahrt (BRV F§F 7, 14). Bezüglich der im Reiche
verurteilten Personen, deren Geburtsort außer-
halb des Reichsgebiets belegen oder nicht zu er-
mitteln ist, wurde das Reichsjustizamt als Register-
behörde bestimmt. Ermittlungen bei Orts= und
Pol Behörden, Pfarr= und Standesämtern müssen
aber zuvor tatsächlich angestellt sein. Die Natio-
nalität der Verurteilten ist für die Aufnahme in
die Register und für die Bestimmung der Register-
behörde ohne Einfluß. Bestehen Zweifel über den
Geburtsort, so sind die Nachrichten sowohl der
Registerbehörde des vermeintlichen Geburtsortes,
als auch der Behörde des gewöhnlichen oder des
letzten Aufenthaltsortes des Verurteilten zuzu-
senden (BR# 7# 9). Andere Ortsbeziehungen,
Heimat, Wohnsitz, Unterstützungswohnsitz usw.
dürfen von den Landesregierungen nicht für die
Registerführung als maßgebend aufgestellt werden.
Die Bestimmung der Behörden, welche die Re-
gister zu führen haben, ist den Landesregierungen
überlassen. — Die Nachweisung im R3Bl 1882, S
447 enthält eine Zusammenstellung dieser
Behörden.
Meist sind es die Staatsanwaltschaften bei den
Landgerichten; für die Bezirke der Landge-
richte 1, II und III in Berlin ist Registerbehörde
die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht 1
(preuß. Ausf. Vfg Nr. 8). Ausnahmen von dieser
Regel: In Bayern: die Amtsanwälte; für den
Bezirk des Amtsgerichts München I die PolDirek-
tion. In Sachsen: die Amtsrichter, in Würt-
temberg: die Ortsvorsteher jeder Gemeinde,
in Badenn,: die Amtsgerichte, in Bremen:
der Amtsanwalt bei dem Amtsgericht, in Elsaß-
Lothringen: die Gerichtsschreibereien der
Landgerichte (preuß. IM##l 1913, 277).