Strafregister
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vor dem Publikum besteht bezüglich der Register
in Elsaß-Lothringen t(wie in Frank-
reich). Durch a 6 des Zusatz BVt v. 11. 12. 71
zum Frankfurter Frieden wurde Frankreich die
Zusage gegeben, daß nicht bloß die französischen
Gerichts= und VerwBehörden, sondern auch Pri-
vatpersonen das Recht haben sollen, sich Auszüge
aus den Strafverzeichnissen ausfolgen zu lassen
(Marchand S 112—113, Nr. 11). In Sachsen
darf Privatpersonen, aber nur wenn sie ein recht-
liches Interesse nachweisen und nur auf Ent-
schließung des Richters, Auskunft erteilt werden
(* 706 Zus. 8 Abs 2 Gesch O f. d. K. S. Justiz-
behörden). Müller (S 45) beanstandet diese Ein-
richtung als unzulässig gegenüber der Bundes-
ratsverordnung.
Inwieweit auswärtigen Behörden
kostenfrei oder gegen eine Gebühr Auskunft zu
geben ist, bleibt vorbehaltlich besonderer Ab-
machungen zwischen dem Reiche und der aus-
wärtigen Regierung der Bestimmung der Lan-
desregierung bezw. des RK überlassen (BRV
5 18). Das Ersuchen um Auskunft soll von den
inländischen Behörden durch Uebersendung eines
Formulars (C) erbeten werden, das auf der ersten
Seite den Vordruck für das Ersuchungsschreiben,
auf der zweiten den Vordruck für das Antwort-
schreiben und auf der dritten den Vordruck für den
Auszug aus dem St. enthält. Auf der oberen
Hälfte der dritten Seite befindet sich das von der
ersuchenden Behörde auszufüllende Schema für
die Personalien der in Frage stehenden Person.
Das Schema auf der unteren Hälfte und die
vierte Seite sind für die Antwort im Falle Vor-
handenseins eines Strafvermerks bestimmt (BRV
#§s 17 und die Formulare). Wegen vereinfachter
Auskünfte betreffend die massenhaft vorkommen-
den Verurteilungen nach # 361 Nr. 1—8 und
362 RStGB vgl. BRV fl17 a sowie allgemein
die preuß. Vfg v. 30. 9. 08 — I1 4747t0. — Er-
gibt sich, daß eine Person an dem bezeichneten
Orte des Registerbezirkes nicht geboren ist, worüber
die Registerbehörde sich tunlichst Gewißheit zu
verschaffen hat, so ist das Ersuchen mit einer ent-
sprechenden kurzen Bemerkung zurückzusenden.
Wenn telegraphische Antwort erbeten wurde, ist
dennoch schriftliche Antwort nachzusenden. Das
gleiche gilt im Falle telephonischer Antwort. —
Strafauszüge und Negativatteste werden in Preu-
ßen von dem Registerführer angefertigt und unter-
schrieben. Der Erste Staatsanwalt hat auf ihre
vorschriftsmäßige Form zu achten und hin und
wieder die Richtigkeit des Inhalts zu prüfen;
preuß. A Nr. 27.
510. Ermittlung steckbrieflich Verfolgter und
Enuchvermerle. Nach BRV 5 18 a können die
Strafregister zur Ermittlung steckbrieflich Ver-
folgter benutzt werden. Die verfolgende Behörde
öt unter Verwendung des Formulars D der
egisterbehörde von dem Erlasse des Steckbriefs
Nachricht. Führt der Verfolgte befugter= oder
unbefugterweise mehrere Familiennamen, so wer-
den auf die einzelnen Namen besondere Steck-
briefnachrichten ausgefertigt; jede dieser Nach-
richten hat einen Hinweis auf die anderen zu ent-
halten (vgl. oben § 2). Erledigt sich der
Steckbrief durch Ergreifung des Verfolgten oder
auf andere Weise, so ist dies der Registerbehörde
mitzuteilen. Der Registerführer hat sofort nach
dem Eingang einer Steckbriefnachricht zu prüfen,
ob Strafnachrichten über den Verfolgten vorhan-
den sind. Ergibt sich, daß mit Rücksicht auf den
Geburtsort des Verfolgten eine andere Register-
behörde zuständig ist, so hat er die Steckbrief-
nachricht an diese abzugeben und der verfol-
genden Behörde hiervon Mitteilung zu machen.
Ist nach dem Inhalt des St. anzunehmen, daß
der Verfolgte sich in Haft befindet oder ist sein
Aufenthalt sonst bekannt, so hat der Register-
beamte die Steckbriefnachricht mit der entspre-
chenden Auskunft der verfolgenden Behörde wie-
der zu übersenden. Ist der Aufenthalt des Ver-
folgten nicht bekannt, liegt aber aus der letzten
Zeit eine Strafnachricht oder ein Ersuchen um
Auskunft über den Verfolgten seitens einer ande-
ren Behörde vor, so hat der Beamte hierüber der
verfolgenden Behörde unter Zurückbehaltung der
Steckbriefnachricht besondere Mitteilung zu machen.
Nach Maßgabe der beiden letzten Sätze ist auch
zu verfahren, wenn später der Aufenthalt
des Verfolgten bekannt wird oder von
einer anderen Behörde eine Strafnachricht oder
ein Ersuchen um Auskunftserteilung eingeht.
Liegen hinsichtlich einer Person Steckbriefnach--
richten von verschiedenen Behörden vor, so ist
jeder dieser Behörden von den Nachrichten der
anderen Behörden Mitteilung zu machen. So-
lange der Aufenthalt des Verfolgten nicht be-
kannt ist, wird die Steckbriefnachricht im St. auf-
bewahrt. — Sie wird vernichtet, wenn eine Mit-
teilung über die Erledigung des Steckbriefs ein-
geht oder wenn seit der Niederlegung 3 Jahre
verflossen sind. Im übrigen vgl. preuß. A#
Nr. 32. Die Aussonderung der Steckbrief-
nachrichten erfolgt, sobald die Erledigung des
Steckbriefs dem Registerführer bekannt wird; die
seit länger als 3 Jahren niedergelegten Steckbrief-
nachrichten sind bei Gelegenheit der Einsicht des
Registers und der Durchsicht der Fächer (Nr. 20)
auszusondern. — In der BRV wird nur von
steckorieflich Verfolgten und Nachrichten von dem
Erlasse des Steckbriefs gesprochen. Allgemein
aber hat sich auch die Niederlegung einer Nach-
richt D als „Suchvermerk"“ betreffend steckbrieflich
nicht verfolgte Personen bei dem St. eingebürgert.
Diese Praxis ist in Preußen zugelassen durch AV
Nr. 32, jedoch nur in wichtigeren Fällen, um
das St. nicht zu überlasten.
## 11. Registerbeziehnngen zum Ausland.
Nach §20 Abs 2 BR bleiben die Vorschriften
unberührt, wonach einzelnen ausländischen Re-
gierungen die Verurteilungen ihrer Staatsange-
hörigen vertragsmäßig in bestimmter Form mit-
zuteilen sind. Für Preußen AuV V Nr. 33.
In dieser Beziehung kommt vor allem a 6 der
Zusatzkonvention zu dem am 10. 5. 71 zu Frank-
furt a. M. abgeschlossenen Friedensvertrage zwi-
schen Deutschland und Frankreich v. 11. 12.
71 (Röl 1872, 11 f) in Betracht. Vgl. oben 89.
Die gegenseitige Mitteilungspflicht über Verur-
teilungen von Angehörigen des anderen Landes
ist auch verabredet zwischen dem Deutschen Reiche
und folgenden Ländern durch Vertrag mit: Bel-
gien: v. 24. 12. 74, a 16 (NRGl 1875, 86 ff)
Brasilien: v. 17. 9. 77, a 17 (Rl 1878,
305); Bulgarien: v. 24. 6. 13 (Rel
468); Griechenland: v. 12. 3. 07, a 19
(Röl 543); Italien: v. 31. 10. 71, a 15