Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Tabaksteuer (Geschichte) 
ersetzt worden. Der Boden war mit Rücksicht auf die Ertrag- 
fählgkeit in 4 Klassen dergestalt eingeteilt, daß sämtliche 
Grundstücke eines Kreises je in eine und dieselbe Steuerklasse 
verwiesen wurden. Bezweckt wurde eine Besteuerung des 
Zentners T mit 20 Sgr. Mit dieser Kabinettsordre wurde 
die immerhin leistungsfähigere Gewicht St durch die leistungs- 
unfähigste St Form ersetzt. Sie leitete eine für Deutschland 
maßgebend gewordene rückläusige Entwicklung in der steuer- 
lichen Ausbeutung eines der besten aller St Objekte ein, die 
ein halbes Jahrhundert angedauert hat. 
Der preußischen TBesteuerung hatten sich seit der Bil- 
dung des Zollvereins allmählich die nord- und mitteldeut- 
schen Staaten angeschlossen. Es handelte sich jedoch (anders 
als bei der Branntweinbesteuerung) nur um eine Gleichheit 
der Gesetzgebung in den einzelnen Staaten, nicht um eine 
durchgreifende auch finanzielle Gemeinschaft. Diese wurde 
zuerst im Norddeutschen Bunde zur Durchführung gebracht. 
In Süddeutschland war die inländische TErzeugung einer 
Besteuerung nicht unterworfen. Die im Zoll B v. 8. 7. 67 
vorgesehene Erstreckung der TSt Gemeinschaft auf das Ge- 
samtgebiet des Zollvereins verwirklichte sich durch das mit 
dem Zollparlament vereinbarte, im Norddeutschen Bund 
am 26. 5. 68 vollzogene Gesetz. Einen Wendepunkt in der 
rückläufigen Bewegung der Ausnutzung des T als Stbjekt 
stellt dieses Gesetz nicht dar; seine Bedeutung liegt lediglich 
in der Verallgemeinerung des preußischen Systems der 
Flächen St bei gleichzeitiger Bereinfachung unter Annahme 
des bisherigen höchsten Klassensteuersatzes als allgemeinen 
St Satz sowie in ver StFreiheit für die mit T bebauten 
Bodenflächen unter 6 Quadratruten. 
II. Ein erster Versuch ausgiebigerer steuerlicher 
Ausnutzung des TVerbrauchs im Deutschen Reich 
(einer Vorlage im Jahre 1878 hat der RT nicht 
zugestimmt) gelang nach eingehender Beratung 
der TSt Frage durch eine auf Grund eines R v. 
26. 6. 78 berufene Enquetekommission mit dem 
Gv. 16. 7. 79. Durch dieses Gesetz ist unter Er- 
öhung der Steuer= und Zollsätze in der Haupt- 
ache (d. h. neben beschränkter Beibehaltung der 
Flächen St) das Gewichtsteuersystem 
(Gewicht St und Gewichtzoll) durchgeführt, das 
als die Grundlage der deutschen TBesteuerung 
mit geringen Aenderungen heute noch besteht 
und das in den letzten Jahren nur durch nach 
anderen Erhebungssystemen gestaltete Zusatzab- 
gaben (Zt, Wertzollzuschlag) eine Erweiterung 
erfabren hat. 
III. Daß die Regelung von 1879 weder bezüg- 
lich der Form der St noch bezüglich des Maßes 
der Ausnutzung dieser St Quelle eine auf die Dauer 
befriedigende Lösung des Töt Problems sein 
konnte, wurde sehr bald erkannt. 
Diese Erkenntnis hat bereits im Jahr 1882 zu dem VBer- 
suche geführt, zu einem Reichstabakmonopol zu 
LFelangen. Das Monopol war als Vollmonopol (Monopoli--= 
sierung des Rohtabakankaufs sowie der Herstellung und des 
VBerkaufs der TFabrikate) gedacht. Der Gesetzentwurf 
(RIT Drucks. 1882/83 Nr. 7), der auf einen Reinertrag von 
163,5 Mill. Mk. im Jahr berechnet war, begegnete jedoch im 
Reichstage so heftigem Widerstand und so bestimmter Ab- 
Lehnung, daß man in der Folge auf diesen Plan nicht mehr 
zurückgekommen ist. In den Jahren 1893/94 und 1891/95 
wurde zum Zwecke der Gewinnung eines Mehrertrags 
vom T die Einführung einer Fabrikatsteuer in der 
Form der Fakturenwertsteuer (prozentuale Be- 
steuerung auf Grund der in den Fakturen der Fabrikanten 
in Rechnung gestellten Verkaufspreise der Fabrikate) ins 
Auge gefaßt. Der erste der beiden dem Reichstage vorge- 
degten Gesetzentwürfe (RT. Drucks. 1893/94 Nr. 53) war 
  
561 
bei einer St von 33 v. H. des Fabrikpreises für Zigarren 
und 8, 50 v. H. für Kau= und SchnupfT und 66 7# v. H. 
für Rauch T unter gleichzeitiger Ermäßigung des Roh T Zolls 
auf 40 Mk. und Aufhebung der Inland St auf einen Mehr- 
ertrag von 45 Mill. Mk., der zweite (RT. Drucks. 1894/95 
Nr. 116) bei einer St von 25 v. H. des Fabrikpreises für 
Zigarren und 8 und 40 v. H. für Rauch-, Schnupf= und 
Kaus mit den gleichen Aenderungen wie im ersten Entwurf 
bezüglich Roh T Zoll und Inland St auf einen solchen von 
32 Mill. Mk. berechnet. Beibde Bersuche blieben ohne 
Erfolg. 
IV. Anläßlich der Finanzreform von 1905 
wurde wieder ein Angriff auf den T unternom- 
men. Die Reg Vorlage (RT Drucks. 1905/06 
Nr. 10) enthielt zwei Gesetzentwürfe, die bestimmt 
waren, einen Teil der erforderlichen Mittel aus 
dem TVerbrauche zu gewinnen. Der eine, die 
allgemeine TBesteuerung betreffende, Entwurf 
(Anl. 2 der Vorlage) nahm im Hinblick auf die 
Erfahrungen der Jahre 1882 und 1893/95 von 
einer Systemänderung völlig Abstand und be- 
schränkte sich auf einen weiteren Ausbau des 
bestehenden Gewichtsteuersystems, 
indem er die Härten dieser St Form im Sinne 
einer besseren Anpassung der St an die Leistungs- 
fähigkeit der Verbraucher dadurch etwas zu mildern 
suchte, daß er für den zur Herstellung der in der 
Hauptsache dem Verbrauche der minderbemittel- 
ten Klassen dienenden und auch sonst schonungs- 
bedürftigeren Erzeugnisse, Rauch-, Kau= und 
Schnupf T, bestimmten ausländischen T eine Er- 
mäßigung des auf 125 Mk. bemessenen Roh Tgolls 
um 12 v. H. (auf 110 Mk.) vorsah. Daneben war 
eine entsprechende Erhöhung des Zolls für TEr- 
zeugnisse und eine Erhöhung der St für inländi- 
schen T mit Ausnahme der Grumpen von 45 auf 
62 Mk. in Aussicht genommen. Der Mehrertrag 
war auf 28 Mill. Mk. berechnet. In dem zweiten 
Gesetzentwurf (Anl. 3 der Vorlage) wurde außer- 
dem eine Sonderbesteuerung der 
Zigaretten (unten § 8), deren gewaltige Ver- 
brauchszunahme ihre größere Belastungsfähigkeit 
hatte erkennen lassen, in der Form der Besteue- 
rung des ZPPapiers mittels Stempelung mit einem 
berechneten Ertrage von 12 Mill. Mk. vorgeschla- 
gen. Der RIX lehnte jedoch die Erhöhung der 
Roh-TAbgaben wiederum ab, stimmte dagegen 
der Einführung einer Sonderbesteuerung der 3 
mit dem von der Reg Vorlage erstrebten Ertrage 
zu, entschied sich dabei aber an Stelle des von den 
verb. Regierungen vorgeschlagenen St Systems, 
gegen das seitens der Industrie ernstliche Beden- 
ken geltend gemacht wurden, für das im Lauf der 
Beratungen von den Vertretern der verb. Re- 
gierungen empfohlene Banderolensystem (vgl. 
auch Kommissionsbericht — Drucks. 1905/06 
Nr. 358). Von dieser St, die am 1. 7. 06 in Kraft 
trat, wurden getroffen: 3Z, zigarettenähnliche Er- 
zeugnisse, ZTabak (Feinschnitt) und 8 Papier (588). 
V. Die Finanzreform von 1907/09 bot schon 
bald wieder einen Anlaß, den bisher mißlungenen 
Versuch, den T seiner Besteuerungsfähigkeit ent- 
sprechend der Reichskasse dienstbar zu machen, 
erneut mit aller Energie aufzunehmen. Die verb. 
Regierungen entschieden sich diesmal, angeregt 
durch die günstigen Erfolge der ZSt, für den Vor- 
schlag einer Fabrikatwertsteuer nach 
dem Banderolensystem mit einer auf 77 Millionen 
Mark berechneten Reineinnahme, neben der die 
v. Stengel--Fleischmann, Wörterbuch. 2. Aufl. III. 36
	        
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