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Patronat (katholische Kirche)
die Autonomie in ihren eigenen Angelegenheiten
garantiert ist, so sind damit, wie auch die Gerichts-
und Verw Praxis angenommen hat, nicht ohne
weiteres jene früheren staatsgesetzlichen Vor-
schriften aufsgehoben worden; denn, da nach den
letzteren mit dem P. vielfach Berechtigungen auf
Verwaltung des Kirchenvermögens und Pflichten
zur Aufbringung von Leistungen verbunden sind, so
handelt es sich dabei zugleich um Verhältnisse, die
den Staat und nicht allein die Kirche berühren, und
das trifft ferner auch deshalb zu, weil der Staat
den P. unter den Schutz seiner Zivilgerichte gestellt
hat. Eine etwaige Aufhebung dieses so gestalteten
P. würde daher nicht allein und einseitig durch die
Kirche erfolgen können. Falls sie aber in beider-
seitigem Einverständnis geschehen wäre, könnte der
Staat da, wo er den Kirchen die Autonomie ge-
währt hat, es ihnen nicht verwehren, den P., so-
weit er sich lediglich in innerhalb der kirchlichen
Sphäre liegenden Berechtigungen (z. B. der
Präsentation des anzustellenden Geistlichen, in
kirchlichen Ehrenrechten und in Pflichten, deren
Erfüllung lediglich durch Einwirkung auf das Ge-
wissensgebiet erreicht werden soll) äußert, aufrecht
zu erhalten.
Schon Schleiermacher und Stein hatten gleichzeitig die
Beseitigung des P. angeregt (1808). Von dem-
selben Gesichtspunkte aus, daß der P. für die Entwicklung
einer freien kirchlichen Gemeindeverfassung ein Hindernis
bildet, hatte die preuß. Vll von 1348 die Aufhebung des
P. angeordnet, die jenzt geltende v. 31. 1. 50 a 17 hat diese
Vorschriften aber beseitigt und bestimmt nur: „Ueber das
Kirchen P. und die Bedingungen, unter welchen dasselbe
aufgehoben werden kann, wird ein besonderes Gesetz er-
geben.“ Es sind in Preußen zwar mehrfach vorbereitende
Schritte zur Ausführung dieses VerfArtikels unternommen
worden, aber zu weiteren Maßnahmen ist es nicht gekommen.
Ebensowenig ist in anderen deutschen Staaten Beseitigung
des P. erfolgt. Es ist dies erklärlich genug; denn selbst wenn
man die prinzipielle Frage, ob die Beseitigung dieses alther-
gebrachten Rechtes gerechtsertigt erscheint, bejaht, so bietet
praktisch die Aufhebung die größten Schwierigkeiten, denn
einmal erscheint es kaum möglich, ein rationelles Ablösungs-
prinzip für die Beseitigung der meistens nicht in Geld anzu-
schlagenden patronatischen Besugnisse und der an sich geld-
werten, aber in ihrer Höhe schwer abschätzbaren P. Pflichten
zu ermitteln, und ferner würde für viele Gemeinden die
Beschaffung derjenigen Bedürfnisse, welche jetzt durch die
den Patronen obliegende Baulast gedeckt sind, vie größten
Schwierigkeiten haben.
I. Der patronat in der Ratholischen Kirche.
& 2. Geltung des katholischen Kirchenrechts.
Die Normen des katholischen Kirchenrechts über
den P. kommen, abgesehen von einzelnen Modifi-
kationen durch staatliche Spezialgesetze, heute zur
Anwendung in den nicht landrechtlichen
Gebieten Preußens, so in Hanno-
ver, Kurhessen, Nassau, im ehemaligen
Herzoglum Westfalen und den früher kur-
sächsischen Teilen der Provinz Sachsen, im
Eichsfelde und in Hohenzollern, fer-
ner in Bayern, Württemberg und im
Großherzogtum Hessen.
& 3. Arten des Patronats. Man unterscheidet:
1. den din glichen und pversönlichen
P. (ius patr. reale und personale), je nachdem er
in der Art mit einem Immobile verbunden ist, daß
bührt.
" gleichzeitig die sowohl den geistlichen wie auch den weltlichen
sich durch das Eigentum desselben zugleich der
P. Berechtigte bestimmt, oder je nachdem er einer
physischen oder juristischen Person als solcher zu-
steht, wobei er indessen der Regel nach nicht auf
die Person des ersten Erwerbers beschränkt ist.
Während nach katholischem Kirchenrechte die Ver-
mutung für den persönlichen P. spricht, ist in
Deutschland, was sich mit Rücksicht auf die histo-
rische Entwicklung des P. aus dem Eigentum am
Grundstück und der auf demselben errichteten Kirche
erklärt, das Umgekehrte der Fall, und das ALR
II 11 # 579 stellt sogar eine Präsumtion für die
Dinglichkeit des P. auf.
2. Geistlicher, Laien- und gemischter P.
(ius patr. ecclesiasticum s. clericale, laicale, mixtum).
Geistlich ist er, wenn er einer geistlichen Korporation
(einem Kapitel, Kloster) oder einer geistlichen Person kraft
ihrer geistlichen Stellung (z. B. als Pfarrer) zukommt, gleich-
viel ob die Kirchenstiftung aus kirchlichen oder weltlichen
Mitteln herrührt; Laien patronat, falls er einem Laien
oder einer geistlichen Person (dieser indessen aus einem von
ihrer kirchlichen Stellung unabhängigen Grunde, z. B. kraft
Vererbung oder kraft Stiftung aus Privatvermögen) ge-
Ein gemischter P. endlich liegt vor, wenn
P. begründenden Momente zutreffen, z. B. einer gemein-
schaftlichen Stiftung seitens eines Laien aus seinem Privat-,
und seitens einer geistlichen Korporation (Kloster) aus ihrem
kirchlichen Vermögen. Rechtlich wird der gemischte P. nach
den Grundsätzen des geistlichen oder weltlichen behandelt, je
nachdem dies dem Patrone am vorteilhaftesten ist (5 5 Z 1).
Diese Einteilung schließt die zu 1) erwähnte nicht aus, d. h.
es kann der dingliche und auch der persönliche P. ein geistli-
cher, Laien= und gemischter P. sein. — 3. Kommt der P.
mehreren Berechtigten gemeinsam zu (z. B. 1 4 Z 1),
so spricht man im Gegensatze zu dem Alleinpatronate
von Kompatronat (ius compatronatus), auf wel-
chen ebenfalls die zu 1 und 2 gedachten Einteilungen
Anwendung finden. Da derselbe P. bald in den Hän-
den eines einzelnen oder mehrerer Personen sich befin-
den kann, so ändert er jeweils seine Natur als Allein-
oder Kompatronat. Der P. ist nicht (wie vielfach an-
genommen wird: Lippert. Schulte, Schlaver) ein unteil-
bares Recht, vielmehr sind in ihm verschiedenartige Befug-
nissc enthalten, die, wie das Präsentationsrecht unteilbar,
wie das Recht auf Alimente, auf etwa vorbehaltene geld-
werte Leistungen aus dem Stiftungsvermögen teilbar sind.
Wohl aber ist der Kom Patr., soweit nicht besondere Rechts-
normen über ihn vorhanden sind, als ein unteilbares Recht
zu behandeln, d. h. die Kompatrone haben die im P. ent-
haltenen Befugnisse in solidum auszuüben, und zwar der
Art, daß sie die betressenden Handlungen nach außen gemein-
sam vornehmen, um den Kom Patr. zu vertreten, daß aber
diejenigen, die ihr Konkurrenzrecht nicht ausüben wollen
oder konnen, ausscheiden, während die Handlung der übri-
aen genügt und in Vertretung des ganzen Komn Patr. ge-
schieht. gl. noch § 5 3 1.
4. Der persönliche P. ist im Zweifel ein erb-
licher P., ius patr. hereditarium, d. h. er ver-
erbt sich nach den Regeln der zivilrechtlichen
(testamentarischen und Intestat-Erbfolge. Der
Stifter kann indessen auch den P. auf seine Familie
als sog. Familien P. oder auf bestimmte
Glieder, Jz. B. die Agnaten (ius patr. ag-
naticium) beschränken.
5. Der Ausdruck: landesherrlicher P.
wird bald für einen P., den der Landesherr für
seine Person, bald für einen solchen, den der Staat
oder der Fiskus besitzt (richtiger: Staats-- oder