598
Thüringische Staaten (A. Die sächsischen Staaten)
II. Die Mittelbehörden sind in allen
Staaten beseitigt. Ueber die Behörden der
Lokalverwaltung pdygl. die Abschnitte
über innere, Kirchen-, Schul= und Finanzver-
waltung.
Die Rechtsverhältnisse der Zivilstaats-
diener sind in Weimar durch das G v. 8. 3. 50
mit Nachträgen v. 4. 2. 44 und 27. 2. 72, in Mei-
ningen durch das Gv. 11. 3. 98, in Altenburg
durch das G v. 8. 10. 61 mit Ergänzungen v.
17. 12. 64, 14. 3. 66, 31. 8. 67 und 22. 3. 79,
in Koburg-Gotha durch das G v. 3. 5. 52 nebst
verschiedenen Nachträgen geordnet.
8 6. Die Gemeinden. Die Rechtsverhältnisse
der Ortsgemeinden regelt in Weimar die Gem-O
v. 17. 4. 95, in Meiningen die Gem O v. 16. 3. 96
mit Nachtrag v. 27. 1. 08, in Altenburg die Dorf-
Gemp v. 13. 6. 76 und die StO v. 10. 6. 97,
in Koburg und Gotha die GemO v. 22. 2. 67
bezw. 11. 6. 58, nebst Abänderungen. In Weimar,
Meiningen und Gotha bezieht sich die Gemeinde-
ordnung auf sämtliche Gemeinden; in Koburg be-
trifft sie nur die Landgemeinden, während jede
der vier Städte hier eine besondere Stadtordnung
at.
I. Die Organe der Gemeinden
à) im Herzogtum Gotha:
1. Der Gemeindevorstand, der in den Städten
(Stadtrat) aus dem Bürgermeister mit Sena-
toren, in den Dörfern aus dem Schultheißen
mit Beigeordneten besteht. Die Zahl der Sena-
toren und Beigeordneten wird durch Ortsstatut
bestimmt; ihre Wahl erfolgt wie die der Bürger-
meister in 3 von den 7 Städten durch die Stadt-
verordnetenversammlung, in den übrigen Städten
sowie in den Landgemeinden durch die Gemeinde-
versammlung. Der Stadtrat ist Kollegialbehörde,
während der Schultheiß als Einzelbeamter mit
den Beigeordneten als Gehilfen fungiert.
2. Der Gemeindeausschuß (in den Städten
Stadtverordnetenversammlung). Die Zahl der
Mitglieder ist von der Größe der Gemeinde ab-
bängig; sie beträgt in Gemeinden bis 500 Ein-
wohner vier, bis 1000 Einwohner 6 und steigt
dann für je 2000 Einwohner um zwei Mitglieder.
In der Hauptstadt Gotha beträgt ihre Zahl 24.
Sie werden auf 4 Jahre gewählt; Zurücklegung
des 30. Lebensjahres ist Voraussetzung der Wähl-
barkeit. 11...4.
3. Die Gemeindeversammlung. Das Stimm-
recht in ihr entspricht genau der Wahlberechtigung
zum Landtage. Der Wähler muß 25 Jahre alt,
unbescholten und „selbständig“ sein, er muß eine
direkte Staatssteuer gezahlt haben, mit der er
nicht länger als ein Jahr im Rückstande sein darf.
Dem Csemeindevorstand steht die Ortspo-
lizei zu; er ist in den Städten mit weitergehen-
den Befugnissen ausgestattet als in den Land-
gemeinden.
Die Aufsicht über die Gemeindeverwaltung
wird von den Lokalbehörden der allgemeinen
Landesverwaltung geübt; doch ist cin Teil der
Städte unmittelbar dem Min, Abteilung des
Inneren, unterstellt. Das Staats Min hat das
Recht, Gemeindeausschüsse aufzulösen, einzelnen
Gemeindevorständen die Verwaltung der Orts-
polizei zu entziehen und sie anderen Personen zu
übertragen, auch selbst eine provisorische Verwal-
tung der Gemeindeangelegenheiten einzusetzen.
b) In den übrigen Ländern ist die Or-
ganisation der Ortsgemeinden unter wechselnder
ezeichnung der Organe: Stadtrat, Magistrat,
Bürgermeisteramt; Stadtverordnetenkollegium,
Stadtgemeinderat, Bürgervorstand; Schultheiß,
Gemeindevorsteher; Gemeindeausschuß, Gemein-
derat im wesentlichen dieselbe. In Weimart) wer-
den der Bürgermeister und die übrigen Mitglieder
des Stadtrats auch in den größeren Städten un-
mittelbar durch die Gemeindeversammlung ge-
wählt. Die Gemeindevorstände haben überall das
Recht der Ortspolizei. — Die Aufsicht
über die Landgemeinden steht durchweg den staatli-
chen Lokalverwaltungsbehörden zu. Die Ausfsicht
über die städtischen Gemeindeverwaltungen wird in
Weimar ebenfalls von den unteren Verw Behör-
den (Bezirksvorstand, Bezirksausschuß), in Alten-
burg, Meiningen (bei 7 von 17 Städten) und
in Koburg dagegen unmittelbar von den Mini-
sterialabteilungen des Inneren geübt.
II. Kammunalverbände höherer
Ordnung bestehen nur in Meiningen
in Gestalt der durch das Gv. 15. 4. 68 neu geord-
neten Kreisgemeinden. Es bestehen vier Kreisver-
bände entsprechend den vier Bezirken der Landes-
verwaltung. Zu ihnen tritt noch als Kommunal-
verband die Kreisabteilung Camburg. Sie sind mit
Korporationsrechten ausgestattet und haben die
Befugnis, Kreisabgaben zu erheben. Ihre Zustänu-
digkeit erstreckt sich auf die Fürsorge für das Ar-
menwesen, ferner auf Straßenbausachen und auf
Förderung der Landwirtschaft, der Gewerbe und
des Handels. Sie sind vertreten durch Kreisaus-
schüsse, die aus dem Landrate des Kreises als
Vorsitzendem und gewählten Mitgliedern be-
stehen. Die Kreisausschüsse haben auch in einigen
Angelegenheiten der allgemeinen Landesverwal-
tung teils beratend, teils beschließend mitzuwirken
und die Wahlen zu den Kreisverwaltungsgerichten
(+ 7 III) vorzunehmen.
III. Einzelne Verwaltungszweige.
# 7. Die innere Verwaltung.
I. Oberste Behörde ist durchweg das Min, Ab-
teilung des Innern. Die unteren Behörden der
Inneren Verwaltung sind Bezirksdirektoren und
Bezirksausschüsse in Weimar, Landräte in Mei-
ningen, Altenburg und Koburg-Gotha. In Alten-
burg und Koburg-Gotha bilden zum Teil auch die
Städte besondere Bezirke der allgemeinden Lan-
desverwaltung.
Sachsen -Weimar zerfällt in die
fünf Verwaltungsbezirke Weimar,
Avpolda, Eisenach, Dermbach und Neustadt a. d.
Orla. An der Spitze eines jeden Bezirks steht ein
Bezirksdirektor, dem die gesamte Pol-
Tätigkeit im weiteren Sinne mit Einschluß des
Wege-, Wasser= und Uferbauwesens obliegt. Ihm
zur Seite stehen Bezirksausschüsse, die
schon durch das G über die Organisation der
Staatsbehörden v. 5. 5. 50 eingerichtet sind und
auf drei Jahre in der Zusammensetzung gewählt
werden, die das G v. 17. 4. 96 bestimmt. Den
Bezirksausschüssen liegt die Aufsicht über die
Landgemeinden ob. Sie wirken mit bei Erlaub-
1) Eine neue Regelung der Gemeindeordnung (Städte
und Landgemeinden) steht — Ende 1913 — bevor. (D. 5.)