Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Umsatzsteuer 
82. Form nud Inhalt. Besitzabgaben (U.) von 
Immobilien werden gegenwärtig wohl in allen 
deutschen Staaten erhoben, zum Teil allerdings 
nicht unter dieser Sonderform oder diesem Namen. 
Besondere Gesetze, die von U., Besteue- 
rung des Grundstücksverkehrs usw. handeln, 
haben Württemberg (G v. 28. 8. 99 und 18. 
7. 02), Baden (G v. 6. 5. 99), Hamburg (G v. 
1. 3. 88), Bremen (G v. 19. 6. 04), Lübeck (B v. 
5. 6. 126 5. 02), Sachsen-Koburg-Gotha (Go. 
1. 3. 77). 
In einer Reihe von Staaten wird der Im- 
mobiliarwechsel im Rahmen der allgemei- 
nen Stempelgesetzgebung l(unter beson- 
deren Nummern des Stempeltarifs) getroffen. 
Dahin gehören Preußen, Sachsen, Hessen, Meck- 
lenburg= Schwerin, Oldenburg, Braunschweig, 
Sachsen-Altenburg, Anhalt, Schaumburg-Lippe 
und Elsaß-Lothringen. IJ Stempelsteuer!. 
In Bayern und den übrigen Bundesstaaten 
werden bei derartigen Umsätzen Gerichts ge- 
bühren (erichtskosten) oder Verwaltungs- 
gebühren erhoben. Trotzdem handelt es sich 
auch hier ganz oder teilweise um eine steuer- 
liche Abgabe in Gebührenform, was aus der 
Höhe des über den Rahmen des Entgelts für die 
staatliche Dienstleistung (beim Auflassungsakt) hin- 
ausgehenden Gebührensatzes geschlossen werden 
muß. In einigen Staaten kommt eine Kumu- 
lation von Besteuerungsformen vor, z. B. wird 
in Sachsen, Mecklenburg, Schwerin und Sachsen- 
Altenburg neben der Stempelabgabe eine Ge- 
bühr erhoben. 
Während hiernach die Form der Besteuerung 
bei Immobiliarbesitzwechsel heute noch eine recht 
verschiedene in den verschiedenen steuerberechtigten. 
Staaten ist, haben sich durch die neuere Gesetz- 
gebung inhaltlich gewisse einheitliche Grundsätze 
der Besteuerung herausgebildet, die in fast allen 
Besteuerungsgesetzen mit größeren oder geringeren 
Abänderungen wiederkehren. 
So bleibt der Besitzwechsel im Wege des Erb- 
gangs und der Schenkungen von Todes wegen, 
namentlich seitdem die Erbschaftssteuer (NI reichs- 
gesetzlich geregelt ist, fast überall von der 
Besitzabgabe befreit. (Ausnahmen in Bayern, 
wo die Steuer formell als „Gebühr“ erhoben 
wird. In Mecklenburg-Strelitz und Sachsen- 
Meiningen und einigen anderen kleineren Staa- 
ten, wo ebenfalls nur eine Gebührenerhebung 
[Gerichtskosten) stattfindet, werden ermäßigte 
Sätze für direkte Ankömmlinge und Ehegatten 
berechnet.) Auch die sonstigen Steuerbefreiungen 
sind wenigstens im großen und ganzen überein- 
stimmend geregelt. 
3. Obiektive Stenerpflicht. Der Steuer unter- 
liegt der Besitzwechsel von Grund- 
stücken und diesen gleichgestellten Berechtigungen 
in der Regel, wenn er durch entgeltliches Rechts- 
geschäft, also durch Kauf und Tausch, öfters aber 
auch, wenn er durch obrigkeitlichen Akt, wie 
Zwangsversteigerung und Zwangsenteignung ver- 
mittelt wird. In einzelnen Staaten bleibt die 
Zwangsenteignung ganz (Hamburg) oder doch 
unter gewissen Voraussetzungen steuerfrei. Die 
Steuerpflicht betrifft nur inländische Grund- 
stücke (Ausnahme in Bayern). 
Von der Steuer befreit bleiben ferner in der 
Regel der Besitzwechsel, soweit er im öffentlichen 
  
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Interesse erfolgt, also namentlich der Besitzwechsel 
im Interesse der Feldbereinigung, Umlegung, zu 
Be= und Entwässerungszwecken, aus Anlaß der 
Auflösung von Realgemeindeverhältnissen usw. 
4. Subiektive Steuerpflicht. Steuerpflichtig 
ist in der Regel der Erwerber des Grundstücks. 
Manchmal aber auch Erwerber und Veräußerer 
zugleich (Lübeck). Oefters sind beide je mit der 
Hälfte (Hamburg, Bremen) steuerpflichtig. 
Miteigentümer bleiben bei Auseinandersetzun- 
gen bis zum Betrage ihres Anteils an den gemein- 
schaftlichen Grundstücken frei von der Steuer. 
Auch pflegt, wenn ein Grundstück, das einer Ge- 
sellschaft gehörte, einem Mitgliede zu Sonder- 
eigentum überlassen wird, derjenige Wertsanteil, 
welcher der Beteiligung des erwerbenden 
Gesellschafters entspricht, steuerfrei zu bleiben. 
Persönliche Steuerbefreiungen sind in 
der Regel vorgesehen für das Staatsoberhaupt 
(stellenweise für die ganze regierende Familie 
lSachsen, Reuß ä. L., Schwarzburg-Sondershau- 
sen, Braunschweig, Lippe-Schaumburg]) — nur 
Sachsen-Altenburg und Weimar und ebenso Reuß 
j. L. und Schwarzburg-Rudolstadt ziehen auch den 
Landesherrn heran — für Staat und Reich, — 
bei Gegenseitigkeit meist auch Oberhaupt und 
Fiskus anderer Bundesstaaten —; Kirchen, Schu- 
len, milde Stiftungen; gemeinnützige Baugesell- 
schaften, Gesellschaften, die der inneren Koloni- 
sation (XI, Ansiedlung [VI dienen u. a. m. 
Um sicherzustellen, daß im Falle der Steuer- 
freiheit des einen der Vertragschließenden die 
Steuer nicht im Wege der Erhöhung des Kauf- 
preises abgewälzt wird, ist in Preußen vorge- 
schrieben, daß wenn der eine Kontrahent steuerfrei 
ist, die Steuer nur in halber Höhe erhoben wird. 
Unter gewissen Umständen (Nichterfüllung usw.) 
ist eine Rückerstattung der Steuer zulässig. 
Um Steuerumgehungen zu verhindern, welche 
durch Gründung von Terraingesellschaften ver- 
sucht werden, wird meist auch die Einbringung von 
Grundstücken in derartige Gesellschaften, sowie die 
Ueberlassung der Rechte am Gesellschaftsvermögen 
seitens eines Gesellschafters an die Gesellschaft, 
einen anderen Gesellschafter oder einen Dritten, 
und endlich die Abfindung eines Gesellschafters 
bei Auflösung der Gesellschaft besteuert. 
Wo bei dem Grundstückserwerb Verpflichtungs- 
akt (obligatorisches) und Erfüllungsakt (dingliches 
Rechtsgeschäft, z. B. Auflassung) getrennt sind, 
wird die Steuer stets nur einmal von dem Steuer- 
pflichtigen erhoben. 
#5. Wert und Wertsermittlung. Stenersatz. 
Die Steuer wird überall nach dem Werte des 
steuerpflichtigen Objekts bemessen. Dabei wird als 
Wert regelmäßig mindestens der Kaufpreis, und 
wenn dieser etwa zu niedrig angegeben wird oder 
nicht festzustellen ist, der gemeine Wert zugrunde 
gelegt, der u. U. durch amtliche Schätzung zu er- 
mitteln ist. Bei Zwangsversteigerung tritt an 
Stelle des Kaufpreises das Meistgebot, bei Ent- 
eignungen die Entschädigungssumme. Bei Tausch 
wird entweder der Wert beider umgetauschten 
Grundstücke oder nur der des teueren Grundstücks 
zugrunde gelegt. Stets werden die übernomme- 
nen Leistungen und vorbehaltenen Nutzungen mit 
in Anschlag gebracht. Immerwährende oder un- 
bestimmte Zeit dauernde Nutzungen und Leistun- 
gen, Leibrenten werden entsprechend kapitalisiert. 
 
	        
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